
Diese analogen Kinokameras (Made in Austria) wurden in den 70er bis 90er Jahren für Arri zu einer ernsten Konkurrenz. Eigentlich dominierte Arri mit seinen Arriflex Kameras bereits zu analogen Zeiten den Kinomarkt. Doch bei Arri ruhte man sich Jahrzehntelang ein wenig auf den alten Lorbeeren der ersten echten Spiegelreflex Filmkamera von 1937 aus. Im Grunde basierte im Kinobereich in den 70er Jahren vieles auf der alten Arriflex 35 II C, daran änderte die selbstgeblimpte Arriflex 35 BL auch nicht viel.
Doch dann kam der Österreichische Regisseur, Produzent und Tüftler Fritz Gabriel Bauer auf die Idee, eine eigene Kamera zu entwickeln. 1976 war die erste Moviecam fertig, nach langer Entwicklungszeit. Bereits dieses erste Kameramodell galt als die leiseste SyncSound-Kamera der damaligen Zeit und besaß standardmäßig einen eingebauten Video-Assistenten, der die Bildkontrolle über einen Videomonitor (Videoausspiegelung) ermöglichte. Und diese Kameras waren so gut durchdacht, dass nicht wenige Fachleute sie für die besten Filmkameras halten, die je gebaut wurden.
Die Kamerafirma taufte Gabriel Bauer "Moviecam" und seine Produkte wurden drei Mal mit den begehrten Technik-Oscars ausgezeichnet. Als die SuperAmerica in den 1980er Jahren eingeführt wurde, leitet sie einen grundlegenden Wandel im Design und in den technischen Möglichkeiten professioneller Filmkameras ein. Neben vielen technischen Verbesserungen hatten die axialen Filmkassetten / Magazine, ein System, was nicht verdrängend ist. Das bedeutet, dass der Film nicht durch eine Verdrängungseinheit bewegt wird. Außerdem gibt es keine Zahnrad-Mechanik am Kassettenmaul, es ist also keine festgelegte Filmschlaufenlänge notwendig. Dies macht den Filmwechsel (Ein,- und Auslegen des Filmmaterials) deutlich einfacher und schneller sowie die Lagerung der geladenen Kassetten weniger aufwändig.
Innovativ

Kameras der Marke Moviecam (SuperAmerica, Compact und SL) zeichneten sich durch viele Innovationen aus und waren über lange Jahre der Konkurrenz deutlich voraus. Die Kameras waren dank einer speziellen Aufhängung des Greiferwerks samt Transportzahnrädern ultraleise, was für den Filmton besonders wichtig war, sie waren modular aufgebaut und sehr zuverlässig.
Die Kameras sind also recht leise 20 dB sind ein sehr guter Wert für eine analoge Filmkamera und für Tonleute höchst erfreulich. Sie benötigen 24-V-Spannungsversorgung die per Akku oder Netzgerät erfolgt. Die Bildfrequenzen werden quarzgenau von 12 bis 32 B/Sekunde geregelt, mit dem Speedmodul kann man vorwärts bis 50 B/s, und Rückwärtslauf 12 bis 32 B/Sekunde drehen. Und natürlich beherrschte die Timecodeeinheit der Kamera auch die 23-976 Bilder pro Sekunde für den US-Markt.
Auch das Drehen von Rampen (Speed Ramp) ist möglich, gemeint ist der fließende Übergang von einer Bildfrequenz zu einer anderen (z.B. 24 B / Sek hin zu Zeitlupe mit 50 B / Sek). Da sich bei so einer Veränderung der Bildwechselfrequenz auch die Belichtungszeit des einzelnen Filmbilds verändert, steht bei Zeitlupe etwa weniger Licht zur Verfügung,- die Belichtung muss also ebenfalls kontinuierlich angepasst werden. Dafür kann die Irisblende am Objektiv von einem Remote-Motor durch das Speedmodul gesteuert werden um die Belichtung konstant zu halten. Bei Drehs in kalter Umgebung können der Kamerakörper und die Filmkassetten durch eingebaute Heizelemente lauffähig gehalten werden.
Es gab auch kompakte Modelle wie die Superlight 35 mm die extrem leicht und handlich war, weil sie teilweise aus Karbon hergestellt wurde damals eine Neuheit und Innovation im Kamerabau. Wegen ihrer Kompaktheit wurde sie beispielsweise bei Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan" eingesetzt, wodurch eindrückliche Szenen in den Schützengräben realisiert werden konnten. Sie kam auch bei den Steadicam Szenen zu "Eyes Wide Shut" von Stanley Kubrick zum Einsatz.

Kameramodelle
- Moviecam 1 (1976), 2 (1977), 3N (1980)
- Moviecam Super/SuperAmerica (1984)
- Moviecam Compact (1990)
- Moviecam Superlight/SL (1996)
- Moviecam Compact MK2 (2004)
Übernahme
1997 übernahm Arri die Wiener Firma "Moviecam" und brachte überraschend eine Arri-Kamera namens "Arricam" heraus, welche faktisch auf der Moviecam basierte. Anton Bauer selbst arbeitete mit Walter Trauninger und seinem Kameraentwicklungsteam zusammen um aus dem Moviecam System das Arricam-System entstehen zu lassen.
