
Seit der Wirtschaftsdienst Bloomberg gemeldet hat, dass Arri seine Optionen inklusive Verkauf prüft, brodelt die Gerüchteküche. Das Unternehmen wurde 1917 von August Arnold und Robert Richter gegründet. Schon früh präsentierte das Unternehmen die erste Spiegelreflex-Filmkamera der Welt. Arnold & Richter oder kurz Arri ist für die Filmbranche ein Monument Deutscher Filmgeschichte und für Viele aus der Branche ist es nur schwer vorstellbar, dass dieses Unternehmen möglicherweise verkauft werden soll.
Arri hat Niederlassungen in 16 Ländern, darunter auch einen in Burbank, Kalifornien – in unmittelbarer Nähe der Hollywood-Studios. Mit Kameras und Lichtequipment des Müncher Traditionsunternehmens wurden und werden überall auf der Welt Kinofilme gedreht. In den 70er 80er Jahren war es vor allem Bob Arnold, der die Marke Arri effektvoll und manchmal auch exzentrisch repräsentierte. Das konnte auch schon mal einen Setbesuch bei Spielfilmdreharbeiten per Hubschrauber und in Begleitung seines Hundes beinhalten. Doch das ist lange schon vorbei.
Filmindustrie
Sicherlich waren die letzten Jahre für Hersteller von Filmtechnik nicht nur rosig, immerhin ist das Filmgeräte-Verleihgeschäft, früher ein wichtiger Teil von Arris Geschäft, während und nach der Pandemie sehr zurückgegangen. Auch der lange Streik der Schauspieler und Drehbuchautoren im Jahr 2023, ließ die Nachfrage nach Arris Kameras, Objektiven und Scheinwerfern sinken. Das ist aber ein generelles Phänomen, was die gesamte Filmindustrie trifft. Andere Geräteverleiher sprechen von Umsatzrückgängen von 40 % gegenüber dem Vorjahr. Die Ausgaben für Film- und Fernsehproduktionen sind im zweiten Quartal 2025 gegenüber dem Vorjahr um 16 % gesunken.
Leider hat sich Arri wie schon einmal in den 80er und 90 er Jahren bei den analogen Filmkameras auf vorhandenem ausgeruht und nur den hochpreisigen Markt bedient. In diesen Preiskategorien wurde der Kundenkreis die letzten Jahre immer kleiner, es war unklug, die Preise nicht am Markt zu orientieren oder zumindest auch ein Mid-Level Angebot zu herzustellen. Anwender hatten immer wieder vergeblich Arris mit kleinerem Sensor und dafür preiswerter eingefordert. Dies hätte möglicherweise einen breiteren Markt erschlossen. Sony fährt ja mit dieser parallelen High-End und Semi-Pro Strategie recht gut.
Auch der Kamerahersteller RED war in Schwierigkeiten geraten und wurde letztlich von Nikon übernommen. Zudem wurde die Konkurrenz aus Japan und China immer besser und selbst traditionelle Kunden von Arri, wie der Bayerische Rundfunk, die Bavaria und viele Geräteverleiher haben ihr Equipment nicht mehr automatisch mit Arri-Produkten erneuert.
Nun wissen Insider seit Jahrzehnten, dass die Firma nicht mehr zu gleichen Teilen Erben der Gründer gehört, sondern inzwischen zu 100% den Erben von Robert Richter. Arri ist im Besitz der Familie Stahl, die Familie erwarb 2012 die restlichen 50 % der Anteile von den Erben von August Arnold.
In den vergangenen Jahren gab es immer offenbar wiederholt leise Anzeichen, dass die Firma Probleme hat, so gab es wohl Kurzarbeit 2023 und auch Entlassungen bereits im Jahr 2024. Auch auf den Filmgeräte-Fachmessen etwa der früheren Cinec oder der CineExpo wurden die Stände von Arri in den vergangenen Jahren merklich kleiner. Früher quasi das Zentrum einer solchen Fachmesse, muss man den Arri Stand inzwischen regelrecht suchen. Nun haben das Management von Arri und die Eigentümer Berater eingeschaltet um über einen teilweisen oder volständigen Verkauf des traditionsreichen Unternehmens abzuwägen. Angeblich sei offen, ob man in der bestehenden Unternehmensstruktur umstrukturiert und die Effizienz erhöhen will oder ob ein Verkauf des Unternehmens ansteht.
Scheinwerfersparte
Bereits im Sommer 2025 hatte Arri den 70 Jahre alten Standort für die Herstellung von Filmscheinwerfern in Stephanskirchen sowie das Logistikzentrum in Brannenburg geschlossen. 150 Mitarbeiter*Innen wurden von der Nachricht überrascht, ob und wie viele von ihnen nach München übernommen wurden oder ihren Job verloren, ist unklar.
Im Lichtbereich hat Arri mit seiner LED Sparte den Skypanels oder Orbitern zwar die richtigen Wege eingeschlagen, blieb aber viel zu hochpreisig, dass die Konkurrenz aus China, die immer weiter aufholte, leichtes Spiel hatte, den Lichtmarkt zu erobern.
Dass die Scheinwerfer von Arri besonders langlebig sind, hatte sicherlich nicht dazu beigetragen, dass Firmen sich häufiger mit neuen Scheinwerfern eindecken mussten. Ob es zur Sanierung des Unternehmens reicht, den Lichtbereich aufzugeben, ist fraglich.
Variablen
Arri selbst spricht lediglich davon, sich in einer Transformationsphase zu befinden und möchte sich weiter nicht dazu äußern. Doch wenn Betriebswirte das Wort Transformationsphase verwenden, heißt das selten etwas Gutes.
Arri hat die Beratungsfirma AlixPartners beauftragt, zu prüfen, ob es möglich ist seine Geschäftsabläufe zu rationalisieren oder ob ein Verkauf herbeigeführt werden soll. Es gibt nur noch wenige unabhängige Kamerahersteller in der Welt, ein Verkauf von Arri würde für Filmemacher und die gesamte Filmbranche einem Erdbeben gleichkommen.
Vermutlich wägt man unterschiedliche Transaktionsmöglichkeiten ab, wie die den Verkauf einer Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung. Vielleicht wird Arri auch einen der anderen großen Kamerahersteller ins Boot holen, man spekuliert über Firmen wie Canon oder Sony. Rein strategisch wäre so eine Akquise für Canon sinnvoller als für Sony, weil Canon im High-End Kinobereich trotz vieler Versuche bisher praktisch keine Rolle spielt.
Seltsam auch dass die Politik da keine Hilfsangebote unterbreitet,- die windigsten Banken werden bei Notfällen gerettet, doch so ein Aushängeschild der weltweiten Filmindustrie wie Arri droht schlimmstenfalls für die Patente und den Markennamen nach China verkauft zu werden, ohne dass da Jemand auch nur mit den Wimpern zuckt.
Vieles ist möglich, doch die goldenen Zeiten in denen Arri der Fels in der Brandung war, sind offenbar vorüber. Noch vermischen sich Gerüchte mit vagen Mitteilungen. Bleibt zu hoffen, dass Arri überzeugende Wege aus der Krise findet.

