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Verschlungene Wege werfen gleich beim ersten Hinschauen die Frage nach dem Wohin auf...

 

Ob Ausweg, Irrweg, Fluchtweg, Heimweg, Hinweg, Rückweg, Reiseweg oder Wanderweg, das Kino liebt Wege aller Art. Kein Wunder, schließlich geht es doch fast immer um eine Heldenreise...

Was bedeuten eigentlich bestimmte Richtungen, Wege die in Filmen eingeschlagen werden? Aus der Analyse von Gemälden und Grafiken kennt man es,- da werden Linien gedeutet, Richtungen analysiert. Da wird darüber nachgedacht, weshalb wohl welche Figur auf dem Bild wohin geht oder schaut, wohin der die Hand, der Arm weshalb deutet, warum die Diagonalen alle auf einen bestimmten Punkt hindeuten, weshalb sie auf,- oder absteigen. So wie wir versuchen, Bilder auch anhand von Richtungen und Wegen zu deuten, so enthalten auch viele Filme Informationen, die unser Unterbewusstsein erreichen und die wir dechiffrieren können.

Schon die Beschaffenheit der Wege, die unsere Protagonisten bewältigen müssen, kann Aussagen über deren Zustand treffen. Sind es unbequeme, steinige oder gar enge oder zugewachsene Wege, so müssen sie mehr Kraft und Willen aufbringen, um ihr Ziel zu erreichen, als wenn es sich um weite, gut befestigte Boulevards handelt. Kennen sie den richtigen Weg oder sind sie auf der Suche und könnten auch auf Irrwege fehlgeleitet sein? Befinden sie sich auf einem Weg um etwas Gutes oder etwas Böses zu tun? Was oder wen lassen sie zurück und was oder wer erwartet sie am Ende des Weges?

Dann spielt natürlich auch die Bildgestaltung eine Rolle. Kommen die Protagonisten auf uns zu, gehen wir vor oder hinter ihnen her oder gehen sie von der Kamera weg? Führt der Weg von links nach rechts (das wird positiv und fortschreitend emfunden) oder umgekehrt (das empfinden wir im westlichen Kulturkreis eher als hemmend, gegenerisch) oder führt er in die Tiefe des Bildes hinein?

Das Wegkreuz etwa stellt unsere Protagonist*Innen vor Entscheidungen. Selbst wenn sie die grobe Richtung kennen, gabelt sich ihr Weg und verlangt nach einer Entscheidung. Die Mittellinie auf Straßen dient ebenfalls als filmische Metapher. Sie deutet einerseits einen Verlauf an, eine zu erwartende Fortsetzung des Weges, trennt aber auch zwei Fahrspuren einer Straße voneinander. Dies kann man sinnbildlich auch übertragen auf zwei Persönlichkeiten innerhalb einer einzigen Figur. Das Balancieren beim Gehen auf dieser Linie oder aber auch die Fahrt mit einem Auto, Motorrad oder Fahrrad auf der Mittellinie erzählen von Ausgeglichenheit. Das Abkommen von dieser Mittellinie bedeutet entsprechend ein Ausweichen oder Abweichen der Filmfiguren von ihrem geplanten Weg.

Wege oder Straßen haben es bis hinein in die Ikonographie des Kinos geschafft. Beispielsweise jener Highway in "North by Nothwest" (Alfred Hitchcock, USA ) an dem der New Yorker Werbefachmann Roger Thornhill, der irrtümlich vpn Spionen gejagt wird, angeblich einen Informanten treffen soll, der seine Unschuld beweisen kann. Weit abgelegen von jeder Zivilisation wartet Thomhill, immer wieder rasen Autos an ihm vorbei. Jemand steigt aus einem Auto, doch der wartet nur auf der anderen Straßenseite auf einen Greyhound Bus. Dann aber kommt ein Flugzeug, welches eigentlich Insektizide über Maisfeldern versprühen soll und er wird aus dem Flugzeug beschossen.

