Neue Dinge alt aussehen lassen...
Ganz gleich, ob die Location historisch genau irgendwo im vergangenen Jahrhundert liegt oder nur einfach heruntergekommen aussehen soll: Ausstatter, Baubühne und Requisiteure kümmern sich darum, dass der Zuschauer den Drehort auch als realistisch empfindet.
Das historische Wissen, speziell von der Innenarchitektur, bringt ein ausgebildeter Ausstatter bereits mit. Will oder muss (No Budget) man selbst Hand anlegen, sollte man gründlich recherchieren (Bibliotheken/Internet).
Und natürlich gehört die Liebe zum Detail, zu den Gegenständen, Möbeln, kurz Requisiten, ebenfalls zum Pflichtprogramm. Flohmärkte, Internet, aber auch die diversen Requisitenfundi können helfen, den historischen Zeitraum in dem der Film spielt, glaubwürdig werden zu lassen.
Dabei helfen oft genug auch die Dinge, die sich nicht so sehr verändert haben über die Jahre und Jahrhunderte: Landwirtschaftliche Produkte, Obst, Blumen etc.
Welche Tricks, welche Verfahren verwenden die Profis, um zum Beispiel Räume in andere Zeiten zurückzuversetzen?
Nun, beginnen wir erst einmal mit dem nackten Raum (ideal sind Studiowände, man kann aber auch gut in Abbruchhäusern die nachfolgenden Umbauten vornehmen - bei bewohnten Räumen muss man an den Rückbau denken!).
Stellen wir uns vor, der Raum wurde irgendwann in den 60er Jahren zum letzten Male renoviert, seit dem ist nicht viel verändert worden.
Die Tapeten sollten vom Design (Muster etc.) in die Zeit passen. In „traditionellen“ Tapetenläden werden Sie gewiss fündig. Sobald diese an den Wänden sind, werden sie zunächst einmal mit einer Patina (sehr stark verdünnte schwarze oder auch bräunliche Abtönfarbe) angestrichen um das Vergilben zu simulieren.
Die Lichtschalter und Türbeschläge werden der Zeit angeglichen. Rund um die Lichtschalter kann man dunkle Schmutzränder aufmalen. Simulierte Stromleitungen können „auf Putz“ verlegt werden.
Vorhänge und Lampen werden passend gewählt und gegebenenfalls auf „alt“ getrimmt. Die Flohmärkte bieten hier reiche Auswahl.
Um anzudeuten, dass an manchen Stellen früher einmal Bilderrahmen hingen, kann man in der Größe von Bildern leichte Schatten (in der Höhe von Bildern) auf die Tapete sprühen. Hier und da kann auch ein verwaister Bilderhaken in der Wand hängen.
Je nach Zeitpunkt, der dargestellt werden soll, werden die Möbel und Requisiten gewählt. Auf Flohmärkten, in einigen Shops, die Objekte auch verleihen oder aber im Film- und Theater-Fundus sollte alles zu finden sein.
Bedenken Sie: Es gibt auch viele Klassiker, etwa karierte Küchenhandtücher, die man in jedem Kaufhaus finden kann.
Wenn der Raum auch schon verfallen aussehen soll, sind weitere Maßnahmen erforderlich:
Teile der Tapete können eingerissen, darunter Ziegel und Fugen aufgemalt werden, so dass man annimmt, das nackte Mauerwerk schaut hervor. Alternativ gibt es auch dünne Presspappen im Baumarkt, die Ziegel nachbilden. Mit etwas Mörtel und Patina überstrichen, sehen sie absolut echt aus.
Diese Press-Paneele gibt es auch mit simulierten Kacheln. Gerne wird in alten Räumen eine Waschecke mit kleinem Waschbecken installiert. Wenn man will, kann auch ein Abfluss mit Auffangkanister sowie ein Frischwasserkanister angeschlossen werden, dann ist das Waschbecken auch bespielbar.
Stellenweise kann die Tapete auch durch vergilbte Zeitungen ersetzt werden, eine Extremmaßnahme.
Wenn es noch etwas älter oder ländlicher sein soll: Mit dünnen Furnieren kann man perfekt Fachwerk nachbilden.
Tür- und Fensterrahmen können künstliche Risse aufgemalt bekommen. Mit Hilfe einer aufgeklebten Folie und etwas Glasfarbe sind auch gesplitterte Glasscheiben leicht realisierbar.
Teppichreste oder Linoleum können den Eindruck noch unterstreichen.
Simulierte bräunliche Wasserflecken unter der Decke bezeugen den letzten Wasserschaden.
Tja, und schon sind sie fertig, die heruntergekommene Armenwohnung, das besetzte Haus der Studentenbewegung 1968 oder die Endzeitstimmung eines fiktiven Weltuntergangs.
Vielleicht aber auch einfach nur die realistische Location für eine Szene verzweifelt nach Wohnraum Suchender bei einer durchaus möglichen „Wohnungsbesichtigung“ in unseren Tagen...