Zu dem geschnittenen Bild werden zahlreiche Tonspuren parallel angelegt, um eine passende Tonebene zu gestalten. Diese Spuren werden aufwändig bearbeitet und dann in der der Endmischung zusammengeführt.
Bei den heute üblichen digitalen Workstations oder digitalen Mehrspurrekordern handelt es sich um Spuren, bei der Bearbeitung am Schneidetisch, die früher üblich war, um einzelne Perfobänder.
Grundsätzlich unterscheiden wir auf der Tonebene mehrere gestalterische Elemente...
O-Ton
Darunter verstehen wir die Dialoge und/oder Töne (siehe Direktton), die das Tonteam am Drehort aufgenommen hat. Es handelt sich dabei um Töne, deren Ursache oder Quelle man im Bild sieht und die synchron zum Bild aufgenommen werden. Die Stimme des Darstellers, Gegenstände die im Bild bewegt werden, Musik, welche von den Straßenmusikern im Hintergrund gespielt wird.
Der Tonmann / die Tonfrau ist bemüht, das Tonsignal etwa die Stimme so sauber und „knackig“ wie möglich aufzuzeichnen, mit möglichst wenig Hintergrundgeräusch und Reflexionen. In der Regel erreicht man das durch ein hochwertiges Kondensator-Mikrofon mit Superniere/Keule-Richtcharakteristik, welches an einer Tonangel aufgehängt über und vor der sprechenden Person gehalten wird. Dabei liegt die Kunst für den Tonangler (Boom Man) darin, so nahe wie möglich an den Mund des Sprechenden zu kommen, ohne dass das Mikrofon oder sein Schatten ins Bild hineinkommt.
Alternativ dazu kann auch ein kleines Ansteckmikrofon, ein Lavalier-Mikro, an dem Brustkorb des Schauspielers befestigt werden. Es wird dann entweder per Kabel oder einen Sender mit dem Aufnahmegerät verbunden. Allerdings verfremdet das Ansteckmikrofon den Charakter der Stimme etwas und muss später in der Mischung durch Filterung an die Charakteristik der anderen beim Angeln verwendeten Mikrofone angeglichen werden.
Der O-Ton ist bei uns die übliche Art, Filmton aufzunehmen. Es gibt jedoch Länder, in denen bis heute so gut wie kein O-Ton aufgenommen wird, bestenfalls ein so genannter Primärton, der spätere Informationen für die Nachvertonung liefert. In Indien oder der Türkei, wo vergleichsweise unglaublich viele Filme produziert werden, ist O-Ton beim Kino ein Fremdwort. Geräusche und Sprache werden nachträglich im Studio aufgenommen.
Sound-Effekte
Bei höherwertigen Produktionen; bei uns wird teilweise oder auch vollständig ebenso verfahren. Denn merkwürdigerweise sind unsere akustischen Vorstellungen von Ereignissen oft ganz anders als die Realität. Der Tonmann kann schwören, dass die zerschlagene Glasscheibe auf dem O-Tonband wirklich so klang. Spätestens am Schneidetisch taucht die Frage auf, ob man da nicht ein wenig nachhelfen könnte.
Ganz besonders deutlich wird die Diskrepanz etwa bei Prügeleien. Die klingen ohne Sound-Effekts wie ein Kindergeburtstag mit Wattepusten. Niemand kann mit seiner bloßen Faust solche ein Geräusch erzeugen, wie es der Zuschaer erwartet. Das künstlich geschaffene Geräusch ist eine Art Übersetzung und auf Emotionalität optimiert.
Dasselbe gilt für Schritte im Schnee. Sie klingen im O-Ton nie so, wie wir es erwarten. So seltsam es sich anhört, aber die Wirklichkeit ist oft akustisch enttäuschend.
Deshalb werden häufig die Originaltöne (O-Ton) zusammen mit verstärkenden, unterstützenden Sound-Effekten (Foley) vom Geräuschemacher versehen, damit die Filmszene „realistischer“ wirkt.
Atmos
Die Atmo erschließt die Atmosphäre einer Örtlichkeit oder Szene oft in einem mehr psychologischen, als in einem informativen Sinne. Die Atmo besteht aus der Summe von Einzelgeräuschen, die an einem Ort vorhanden sind, ohne den durch unsere Filmhandlung oder Dialog hinzutretenden Originalton. Die Atmo bildet den akustischen Hintergrund einer Szene.
Die Atmo kann akustisch die Szene einleiten, kann auch einer bestimmten Örtlichkeit akustische Konstanz verleihen. (In den ersten Einstellungen auf dem Flughafen hören wir die Atmo mit Durchsagen. Die nächste Einstellung in einem weißen Büroraum muss ebenfalls auf dem Flughafen sein, denn wir hören immer noch – nur etwas leiser – die gleiche Atmo.) Im Umkehrschluss kann der harte Atmowechsel auch sofort anzeigen, dass wir nun in einer anderen Situation, einer anderen Szene sind.