 

Übergänge- Veränderungen- Wege

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Szene mit Flüchtlingsfamilie aus der Literaturverfilmung nach Ernst Weiß, "Franta" (Regie: Mathias Allary, D 1989)

 

Wege symbolisieren das Auf und Ab im Leben von Menschen, es gibt gute und schlechte Wege, man kann in Sackgassen landen, muss umkehren, muss neue Wege suchen. Die Suche nach dem richtigen Weg kann ein ganzes Leben lang andauern.

Wenn Filmfiguren sich bewegen, Wege zurücklegen, von einem Ort zu einem anderen gelangen, so kann dies durchaus auch innere Veränderungen, Bewusstseinserweiterungen, Haltungswechsel, Einsichten oder auch das Ausweichen vor etwas, vielleicht sogar sich selbst symbolisieren. Viele Western-Klassiker erzählen von dem langen, gefährlichen Weg der Siedler in den Westen.

In "Sie küssten und sie schlugen ihn" (Francois Truffaut F 1959) flüchtet der 14 jährig Antoine am Ende des Films aus dem Erziehungsheim, in dass ihn die Mutter gesteckt hat und rennt so lange auf Wegen und Straßen, bis er das Meer erreicht, wo der Film auch endet.

Der junge Heinrich Harrer gelangt in "Sieben Jahre in Tibet" (Regie: Jean-Jacques Annaud, USA 1997) über lange Wanderungen durch die Bergwelt Tibets in die Hauptstadt Lhasa, wo er sieben Jahre bleibt und den jungen Dalai Lama kennenlernt. Die Wege, aber natürlich auch die Begegenung mit den Menschen in Tibet verändern Harrer nachhaltig.

Der Weg durch einen langen Gang, durch ein Treppenhaus oder etwa eine Gasse kann das Eintauchen in einen anderen Bereich erzählen. Dabei ist es von großer Bedeutung, wie dieser Weg sich darstellt. Ist er unübersichtlich, vielleicht sogar dunkel, etwa ein langer, fensterloser Gang, so kann damit das Eintauchen in einen gefährlichen Bereich erzählt werden. Etwas Undurchsichtiges, Unüberschaubares in das sich die Filmfigur hineinbegibt. Je nachdem, ob die Filmfigur selbst weiterhin weitgehend gut ausgeleuchtet ist, oder ob sie mehr und mehr auch in den Schatten eintaucht, erfährt der Zuschauer, ob die Filmfigur dazu im Gegensatz steht oder vielleicht sich sogar dieser dunklen Seite zuwendet.

Führt ein eher begrenzter Gang oder eine Gasse zu etwas hellem, offenen, eine Gasse hinaus in freies Gelände, ein Gang hinaus in ein lichtes Foyer, so wird die Überwindung von Enge und Eingeschlossenheit erzählt. Der Weg über eine Brücke kann das Überwinden eigener Grenzen, Beschränkungen, die Öffnung für etwas Neues, Anderes signalisieren.

 

Road Movies

Wenn die Wege sehr lang sind und im Zentrum eines ganzen Filmes stehen, spricht man auch gerne von einem "Road Movie". Road Movies siedelt man zuallererst mal im (Film-) Autoland Nummer eins, den USA an, doch es gibt sie natürlich in vielen Filmländern. Man denke nur an den grandiosen "La Strada- das Lied der Straße" (Regie: Federico Fellini, It 1956) die Geschichte vom ungehobelten Schausteller Zampanò, der sich als Assistentin die naive Gelsomina von deren mittelloser Mutter kauft und sie mitnimmt auf seine Tournee. Einige Klassiker der Road Movies (Auswahl) sind "Into The Wild" (Regie Sean Penn, USA 2007), "Little Miss Sunshine" (Regie: Jonathan Dayton und Valerie Faris, USA 2006), "Blues Brothers" (Regie: John Landis, USA 1980), "Eine wahre Geschichte - Straight Story" (Regie: David Lynch, USA 1999), "Paris, Texas" (Regie: Wim Wenders, D 1984), "Badlands" (Regie: Terrence Malick, USA 1973), "Broken Flowers" (Regie: Jim Jarmusch, USA 2005), "Wild at Heart" (Regie: David Lynch, USA 1990) und natürlich "Easy Rider" (Regie: Dennis Hopper, USA 1967).