Dank des eingekauften Technologievorsprungs wurden in der Folge die Arricams ab dem Jahr 2000 das Flaggschiff der 35-mm-Kameraserie von ARRI. Teilweise waren Baugruppen der Arricams (z.B. Moviecam 3-Perf-Mechanik) identisch mit denen der Moviecams.
Doch auch die älteren Moviecam-Kameras kamen dank ihrer Qualität und Ausstattung bei zahlreichen erfolgreichen Blockbustern zum Einsatz bis hin zu modernen High-Budget-Filmen. Und obwohl es die Firma Moviecam nach der Übernahme durch Arri eigentlich nicht mehr gab, hat Arri dennoch 2004 noch eine Compakt MK2 rausgebracht, weil die Moviecams weltweit so gefragt waren und man die Marke nicht so einfach sterben lassen konnte.
Die Compakt MK2 wurde teilweise aus noch vorhandenen Teilen gefertigt, optimiert und ausgeliefert.
Moviecam Super America

Diese Kamera war die große Produktionskamera mit der wichtige Kinofilme weltweit gedreht wurden. Die Super Amerika Mark II hatte einen PL Mount für die wichtigsten Objektive sowie ein Super 35 Bildfenster. Die Filmkassetten verfügten über digitale Kennungen und Zählwerke für die Restmaterialmenge. Zubehör wie ein Movie Speed Control Modul oder die Moviecam Syncro Box konnten am Kameragehäuse angesetzt werden. Die Kamera ist mit 14,5 KG (inkl. Objektiv) kein Leichtgewicht, schwere Schwenkköpfe und Stative mit 150er Schale sind Pflicht.
Das Design der SuperAmerica-Kamera war viel benutzerfreundlicher und mit modernerer Elektronik und fortschrittlicher Technik ausgestattet als beispielsweise die zeitgleich von Arri angebotenen 35 mm Kameras. Zu dem Kameraleuten, welche mit der Moviecam SuperAmerica arbeiteten gehörten u.a. Walter Kindler, Xaver Schwarzenberger, Gerard Vandenberg, Kenan Ormanlar, Helmut Pirnat und Janusz Kamiński. In Deutschland gehörten Elly und Kenan Ormanlar (Kentel Film) damals zu den wenigen Produzenten, die eine solche Kamera besaßen und damit Kinofilme drehten. Mit der Umstellung auf die digitale Cinematographie gerieten Kameras wie diese mehr und mehr in Vergessenheit obwohl sie Filmtechnikgeschichte geschrieben haben.
Filme, die mit Moviecams gedreht wurden
- "Otto – Der Film" (Regie: Xaver Schwarzenberger, Otto Waalkes, Kamera: Xaver Schwarzenberger, Michael Stöger, D 1985) Moviecam Cameras
- "Aliens" (Regie: James Cameron, Kamera: Adrian Biddle, USA 1986) Moviecam Super America
- "Caravaggio" (Regie: Derek Jarman, Kamera: Gabriel Beristain, GB 1986) Moviecam Cameras
- "Clockwise" (Regie: Christopher Morahan, Kamera: John Coquillon, GB 1986) Moviecam Cameras
- "Frantic" (Regie: Roman Polanski, Kamera: Witold Sobocinski, USA 1988) Moviecam Cameras
- "Brassed Off" (Regie: Mark Herman, GB 1996)
- "The Dead" (Regie: John Huston, 1987) Moviecam Super America
- "Gremlins 2- The New Batch" (Regie: Joe Dante, Kamera: John Hora, USA 1990) Moviecam Super America
- "Honey I Blew Up the Kid" (Regie: Randal Kleiser, Kamera: John Hora, USA 1992) Moviecam Super America
- "Nightwatch" (Regie: Ole Bornedal, 1994) Moviecam Super America
- "Kids" (Regie: Larry Clark, Kamera: Eric Alan Edwards, USA 1995) Moviecam Super America
- "Emma" (Regie: Douglas McGrath, Kamera: Ian Wilson, USA 1996) Moviecam Compact Camera
- "Jackie Brown“ (Regie: Quentin Tarantino USA 1997)
- "Funny Games" (Regie: Michael Haneke, Kamera: Jürgen Jürges, Ö 1997), Moviecam Cameras
- "Aurora" (Regie: Christopher Kulikowski, USA 1998)
- "Buffalo ’66" (Regie: Vincent Gallo, Kamera: Lance Acord, USA 1998) Moviecam Compact Camera & Arri 435
- "Sentimental Education" (Regie: C.S. Leigh, USA 1998)
- "Big Daddy" (Regie: Dennis Dugan, USA 1999)
- "Stuart Little" (Regie: Rob Minkoff, Kamera: Guillermo Navarro, USA 1999) Moviecam Compact Camera
- "George Washington" (Regie: David Gordon Green, USA 2000)
