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Wenn man mal so durch die Filmgeschichte wandert, ist es erstaunlich, über welche Haltungen man da stolpert. Allen voran der Klassiker "Vom Winde verweht", eigentlich unfassbar wie sexistisch und rassistsich dieser Film ist. Der Amerikanische Streaming-Kanal HBO Max hatte den Film vorübergehend aus dem Angebot genommen, nachdem in Zusammenhang mit den Unruhen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd gefordert wurde, den Film nicht mehr zu zeigen.

Nun ist der Film wieder verfügbar, allerdings mit einem fünfminütigen Vorpann, in welchem die afroamerikanische Filmwissenschaftlerin Jacqueline Stewart eine historische Einordnung vornimmt. Demnach hat es nämlich bereits parallel zu den Drehvorbereitungen Proteste gegeben gegen das Projekt und der Produzent Selznick hatte zugesagt, die Themen Rassismus und Sklaverei möglichst sensibel zu erzählen.

Aus unserer heutigen Sicht mangelt es dem Film an vielen Sensibilitäten, doch das liegt nicht nur an dem Film, sondern vor allem an den zur Entstehungszeit geltenden gesellschaftlichen und kulturellen Gegebenheiten.  Doch um Rassismus auf der Leinwand zu erspüren, muss man gar nicht unbedingt in die Vergangenheit schauen. Wenn man einmal im amerikanischen Kino und Fernsehen nachzählt, wie häufig Verbrecher von "People of Colour" verkörpert werden, so liegt der Anteil bei über 60 %. Verglichen mit den tatsächlichen Polizeistatistiken, ist das das Doppelte des tatsächlichen Anteils an Straftaten in den USA. Auch die Gegenprobe zeigt kein objektiveres Bild,- wie häufig sind Anwälte, Piloten oder Ärzte im Kino dunkelhäutig?

 

Fehlsichtiges Kino

Die Zahl der Filme, die ein anderes Gesellschaftsbild erzählen, als das, was wir heute kennen, ist riesig. Wir dürfen auch nicht so ignorant sein, zu glauben, dass heute selbstverständliche Haltungen, immer schon gegeben gewesen seien. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Frauen hierzulande nicht wählen durften oder ihre Ehemänner oder Eltern einwilligen mussten, wenn Frauen einem Beruf nachgehen wollten.

Eine große Zahl an Filmen aus den 40er, 50er und 60er Jahren war von dieser seltsamen Ungleichbehandlung von Frauen und Männern geprägt. Darunter sind Klassiker wie Alfred Hitchcoks "Marnie", Howard Hawks "Geächtet" (1951), Stanley Kubricks "Lolita".(1962) oder George Cukors "Die Frauen" (1982).

Typische Rollenverteilung: Die Männer sind stets die Aktiven, die Macher, die Entscheider, während die Frauen passiv sind, von den Männern versteckt oder offen sexuell begehrt werden und vielleicht sogar als Schmuck der Männer dienen. Man denke nur an einige der 007 James Bond-Filme und die Haltung des britischen Superagenten. Gleichstellung im Kino? In vielen Klassikern Fehlanzeige.

Natürlich ist es nicht immer so einfach, eindeutige Kriterien zu finden, ob ein Film sexistisch ist. Sicher spielt es eine Rolle, ob Frauen überhaupt in einer Hauptrolle in einem Film vorkommen und auch, welche Interessen sie verfolgen. Geht es nur um Ehe und Kinder aufziehen, dann ist das Frauenbild zumindest sehr reduziert.

 

Sichtbarkeit

Ein interessantes Kriterium ist auch die Art der Leinwand,- oder Bildschirmpräsenz. Analysiert man den Schnitt, so bekommen Frauen in Filmen oft weniger "Screentime" – und weniger Redezeit. Die Analyse von Filmen auf dieses Verhältnis hin, offenbart, dass Männer in den allermeisten Spielfilmen gut doppelt so viel Screentime bekommen wie Frauen. Selbst in Filmen, die eine weibliche Hauptrolle haben, bekommen die Männerfiguren zumindest die gleiche Screentime. Filme, in denen Frauen eine Hauptrolle spielen, sind übrigens überraschenderweise oft erfolgreicher. Wenn denn Frauen in Filmen und Serien vorkommen, dann sind sie zumeist unter 30, betrachtet man das Verhältnis von Männern und Frauen ab 50 Jahren, so geht die Schere zugunsten der Männer immer weiter auseinander.

