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Datenrettung von P2

Sie sind praktisch, die P2 Karten der bandlosen HD- Aufnahme,- ungewohnt sind aber die Risiken

 

Es ist schon ein schwieriges Unterfangen, mit zwei Speicherkarten a 8 GB dokumentarisch zu drehen und insgesamt mal eben 100 Minuten on Location aufzuzeichnen. Wären die Karten preiswerter und das Projekt finanziert, würde man vermutlich mit 5 oder mehr Karten arbeiten und sich damit einen akzeptablen Workflow verschaffen.

 

In unserem Fall war die Location in 2000 Metern Höhe auf einem Berggipfel und die Daten der zwei Karten wurden im mitgenommenen Notebook jeweils auf die interne Festplatte kopiert. Da das Notebook keinen P2 Player hatte, mussten die Karten in der Kamera gelöscht werden, was beim fliegenden Wechsel der Karten irgendwann plötzlich dazu führte, dass eine noch nicht überspielte P2 Karte mit wichtigen Einstellungen gelöscht wurde.

 

Zum Glück, so denkt man, wurde das Missgeschick sogleich bemerkt, eine undo oder undelete-Funktion sucht man im Kamera-Menü allerdings vergeblich. So blieb nichts Anderes, als die betroffene Karte zu konservieren, nicht mehr zu verwenden und zurück im Produktionsbüro herauszufinden, wie man die Dateien wieder zum Leben erwecken kann.

 

Nachfrage beim Hersteller

Der Anruf bei Panasonic Professional bringt Ernüchterndes zutage- der Fall ist bisher noch nicht bei den Wiesbadenern aufgetreten,- man hatte allerdings schon einmal mit einem Free-Programm Files, die auf einer herkömmlichen Festplatte versehentlich gelöscht wurden, wiederbelebt. Der kontaktierte Produktmanager merkt sogleich an, dass die Kamera anders löscht, als ein Computer Files löschen würde. Die Platte (mit der praktisch täglich gedreht wird) nach Wiesbaden zu schicken, scheidet aus, also muss man versuchen, die Wiederbelebung selbst zu bewerkstelligen.

 

Man ist relativ ratlos und verspricht, Panasonic in Japan zu kontaktieren und sofort Bescheid zu geben, wenn die Antwort eintrifft. Doch bis heute gab es leider noch keine entsprechende Reaktion von Seiten Panasonics.

 

Wie so oft beginnt die schier endlose Recherche im Internet in diversen Foren, auf der Suche nach anderen Datenverlust-Opfern, die bereits Wege zum entlöschen finden mussten. Während große P2 Kameras angeblich über eine undo Funktion verfügen, ist dieses Feature bei der HVX 200 nicht vorhanden. Schade eigentlich. Die Forensuche bringt viel Erstaunliches zutage. Das Dateisystem, man findet heraus dass die Karten mit FAT32 arbeiten, in ihrem Inneren vier SD Speicherkarten a 2 GB arbeiten.

 

Recovery-Tools

P2_Karte_4-4000.jpg

Im Innern der P2 Karte arbeiten vier Speicherchips

 

Die Suche durch die Foren offenbart dann recht schnell, dass es diverse restore/recovery tools am Merkt gibt. Wenn man sich die Demos downloaded, und auf dem Notebook installiert, damit die P2 Karte wieder entlöscht wird, zeigen die Demos, einige nach etwa 2 Stunden Rechenzeit tatsächlich die früheren Ordner an.

 

Will man diese aber auf Festplatte speichern, wird höflich auf die Kaufversion hingewiesen. Beträge um die 80 Euro werden dem geplagten Löschopfer um die Ohren gehauen. Doch was versucht man nicht alles, um an die verlorenen Aufnahmen wieder zu gelangen. Ja und tatsächlich machen die Tools auf dem für Windows völlig leeren "externen Laufwerk", der P2 Karte, wieder Verzeichnisse sichtbar.

 

Neben dem Ordner CONTENTS findet sich auf der obersten Dateiebene noch die Textdatei "lastclip.txt" Sie wird vor allem für die Wiedergabe und Zuordnung in Schnittsystemen benötigt. In der lastclip-Datei findet sich die Nummer des letzten aufgenommenen Clips sowie eine weitere um 1 erhöhte Zahl. Im Ordner Contents findet man 5 Unterverzeichnisse:

Ordner auf den P2-Karten:

AUDIO- mit den Audiodateien im MXF Format 
CLIP - mit den Meta Daten und Beschreibungen im XML Format
ICON - mit kleinen Vorschaubildern der Clips als BMP Thumbmnails
PROXY - mit Vorschau-Clips niedriger Auflösung
VIDEO - mit den Video-Dateien im MXF Format
VOICE - für Sprachnotizen,- die HVX 200 kann diese nicht nutzen

Weder die Verzeichnisse noch einzelne Dateinamen dürfen übrigens umbenannt werden. Zum Sortieren kann man ja den CONTENTS Folder zusammen mit der Lastclip-Textdatei jeweils in beschriftete andere Verzeichnisse kopieren. Die Verzeichnisse kann man dann zur leichteren Organisation des aufgenommenen Materials frei nummerieren oder betiteln. Die Dateien haben sehr eigenwillige, automatisch generierte Namen, die wenig Aufschluss über den Inhalt und das Erstellungsdatum geben.

 

Im sogenannten File System Layer der Karte werden Datentransfer und Speicherung bewerkstelligt. Die Video Files werden im MXF Format abgelegt, ein Container bei welchem jeder Bestandteil mit einem Schlüssel beginnt, dann folgen Längenangabe und Inhalt. Nach Außen werden durch diese Container zahlreiche Einzeldateien zu größeren Einheiten zusammengefasst. Auf diese Weise wird auch die FAT 32 typische Begrenzung der maximalen Größe von Dateien auf 4GB umgangen.