- "Siu chan chan" (Regie: Chung Man Yee, Kamera: Peter Pau, Ch 2000) Moviecam Compact Camera
- "Amores Perros" (Regie: Alejandro G. Iñárritu, Kamera: Rodrigo Prieto USA 2000) Moviecam Superlight Camera
- "Erin Brockovich" (Regie: Steven Soderbergh, Kamera: Edward Lachman, USA 2000) Moviecam Compact Camera
- "Skin Deep" (Regie: Yousaf Ali Khan, Kurzfilm, GB 2001)
- "American Pie 2" (Regie: J.B. Rogers, Kamera: Mark Irwin, USA 2001) Moviecam Compact Camera
- "Chalk" (Regie: Diederik Van Rooijen, Kurzfilm, 2001) Camera: Moviecam Super America
- "Aquarios (Regie: Alexander Hofmann, Kurzfilm D 2001) Camera: Moviecam Super America, Zeiss Lenses
- "The Old Man Who Read Love Stories" (Regie: Rolf de Heer, Kamera: Denis Lenoir, USA 2001) Moviecam Compact Camera
- "The Pianist" (Regie: Roman Polanski, Kamera: Pawel Edelman, Moviecam Compact Camera, Moviecam Superlight Camera, 2002)
- "Far from Heaven" (Regie: Todd Haynes, Kamera: Edward Lachman, USA 2002) Moviecam Compact Camera
- "All the Real Girls" (Regie: David Gordon Green, Kamera: Tim Orr, USA 2003) Moviecam Super America
- "The Stonecutter" (Regie: Stephen Erickson, USA 2003)
- "21 Grams" mit Moviecam SL (Regie: Alejandro González Iñárritu, Kamera: Rodrigo Prieto, USA 2003)
- "Skvira" (Regie: Jaromír Pesr, Kurzfilm, 2004) Camera: Moviecam Super America
- "The Day After Tomorrow" (Regie: Roland Emmerich, Kamera: Ueli Steiger, USA 2004) Moviecam Compact Camera, Moviecam Superlight Camera & Arriflex 435
- "Darkhunters" (Regie: Johannes Roberts, Kamera: John Raggett, USA 2004) Moviecam Cameras
- "King of the Lost World" (Regie: Leigh Scott, Kamera: Steven Parker, USA 2005) Moviecam Cameras
- "De Ontgoocheling" (Regie: Max Porcelijn, Kurzfilm, NL 2006) Camera: Moviecam Super America
- "Cashback" (Regie: Sean Ellis, Kamera: Angus Hudson, USA 2006) Moviecam Compact Camera
- "American Pastime" (Regie: Desmond Nakano, Kamera: Matthew Williams, USA 2007) Moviecam Compact Camera
- "I Viceré" (Regie: Roberto Faenza, Kamera: Maurizio Calvesi, It. 2007) Moviecam Compact Camera
- "Pride" (Regie: Sunu Gonera, Kamera: Matthew F. Leonetti, USA 2007) Moviecam Compact Camera
- "Disaster Movie" (Regie: Jason Friedberg, Aaron Seltzer, Kamera: Shawn Maurer, USA 2008) Moviecam Compact Camera, Moviecam Superlight Camera
- "Kynodontas" (Regie: Yorgos Lanthimos, Kamera: Thimios Bakatakis, Gr. 2009), Moviecam Compact MK2 Camera
- "Standpoint" (Regie: Dom Ricco, Kamera: Andrew Strahorn, USA 2009) Moviecam Compact Camera
- "Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans" (Regie: Werner Herzog, Kamera: Peter Zeitlinger, USA 2009) Moviecam Compact MK2 Camera
- "One for the Road" (Regie: Philippe Godeau, Kamera: Jean-Marc Fabre, F 2009) ARRICAM Studio (ST) Camera, Moviecam Compact Camera
- "La teta asustada" (Regie: Claudia Llosa, Kamera: Natasha Braier, Esp. 2009) Moviecam Compact MK2 Camera
- "The Ward" (Regie: John Carpenter, Kamera: Yaron Orbach, USA 2010) Moviecam Compact MK2 Camera
- "Nosso Lar" (Regie: Wagner de Assis, Kamera: Ueli Steiger, 2010) Moviecam Compact MK2 Camera, Moviecam Superlight Camera
- "Friendship!" (Regie: Markus Goller, Kamera: Ueli Steiger, 2010) Moviecam Compact MK2 Camera, Moviecam Superlight Camera
- "The Guilt Trip" (Regie: Anne Fletcher, Kamera: 2012) ARRICAM Lite (LT) Camera, Moviecam Compact Camera
- "Boyhood" (Regie: Richard Linklater, Kamera: Lee Daniel, Shane F. Kelly, USA 2014) Moviecam Compact Camera, Panavision Panaflex Millennium XL2

Diese Kameras waren und sind etwas Besonderes. Quentin Tarantino hatte sich seinerzeit eine Moviecam Compact MK1 für rund 250.000 USD gekauft und sie seitdem in seinem Wohnzimmer als Dekoration aufgestellt.