Einzige Ausnahme sind Telenovelas und Daily Soaps, hier ist die Screentime von Frauen und Männern ausgeglichen. Völlig ungeklärt ist die Frage, wie repräsentiert das "Divers" genannte dritte Geschlecht oder etwa Intersexualität in den Medien ist.

 

Ursachen

Die Frage nach dem Warum hat sicherlich mit den Strukturen in der Film,- und Medienindustrie zu tun. In den Führungspositionen der großen Produktionsfirmen waren und sind mehrheitlich weiße Männer vertreten. Der Anteil an Frauen unter den Filmproduzenten liegt weltweit bei unter 10 Prozent. Der Anteil an "People of Colour" ist noch niedriger. ProduzentInnen sind aber die wichtigsten Entscheider, welche Geschichten wie erzählt werden. Wenn deren Verteilung so völlig anders ist als die Lebenswirklichkeit der Zuschauer, muss man sich nicht wundern, wenn die Filme da ähnlich unausgewogen hergestellt werden. Die alljährlichen Oscar-Nominierungen und Preisträger reflektieren dieses Ungleichgewicht seit vielen Jahrzehnten.

 

Umgangsformen

Doch wie geht man mit diesen Filmen um? Aussortieren? Das würde einen relevanten Teil der Filmgeschichte treffen, inkluvive zahlreicher Walt-Disney Klassiker wie etwa "Dumbo" (1941), "Susie und Strolch" (1955), "Aristocats" (1970), oder auch "Robin Hood" (1973). Disney ergänzt seine Filme teilweise durch Hinweise, dass diese wie beispielsweise "Dumbo" rassistische Elemente enthalten. Zu falschen Rollenmustern allerdings hält man sich zurück. Was bliebe wohl von Cinderella übrig, wenn ihr einziges Lebensziel aus etwas anderem bestünde, als einen Prinzen zu heiraten?

All diese Filme kann und darf man nicht einfach verbannen, sie sind Teil der Filmgeschichte, so wie auch entsprechendes Fehlverhalten im realen Leben Teil unserer eigenen Gesellschaftsgeschichte war. Auf jeden Fall sollte man sie anders anschauen, sollte gesellschaftlich kulturelle Feinheiten mit einem wachen Auge wahrnehmen und für sich selbst auch die Grenzen ausloten, was man als beleidigend und verletzend empfindet.

In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde So wurde Kater Tom (Tom & Jerry) ursprünglich von der schwarzen Haushälterin Mammy Two-Shoes gehalten, die schreckliche Angst vor Mäusen hatte. In den Sechziger Jahren wurde aus ihr eine ebenso Mäusephobische weiße Hausfrau. Warner Brothers kennzeichnet inzwischen seine 1940er-Serie "Tom and Jerry" mit dem Hinweis, sie enthielten "möglicherweise ethnische und rassistische Vorurteile, die in der amerikanischen Gesellschaft alltäglich waren", welche "falsch waren und auch heute falsch sind".

 

Fazit

Sicher wird man viele Filme nicht mehr so naiv anschauen. Allein das Bewußtsein, dass manche Erzählpositionen und Darstellungen in der Vergangenheit schlichtweg falsch waren, ist ein wichtiger Schritt.  In anderen Ländern, wie etwa in Schweden gibt es sogar so etwas wie ein Gütesiegel im Programmheft der Kinos, wenn ein Film geschlechtergerecht ist. Je offener über diese Dinge diskutiert wird, umso besser kann man nicht nur mit Fehldarstellungen im Film, sondern auch in der Realität umgehen.

 

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