Sie wird häufig in der Vertonung hinzugefügt um einen akustischen Raum zu schaffen in den man dann die Geräuscheffekte und die Dialoge einbetten kann. Psychologisch genutzt kann die Atmo ungeheure Emotionen transportieren, die der Zuschauer (bzw. -hörer) unbewußt aufnimmt.
Subjektive Atmos und Ton-Collagen
In Szenen, in denen Menschen unter Drogen, Alkohol stehen oder verwirrt sind und unter starkem Druck stehen, kann eine manipulierte, übersteigerte oder gar der realen Situation entgegenlaufende Atmo diese Situation fühlbarer machen. Der Ton kann zwei Wirkungen haben – die physische (was wir sehen, hören wir auch), und die psychische, die gefühlstragende. Mit dem Ton können wir sehr subtil die Gefühle unserer Filmfiguren unterstreichen.
Durch Stimmen, Rufe, durch Fahrzeuge, Maschinenlärm können innere Befindlichkeiten verstärkt werden. In Endloser Abschied etwa wird die Ausweglosigkeit und Bewegungslosigkeit durch leises, rhythmisches Hämmern in der Ferne und durch wiederholte, vorbeiknatternde Straßenbahnen verstärkt.
Oder wenn man ein bestimmtes, rhythmisches Geräusch etabliert hat, und dieses plötzlich an einer dramatischen Stelle aussetzt, kann ein Moment von Spannung oder Veränderung gesteigert werden. In diesem Sinne verwendet, haben Geräusche eine ähnliche Qualität wie Musik und sollten auch dementsprechend eingesetzt werden. Sie folgen dann nicht der Wirklichkeit, sondern der emotionalen Filmstruktur.
In den Lazarett- und Alptraumszenen in Franta etwa hat der Regisseur in den Toncollagen die entfernten Schreie von Seelöwen verwendet, die wie unwirkliche archetypische Schmerzensschreie in die Atmo eingebettet waren. An manchen Stellen wurde das Geräusch rückwärts und mit halber Geschwindigkeit verwendet.
Kommentar, Erzähler und innerer Monolog
Besonders bei Dokumentarfilmen, aber auch bei Industrie, Unterricht oder in manchen Spielfilmen werden wichtige Informationen, aber auch innere Gedanken durch eine anonyme Stimme, deren Besitzer wir in dem Film nie zu sehen bekommen, vermittelt. Die Stimme kann eine große Autorität vermitteln, ist präsent und herausgelöst aus der alltäglichen Hörerfahrung. (Normal hören wir Stimmen zusammen mit Alltagsgeräuschen, Hall etc.) Der Kommentar kann Filmelemente miteinander verbinden, eine Kontinuität schaffen. Es kann sich aber auch um die Stimme des Hauptdarstellers handeln, dessen Gedankenwelt als innerer Monolog vermittelt werden soll.
In der Regel werden diese Texte aufgenommen, wenn der Film bereits geschnitten ist. Der Sprecher sitzt im Studio und liest, mit oder auch ohne das Bild zu sehen, die Texte. Manchmal ist es sogar vorteilhaft, das Bild nicht zu sehen und sich mehr auf die Betonung und Emotionen konzentrieren zu können. Der Regisseur (oder Cutter) macht Anmerkungen oder Korrekturen.
No Budget: In einem leisen Raum, den man evtl. durch Decken links und rechts vom Sprecher aufgehängt etwas trockener gemacht hat, kann man, wenn das Profimikro nah am Mund ist, ebenfalls gute Ergebnisse erzielen. Eine entsprechende Filterung kann da ebenfalls etwas nachhelfen.
Später schneidet der Cutter die Tonaufnahmen an die passenden Bildstellen, harmonisiert die Pausen und den Rhythmus.
Musik
Ganz gleich, ob sie von im Bild sichtbaren Musikern gespielt, oder als emotionale Tonebene hinzugemischt wird, Filmmusik ist ein ganz wichtiges Element zur Gestaltung von Filmen. Dies wußten auch die Produzenten der Stummfilme, die ihre Produktionen nie wirklich stumm dem Publikum präsentierten.
Die Musik in Filmen kann sowohl aus bereits fertigen Musikaufnahmen stammen oder aber extra dafür komponiert worden sein. Das kann unter Umständen auch teuer werden, gerade erfolgreiche, verlegte Musiktitel lassen sich die Musiklabel oft sehr teuer bezahlen.