 

Leider ist MXF ein sehr weit gefasster Standard- jeder Hersteller kocht da sein eigenes Süppchen und wählt andere Optionen innerhalb des Standards. Sonys MXF ist anders als das von Panasonic usw. Es wurde viel gerätselt darüber, weshalb Panasonic nicht auf verbreitete Formate wie AVI oder MJPEG etc. setze, dies hätte das Leben der Anwender sicher erleichtert. Gerüchteweise hört man, dass Absprachen mit AVID und Quantel der Grund für diese Festlegung gewesen seien.

 

Vorsichtig muss man übrigens auch sein, wenn man die Karten direkt in die PCMCIA-Slots von MAC-Books steckt. Wenn man da den Schreibschutz nicht aktiviert, hinterlässt der MAC ganz nebenbei eigene Dateien auf der Karte, was zu Störungen führen kann!

 

Konventionelle Datenretter versagen

p2-darstellung-4000.jpg

Die Verzeichnisstruktur auf der P2 Karte

 

Die diversen Datenrettungsprogramme haben eines gemeinsam- sie interpretieren die Daten falsch. Aus 7,4 GB Daten auf der P2-Karte werden ganze 19,8 GB. Die Dateianfänge sind, typisch für gelöschte Dateien, bei der ersten Stelle mit einem Unterstrich gekennzeichnet. Doch auch das Ergänzen der ersten Stelle lässt die Dateien für den P2 Player nicht lesbar werden. Das Dateiformat entspricht nicht den originalen Dateien. Auch diverse andere Programme, welche P2 lesen können, etwa FinalCut Pro oder auch Raylight interpretieren die Dateien falsch.

Im Einzelnen wurden folgende Tools getestet: badcopy3; cardrecovery; digital-camera-recover, freeundelete, PC Inspector, File Recovery, Undelete 5, sowie Pci-filerecovery.

 

Die meisten, speziell für Fotospeicher etc. ausgelegten Programme können die P2 Karte auch erkennen und Daten auslesen,- allerdings sind diese bei genauerer Betrachtung wie gesagt, viel zu groß und vom P2 Player oder FinalCut Pro nicht erkennbar. Auch die Arbeitsgeschwindigkeit ist stark schwankend, manche Tools bearbeiten die gefundenen 7,4 GB in einer Stunde, andere benötigen gleich 4-5 Stunden dafür. Die Ergebnisse sind interessanterweise von der Dateistruktur und den Datenmengen identisch. Aber leider zu groß.

 

Technik im Nebel

Die Techniker und Produktmanager bei Panasonic sind sich, was die Rettungsmöglichkeiten angeht, ebenfalls uneinig. Angeblich existiert ein Softwaretool der Entwickler des P2 Systems, allerdings kann man damit nur Daten defekter Karten auslesen. Wenn also einer der vier Chips, die in einer P2 Karte enthalten sind, defekt ist, kann dieses Programm die Daten der anderen drei Chips noch auslesen. Doch für in der Kamera gelöschte Daten scheint es nach dem momentanen Stand der Technik noch keine Rettungsmöglichkeit zu geben.

 

Auch beschädigte Files auf Festplatten gehören zu den Sorgenkindern der wachsenden P2 Fangemeinde. Insbesondere wenn man sowohl von Windows- als auch von Apple-Rechnern auf die Festplatten zugreifen muss (Windows- Notebook zum übertragen der Daten am Drehort und MAC-Rechner zum Schneiden mit FCPro) muss man mit FAT32 Dateisystem arbeiten, welches unsicherer ist als NTFS. Speziell bei Abstürzen kann es bei FAT 32 zu Datenverlust kommen.

Neues Ungemach droht übrigens mit der Einführung des Nachfolgers von PCMCIA-Karten die in neuere Notebooks verbaut werden und die P2 Karten nicht mehr werden lesen können. Angeblich hat Panasonic bereits Adapter in Arbeit...

 

Gebrannte Kameraleute...

Während ein konventionelles Videoband zumindest einige Zeit braucht, um vor Ort in der Kamera gelöscht zu werden, ist der unwiderrufliche Schritt bei einer P2 Karte in wenigen Sekunden nach einer einzigen Sicherheits-Nachfrage im Menü getan. Möglicherweise ist das System auch noch zu kurze Zeit auf dem Markt um brauchbare Rettungstools hervorzubringen, der in die Karten eingebaute Controller verhindert jedenfalls bisher die Rettung versehentlich gelöschter Aufnahmen, auch wenn man diese weder überschrieben noch die Karten formatiert hat. Die betroffene P2 Karte wurde inzwischen schweren Herzens übergelöscht,- der Dreh musste weitergehen. Wenn das Movie-College von Panasonic oder anderer Seite neuere Erkenntnisse erfährt, werden diese selbstverständlich an dieser Stelle publiziert.

 

Hoffentlich wird sich da in der Akzeptanz und Softwareunterstützung von P2 noch etwas tun, schließlich gibt es auch diverse Programme bis hin zum Windows Media Player oder Quicktime, in welche der P2-MXF Standard erst noch implementiert werden muss. Auch sollten Schnittprogramme wie FinalCut Pro oder Avid endlich die Möglichkeit offerieren, 720p25p zu importieren.

Die einschlägigen Foren, wie etwa www.dvxuser.com sind voll von Threads in denen Anwender Lösungen suchen für Probleme, die nicht von Herstellerseite gelöst oder durchdacht wurden. In einem der Threads über beschädigte Datenfiles berichtet ein betroffener Produzent nach zahllosen vergeblichen Rettungsversuchen, seine Mitarbeiter hätten alle scharfen und spitzen Gegenstände aus seinem Büro entfernt…

 

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