 

Der Weg ist der Film

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Messerscharf und unausweichlich- in solchen Gassen entkommt man seinen Verfolgern nur schwer...

 

Und natürlich deuten die Titel der Filme nicht zwingend darauf hin, dass es lange Touren, lange Wege sind, welche die Filme charakterisieren. So beispielsweise die Produktion "Hin und weg" (Regie: Christian Zübert , D 2014) in dem es um eine Gruppe Freunde geht, die jedes Jahr eine Fahrradtour machen und jedes Jahr darf ein Anderer entscheiden, wohin. Weshalb diesmal Hannes Belgien wählt, offenbart er den Freunden erst unterwegs,- er will wegen einer unheilbaren Krankheit in Belgien Sterbehilfe beantragen.

Oder der wunderbare Film "Wo ist das Haus meines Freundes?" (Regie: Abbas Kiarostami, Iran, 1987) in dem es um zwei achtjährige Jungen, Ahmed und Mohamed geht. Mohamed droht von der Schule zu fliegen, wenn er seine Hausaufgaben noch einmal nicht macht. Als Ahmed bemerkt, dass er versehentlich das Hausaufgabenheft von Mohamed eingesteckt hat, macht er sich auf die Suche nach dem Haus von Mohamed, um ihm das Heft zu bringen. Ein langer spannender Weg beginnt...

 

Filme

"Der Schritt vom Wege" (Regie: Gustav Gründgens, D 1939)

"Gesperrte Wege" (Regie: Ignacio F. Iquino, D, Spanien,1955)

"La Strada- das Lied der Straße" (Regie: Federico Fellini, It 1956)

"Wege zum Ruhm" (Regie: Stanley Kubrick, USA 1957)

"Am Ende aller Wege" (Regie: André Cayatte, F, It. 1962)

"Am Wege" (Regie: Peter Beauvais, D 1975)

"Verfolgte Wege" (Regie: Uwe Janson, D 1990)

"Getrennte Wege" (Regie: Ronit Elkabetz, Shlomi Elkabetz, F, Israel 2004)

"Dein Weg / The Way" (Regie: Emilio Estevez, USA 2010)

"Lion – Der lange Weg nach Hause" (Regie: Garth Davis, USA 2016)

"Der traumhafte Weg" (Regie: Angela Schanelec, D 2016)

"Ein Weg" (Regie: Chris Miera, D 2017)

"WEIT. Die Geschichte von einem Weg um die Welt" (Dokumentarfilm, Regie: Patrick Allgaier, Gwendolin Weisser D 2017)

"„Roads: Zwei auf gleichem Weg" (Regie Sebastian Schipper, D 2019)

"Wege des Lebens" (Regie: Sally Potter, GB, USA, Schweden 2020)

"Harriet – Der Weg in die Freiheit" (Regie: Kasi Lemmons, USA 2020)

"Der Weg zurück / Out of Play" (Regie: Gavin O’Connor, USA 2020)

"Auf dem Weg – Wenn Begegnungen verändern" (Dokumentarfilm, Regie: Timo Götz und Salima Oudefel, D 2021)

"Drive my Car" (Regie: Ryūsuke Hamaguchi, Japan 2021)

"Der Weg des Wassers" (Regie: James Cameron, USA 2022)

"Goodbye, Don Glees! - Wege einer Freundschaft" (Regie: Atsuko Ishizuka Japan 2022)

 

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