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Die Filmgeschichte des Zombiefilms lässt sich bis 1920 zurückverfolgen. In Robert Wienes „Das Kabinett des Dr. Caligari“ ist Cesare – schon dem Namen nach – als Somnambulist ein Prototyp des Zombies. Offiziell Zombie wird der Zombie im Film aber erst 12 Jahre in Victor Halperins „White Zombie“ genannt. Der Film spielt auf einer Zuckerrohr-Farm auf Haiti, auf der ein zwielichtiger Geschäftsmann (gespielt von „Dracula“ Bela Lugosi) durch Vodoo reanimierte Leichen arbeiten lässt. Der Begriff „Zombie“ wie auch der Mythos entstammen dabei der haitischen Mythologie, in der – meistens durch Magie – jemand von den Toten zurückkehrt. Auch „Frankenstein“ (1931) und dessen Literaturvorlage kann als ein westliches Beispiel herangezogen werden. Weitere Zombie-Filme enstanden in den 30ern und 40ern. Während Halperins „White Zombie“ aber noch vor Einführung des Hayes-Codes entstand, unterlagen die Folgefilme strikteren Auflagen.

Das änderte sich ab den 1960ern – und öffnete damit dem Zombiefilm die Tür zur Populärkultur. 1968 drehte der TV-erfahrene George Romero mit Kollegen und etwa 100.000 Dollar Budget einen Genrefilm in einem verlassenen Farmhaus. „Night of the Living Dead“ (1968) machte den Zombiefilm – im wahrsten Sinne – mit über 30 Millionen Dollar Einspiel weltweit über Nacht zum Hit und schuf in vielerlei Hinsicht einen wegweisenden Film. „Night of the Living Dead“ etablierte eigene Genre-Konventionen (etwa, die Untoten als Kannibalen darzustellen), die bis heute untrennbar mit dem Zombiefilm verbunden sind und brach zugleich mit dem Prinzip des „Vodoo-Zombie“, leutete die Ära des Splatter-Horrors ein und war der erste Film mit einem schwarzen Protagonisten (Duane Jones) als Hauptdarsteller in einem Horrorfilm.

Mit einem Mal war Romero quasi der Vater eines der profitabelsten Genres, das seine große Karriere prägen sollte. 1978 folgte mit „Dawn of the Dead“ der zweite Teil, der Kritik wie Publikum begeisterte und mit 66 Millionen Dollar der erfolgreichste Film von Romeros (lose zusammenhängender) Trilogie wurde. In „Dawn of the Dead“ findet eine Gruppe Überlebender Zuflucht in einem Kaufhaus. Der Film vereint dabei klassischen Zombie-Horror auf kurzweilige Weise mit beißender, zeitgenössischer Satire (Der Zombie als willenloser Konsument) und wurde ebenfalls ein stilprägender, wichtiger Einfluss für den weiteren Werdegang des Genres, ohne den wohl auch Videospielreihen wie „Dead Rising“ (2006) nicht in ihrer Form existieren würden. 1985 schloss Romero die Trilogie mit „Day of the Dead“ ab (den man übrigens auf YouTube in sehr guter Auflösung finden kann, wenn man nach "Day of the Dead 4K" sucht). Darin wird die verbleibende menschliche Gesellschaft, die sich unter der zunehmenden Aussichtslosigkeit unter Tage auflöst, endgültig von den Untoten abgelöst. Trotz des Erfolges der beiden Vorgänger erhielt Romero für “Day” ein vergleichsweise geringes Budget von etwas mehr als drei Millionen Dollar, der dadurch kleiner Ausfiel als angedacht und unter schwierigen Bedingungen gedreht wurde. Bei Kritik und an den Kassen wurde der, in seinem Ton düsterere und dramatischere, dritte Teil verhalten aufgenommen – das Publikum hoffte eher auf einen zweiten „Dawn“. Ein weiterer Grund, der zugleich auch für Verwirrung sorgte, für die Performance von „Day“ war zur gleichen Zeit das Erscheinen der von „Alien“-Autor Dan O’Bannon inszenierten Horror-Komödie „Return of the Living Dead“. Dieser hatte trotz des Titels nichts mit Romeros Filmen gemein, aber wurde ebenso wichtig für die Entwicklung des Zombiefilms.

