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Weniger=Weniger?

Musik kann so viel, wenn es um Emotionen geht, kein Wunder, dass die meisten Filme mit einer Musikspur arbeiten. Doch wie so oft bei der dramaturgischen Gestaltung sind auch die Pausen, die Momente ohne Musik in denen allein die Atmos, Geräusche und Stimmen zusammen mit dem Filmgeschehen für sich alleine stehen, enorm wichtig. Nur im Wechsel zwischen Musik und Nicht-Musik kann Filmmusik die maximale Kraft erzielen. Erfahrene Regisseur*Innen, Sounddesigner*Innen und Mischmeister*Innen wissen das,- weniger ist, jedenfalls in gestalterischer Hinsicht, mehr.

Doch bei der Umsetzung dieser Leitlinie kann es zu unerwarteten Konflikten kommen. Insbesondere bei Auftragsproduktionen, bei denen man als Regie gar nicht selbst die Filmkomponist*Innen mit eingebracht hat, sondern mit Leuten zusammenarbeitet, welche von der Produktionsfirma verpflichtet wurden.

Die Auswahl der Musik für einen Spiel,- oder Fernsehfilm ist eine heikle Angelegenheit und nicht ganz konfliktfrei. Man möchte meinen, es ginge bei der Gestaltung der Tonspur vor allem um gestalterische Dinge, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Immer häufiger geht es dabei auch schlichtweg ums Geld. Bei Kinofilmen, wo für jeden existierenden Musiktitel die Rechte zum Teil sehr teuer eingekauft werden müssen, werden gerne Filmkomponisten hinzugezogen, die den Score komponieren und auch produzieren.

 

Covern

Gar nicht selten produzieren die Musiker/Komponisten auch Cover-Versionen vorhandener Titel, weil es preiswerter ist, nur die Rechte an Komposition und den Texten eines Welthits zu kaufen und diese neu einzuspielen, als wenn man die Originalrechte kaufen muss. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten ist es relativ leicht möglich, sehr nah an die Originale heranzukommen. Für die Musiker natürlich wenig lukrativ, weil sie später von den Tantiemen (Gema Ausschüttung) nur noch den Teil für die Aufführungsrechte, nicht aber für Texte und Komposition erhalten.

 

Fernsehen ist anders

Bei Fernsehproduktionen bzw. Fernseh-Auftragsproduktionen ist die Situation ganz anders. Da gibt es nämlich pauschale Vereinbarungen mit der Musikindustrie und man kann fast jeden existierenden Musiktitel einfach als Filmmusik für seinen Film verwenden. Während man beim Kinofilm häufig auf die gewünschten Musiknummern verzichten muss, weil es schlicht unbezahlbar ist, kann man beim Fernsehen aus dem Vollen schöpfen. Das ist ziemlich genial. Wenn allerdings zusätzlich auch ein Filmkomponist / eine Filmkomponistin eingebunden ist, kann es schnell zu Interessenskonflikten kommen.

Diese haben nämlich ein klares finanzielles Interesse daran, dass möglichst viel von ihrer Musik verwendet wird, denn das bringt zusätzliche Einnahmen über die Gema. So können bei einem abendfüllenden Film der im Hauptabendprogramm von ARD oder ZDF gesendet wird, allein über die Gema gerne mal 10-20.000 Euro zusätzliche Einnahmen hinzukommen.

 

Schlagzeug 4000

 

Ganz schwierig wird die Situation, wenn Produktionsfirmen aus Ersparnisgründen mit den Filmkomponisten stille Vereinbarungen treffen, dass sie zwar kein besonders hohes Honorar für ihre Arbeit bekommen, man ihnen aber stattdessen bestimmte Minuten garantiert, über die ihre Musik dann im späteren Film zu hören sein wird. Das führt schnell zu Konflikten, wenn die Regie da vielleicht gar keine oder andere Musik einsetzen möchte. Denn dann verlieren die Komponist*Innen bares Geld. Was dramaturgisch für den Film das Beste wäre, wird da gar nicht diskutiert. Und dank zahlloser Samples und Patterns in Musikprogrammen wie "Native Instruments" ist der Aufwand hierfür in vielen Fällen gar nicht hoch.

Da wird dann ein fast durchgängiger Score entworfen, bei dem selbst Dialogszenen, die normalerweise aus sich heraus starke emotionale und erzählerische Wirkung haben sollten, mit Musik unterlegt werden. Komponist*Innen beschweren sich dann bei der Produktion darüber, dass die Regie eigenmächtig in der Mischung Musik herausgenommen habe und dass "die Regie sich doch gar nicht auskenne, was für den Film gut sei". Weil die Produktionsfirmen diese seltsamen Deals mit der Bezahlung durch Gema Tantiemen zu verantworten haben, halten sie in diesen Konfliktfällen natürlich zu den Komponisten.

Da kann man sich als Regisseur*In ganz schnell mal sehr isoliert fühlen. Denn eigentlich möchte man den Musikern ja gar nicht den Verdienst wegnehmen, sondern nur für eine hochwertige Tonspur für seinen Film sorgen. So regiert einmal mehr das Geld,- man braucht sich also gar nicht wundern, weshalb so viele TV-Movies mit Musik-Score zugeschmiert werden.

 

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