EB-Profikameras / Schulterkameras
Für viele, die über lange Zeit früher mit handlichen High-8-, Mini-DV- oder S-VHS-Kameras, später dann mit HDV oder DSLRs gedreht haben, kam eines Tages der Moment, in dem sie erstmals Profi-Equipment in die Hand nahmen - sei es, weil erstmals ein Auftraggeber Aufnahmen in höchster Qualität verlangte, weil bei dem Interview mit einem VIP die Minikamera einfach zu lächerlich ausgesehen hätte, oder einfach weil man den Sprung ins Profilager vorbereiten wollte.
Welche Kenntnisse aus dem semi-professionellen Bereich kann man übernehmen, wo liegen die Unterschiede, was sollte man wissen? Damit Sie nicht ganz unvorbereitet Ihre erste Begegnung mit einer großen EB-Kamera haben, hier ein paar Grundinformationen, die sich auf die meisten HD-Video-Kamerasysteme übertragen lassen.
Erste Unterschiede
Wenn Sie die Kamera in die Hand nehmen, bemerken Sie sogleich zwei der signifikantesten Unterschiede: das Gewicht und die Größe. Profikameras sind deutlich voluminöser und schwerer. Prinzipiell als Schulterkamera für den aktuellen Bereich ausgelegt, haben sie eine abgerundete Vertiefung mit Schulterpolster, welches sich zum besseren Ausbalancieren des Schwerpunktes der Kamera geringfügig verschieben lässt. Will man die Kamera auf ein Stativ schrauben, ist meist ein Stativadapter notwendig, eine Art Bodenplatte, welche die Schultermulde durch eine glatte Platte mit Stativgewinde abdeckt.
Apropos Stativ: Die relativ leichten Amateurstative sind für solche Kameras absolut ungeeignet. Hier sollte schon etwas Robustes her, ein Profistativ mit 100er Schale (die Schalengröße bestimmt auch die Größe des möglichen Schwenkkopfs).
Objektive
Das Objektiv lässt sich bei Profikameras so gut wie immer wechseln. Damit kann man bereits beim Kauf zwischen verschiedenen Zoomobjektiven auswählen. Diese sind mit Motorzoom und Stellmotoren für Blende und Schärfe ausgestattet, haben seitlich eine Bedieneinheit mit Wippschaltern für Zoom, Regler für die Zoomgeschwindigkeit, Schaltern für manuelle oder automatische Blendenwahl sowie Auslöser und eine so genannte Ret.-Taste. Damit man diese Funktionen auch bequem vom Stativ-Schwenkhebel aus betätigen kann, gibt es eine Buchse, an die sich eine Fernsteuerungs-Einheit anschließen lässt.
Sucher
Der Sucher allein ist rein mechanisch häufig größer als so manche DV-Kamera. Doch verglichen mit den praktischen ausklappbaren Displays der DV-Winzlinge ist die Bildfläche im Sucher einer Profikamera recht bescheiden. Die meisten Kameras arbeiten noch immer mit kleinen Okularsuchern mit Dioptrieneinstellung (für Brillenträger), doch auch hier haben sich die praktischen externen Displays als Zubehör durchgesetzt. In den Sucher können unterschiedliche Informationen eingeblendet werden. Während die Kamera eingeschaltet ist und Sie das Bild einrichten oder aufnehmen, kann das Bild auch auf einem externen Monitor der per Funk oder Kabel mit dem Kameraausgang verbunden ist, betrachtet werden.
Wiedergabe
Ältere Profi-Camcorder waren oft nicht in der Lage, nach Drehschluss Ihre Aufnahmen zur Kontrolle nochmals auf einen externen Monitor abzuspielen. Zum Abspielen der Aufnahme war früher ein Wiedergabe-Adapter erforderlich. Als kleine Zusatzgabe boten diese Adapter einen Kopfhörerausgang und einen kleinen Tonmischer um ggf. die Tonkanäle zusammenzumischen.
Das ist zum Glück Geschichte, aktuelle Camcorder können selbstverständlich ein perfektes Playback-Bild ohne jegliches Zubehör generieren.
Mikrofon
Am Sucher oder auch am Kamerakopf ist meistens standardmäßig ein Mikrofon angeflanscht; da ähneln sich die Amateur- und Profikameras sowohl in Technik als auch Mikrofonqualität. Den besseren Ton erzielt man in beiden Fällen mit externen Kondensator-Mikrofonen an der Angel oder hochwertigen Ansteckmikros, welche man bei der Profikamera per XLR-Stecker anschließen und aus der Kamera gleich mit 48V-Phantomspeisung versorgen kann. Aber den Ton sollte man unbedingt trotzdem aufnehmen, allein schon als Sicherheitsspur und auch als Kontrolle für die Synchronität mit dem Ton externer Recorder.
Akkus
Womit wir bei der Stromversorgung wären. Zum Glück liefern aktuelle Akkutypen mit Lithium-Ionen ausreichend Energie für Externe Dreheinsätze. Je nach Kameratyp werden die Akkus entgweder als V-Mount oder Gold-Mount auf der Kamerarückseite angeflanscht oder bei älteren Kameras in ein auf der Rückseite befindliches Akkufach mit den Kontakten nach unten eingelegt. Der Akku hält natürlich länger, wenn Sie die Kamera immer wieder ausschalten.
Timecode
Der Grund dafür hängt mit der Notwendigkeit zusammen, für den späteren Videoschnitt einen durchgängigen Timecode zur Verfügung zu haben.
Deshalb stellt man die Kamera meistens so ein, dass sie bei jeder neuen Aufnahme den Timecode der vorherigen Aufnahme fortschreibt (R-Run). Wird aber die Kamera ausgeschaltet, so setzt die Kamera bei neuerlichen Einschalten und der nächsten Aufnahme den Timecode nicht einfach fort.
Sie kann ihn sich zwar per Tastendruck (Rec Review) wieder holen, indem sie ein wenig in die vorherige Aufnahme zurückspult, dort auf Wiedergabe schaltet und den Timecode ausliest. Oft hat man aber bei aktueller Berichterstattung nicht die Zeit zu warten, bis die Kamera sich den alten Timecode-Wert geholt hat, weshalb viele Kameraleute die Kamera durchgehend anlassen.
Die Grundeinstellung der Timecode-Uhr verändert man bei älteren EB-Kameras bei jedem Speicherkartenwechsel, um auf diese Weise Verwechslungen beim Videoschnitt auszuschließen. Die erste Speicherkarte hat dann in der Stunden-Spalte etwa eine 1, die zweite Speicherkarte eine 2 usw. Neuere EB Kameras erlauben es, die einzelnen Speicherkarten auch mit eigenen Metadaten zu versehen, die dann eine klare Unterscheidung möglich machen.