 

„Braaaaaiiiiinnnnsss“

Neben grandiosen Spezialeffekten wie dem „Tarman“, morbidem Humor und Screamqueen Linnea Quigley brachte der Film nämlich einen der wichtigsten Zombie-Tropes in das Genre: Zombies wollen Hirnnahrung – im wahrsten Sinne! „Return“ war an den Kinokassen und bei den Kritikern ein großer Erfolg, der mehrere Fortsetzungen mit sich trug (darunter eine von „Honey, I Shrunk the Kids“-Autor Brian Yuzna), die schnell zu Grabe getragen wurden. „Return“ ist gleichermaßen Horror- wie Komödie und brach – sehr effektiv – mit bis dato geltenden Zombie-Regeln. So konnten die Untoten rennen, Fallen stellen und sprechen.
Mit der Zeit wurde übrigens auch „Day of the Dead“ zu einem Kultfilm, der heute zu Romeros besten Werken gezählt wird. Mit Zack Snyders und James Gunns „Dawn of the Dead“-Remake von 2004 bekam schließlich auch Romero seine Chance in Hollywood und konnte in Form von „Land of the Dead“ (2005), der inmitten der Apokalypse einen klassizistischen Konflikt abbildet, seine ursprüngliche Idee für „Day of the Dead“ endlich umsetzen.

 

Zomb-Italia

Italien produzierte in den 70ern und 80ern wie wohl kein anderes europäisches Land Horrorfilme am laufenden Band. Insbesondere fünf Namen spielen dabei eine bedeutsame Rolle bei dem Aufstieg des „Spaghetti-Zombiehorrors“: Lucio Fulci, Dario Argento, Claudio Fragasso, Bruno Mattei und die Band Goblin. So wäre der genannte Riesen-Erfolg „Dawn of the Dead“ nicht ohne die Gelder, die durch die italienische Koproduktion von Seiten Argentos möglich gewesen. Die Band Goblin steuerte den essenziellen Soundtrack bei. Zudem produzierten die Italiener zahlreiche Low-Budget-Filme für den amerikanischen Kino- und Home-Video-Markt. Diese wurden zumeist entweder mit italienischer Crew und amerikanischen Schauspielern oder nur Italienern gedreht, die sich zur besseren Vermarktung amerikanisch klingende Namen gaben und nachsynchronisiert wurden.


Diese Filme hatten in den meisten Fällen gemein, dass sie eine wirre Handlung, schlechte Dialoge, expliziten Gore, gelungene Spezialeffekte, gute Musik und eben auch eine gewisse unfreiwillige Komik, die nicht zuletzt auch einen gewissen Charme bedingte, in sich vereinten. Vor allen Dingen waren sie aber günstig zu produzieren, auch, weil viele der Filme auf günstige Produktionsbedingungen und Archivmaterial setzten. So ist etwa ein Großteil von Bruno Matteis „Hell of the Living Dead“ (1980) notgedrungen aus einer Doku über Kannibalen auf Papua Neu-Guinea zusammengeschustert – was dem Film bei all seiner ungewollten Komik (Autor: Claudio Fragasso) auch ein gewisses Schaudern und Ekeln verleiht. Ironischerweise fiel der italienische Zombiefilm dieser, immerhin ja auch dem Genre passenden, Kannibalisierung selbst zum Opfer als 2020 Low-Budget-Legende und Full-Moon-Chef Charles Band den Film „Corona-Zombies“ herausbrachte, der überwiegend aus neusynchronisierten Szenen von Lucio Fulcis „Zombi 2“ (1979) besteht. „Zombi 2“ wurde wiederum als eine inoffizielle Fortsetzung von „Dawn of the Dead“ vermarktet, die zwei weitere Fortsetzungen (Matteis „Zombi 3“ (1988) und Fragassos „After Death“ [quasi Zombi 4] (1989)) bedingte.

 

Zombies am Filmset 5000

 

Der laufende Tod lauert in aller Welt

Der Zombie-Hype erfasste auch den fernen Osten und wurde mit eigenen Mythologien vermengt. Daraus entstand, insbesondere in Hong-Kong, der Jiangshi-Horror – basierend auf einer gleichermaßen vampirisch- wie zombie-kodierten Sagengestalt, die bereits in zu den Anfängen der Qing-Dynastie zurückreicht. Auch die boomende japanische Video- und Computerspielindustrie wurde von dieser Welle erfasst und inspiriert. Darunter natürlich Capcoms 1996 an den Start gehendes Franchise „Resident Evil“. Dieses löste selbst einen Zombiehype aus und zog ein eigenes (recht inkohärentes) Filmfranchise mit sich – dessen Erstling ursprünglich George Romero inszenieren sollte, der ja dann mit dem erwähnten „Land“ doch noch seine Chance in Hollywood bekam. In diesem Film in Gastrollen Regisseur Edgar Wright ("Last Night in Soho") und Autor & Schauspieler Simon Pegg. Beide feierten 2004 mit der Komödie „Shaun of the Dead“ ihren fulminanten Durchbruch. Zur etwa gleichen Zeit erschien ein Comic von Robert Kirkman, inspiriert von Romeros und Fulcis Filmen: „The Walking Dead“. Dieser Comic sollte 2010 zu AMC erfolgreichstem Flaggschiff in Form einer Serie werden, die bis heute durch zahlreiche Spin-Offs am Laufen gehalten wird. Weitere erfolgreiche Filme wie „I Am Legend“ (2007, R: Francis Lawrence) und „World War Z“ (2013, R: Marc Forster) sorgten ebenfalls für einen anhaltenden Boom des Genres, dem auch durch Experimente wie der RomCom „Warm Bodies“ (2013, R: Jonathan Levine) oder auch dem wunderbaren japanischen One-Taker von Shinichiro Ueda „One Cut of the Dead“ (2017), der zu einem internationalen Überraschungshit wurde. Ebenso international gefeiert wurde 2016 der südkoreanische Zombie-Horror „Train to Busan“, der eine Zombiepedemie in das klaustrophobische Innere eines Zuges verlegt. Erfolgreiche europäische Zombie-Produktionen kamen in den 2000ern längst nicht mehr aus Italien. In Großbritannien begründete Danny Boyle mit „28 Days Later“ (2002) ein neues Franchise, in Spanien nutzten Jaume Balagueró und Paco Plaza den Found-Footage-Hype um „The Blair Witch Project“ (1998), um mit „REC“ (2007) einen der international bekanntesten und erfolgreichsten spanischen Horrorfilme zu schaffen, während Norwegen die komödiantische Nazi-Zombiereihe „Dead Snow“ (2009; Tommy Wirkola) auf die Zuschauer losließ.

 

Eine unsterbliche Faszination

Der Zombie-Film ist also ein Genre, das gleichermaßen verschiedene Kulturen anspricht. Der Zombie entstammt dabei unterschiedlichen Folklore-Erzählungen und hat sich, sowohl eigenständig als auch kulturell angepasst, als eine ikonische Figur etabliert. Dem langsam trottenden und verrotenden Untoten ist dabei Schauer, Tragik, aber auch eine gewisse Komik inhärent. Er konfrontiert den Menschen im wahrsten Sinne mit dem Tod und dessen abschreckender Ästhetik, er ist ein Synonym für Krankheit und Verderben (so ist der wandelnde Tod bereits ein beliebtes Motiv in der Geschichte der Malerei, um etwa die Pest zu symbolisieren) und er reduziert den Mensch auf seine primitivsten Grundkenntnisse und Grundfunktionen – nicht zuletzt den reinen Instinkt - deren Katalysator die von ihm ausgehende Bedrohung zugleich für die (noch) lebenden Personen darstellt. Überträgt man das auf die vorherigen Filmbeispiele, so ist die Zombie-Bedrohung in „The Walking Dead“ ein Auslöser für das menschliche Drama im Vordergrund. Auch in „Day of the Dead“ bedingt die Aussichtslosigkeit angesichts der Zombie-Bedrohung die sozialen Spannungen und wirft Fragen auf – die auch aus den unterschiedlichen Vorstellungen zwischen Militär und Wissenschaft hervorgehen. Der Mensch wird angesichts des Wahnsinns dem Zombie ähnlicher – er wird instinktiver und der Tribalismus führt zum sozialen Kannibalismus während der Zombie in Gestalt von Bub menschlicher wird. „REC“ lässt sich wiederum als Mediensatire lesen, in der der (durchaus ja auch kannibalistisch anmutende) Sensationalismus des Fernsehens auf die Schippe genommen wird, während „Dawn of the Dead“ den untoten Instinkt auf den Kommerz bezieht. Auch im Alltag hat der Zombie durch Wortneuschöpfungen wie „Smombie“, also Smartphone-abhängige Leute, seinen Platz gefunden. There might be no more room in hell but plenty of space for Zombies.

 

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