MC18 NOV17x2

Social Media Icons Shop 55

Vom Drehbuch zum Bild

Dreharbeiten

Dreharbeiten von Münchner Filmstudenten, betreut von Prof. Mathias Allary

 

Theoretisch ist die Variationsbreite der Möglichkeiten, eine Szene zu erzählen, unendlich. Aufgabe der Regie und Kamera ist es, aus diesen Möglichkeiten jene herauszufinden, die für den Film und die Geschichte optimal sind.

 

Dabei spielt die Gesamtkonzeption der Szene aber auch des ganzen Films eine wichtige Rolle. Schließlich sollte man als Zuschauer nachdem man den Film gesehen hat, das Gefühl haben, es sei aus einem Guss. Denn für die Zuschauer muss verborgen bleiben, dass eine vielleicht einminütige Szene über viele Stunden aus unterschiedlichen Kamerapositionen und verschiedenen Brennweiten gedreht wurde.

 

Wie lernt man möglichst viel über Auflösung?

Die hohe Schule ist natürlich die Analyse von herausragenden Spielfilmen der Filmgeschichte. Man kann sich einzelne Einstellungen auf Papier skizzieren und so ganze Szenenabläufe erfassen. Eine simplere Methode die Grundprinzipien zu begreifen sind, so seltsam es klingt, Comics und Fotoromane. Auch diese folgen meistens den Grundregeln der Bildsprache. Ein Achsensprung etwa würde auch im Fotoroman als Fehler auffallen!

 

Eine einfache, aber bewährte Art, eine Szene zu erzählen, ist es, die eigene Wahrnehmung einer Situation als Mensch auf den Film zu übertragen. Nehmen wir zum Beispiel folgende Szene: Sie gehen eine Straße entlang, da bemerken Sie, dass sich in einem Straßencafé eine Eifersuchtsszene abspielt.

 

  1. Sie befinden sich zunächst einmal in einer gewissen Entfernung zu einer Situation. Wir sehen die Straße, Häuser, gewinnen einen Überblick, wo wir uns befinden. (Totale)

 

  1. Wenn sie etwas näher gekommen sind, können Sie die beteiligten Personen genauer erkennen. (Halbtotale)

 

  1. Während Sie das Streitgespräch verfolgen, konzentrieren Sie sich besonders auf den/die jenigen, die gerade sprechen, alles andere ist dann für Sie weniger wichtig. (Nahe)

 

Schuss/Gegenschuss

Ja, und wie beim Schnitt eines fertigen Filmes werden Ihre Augen zwischen den Streitenden mal hin, mal herschweifen (Schuss/Gegenschuss). Vielleicht werden Sie auch eine Impression außerhalb der Streitenden wahrnehmen, z. B. den staunenden Kellner oder die Eisschalen der Streitenden, die unaufhaltsam zusammen schmelzen (Detail). Eigentlich haben Sie damit bereits eine mögliche Auflösung für solch eine Szene verwirklicht.

 

Vielleicht sollten wir an dieser Stelle auch erläutern, was man unter Schuss/Gegenschuss versteht: Bei einer Unterhaltung zweier Filmfiguren, die sich gegenübersitzen, zeigt man abwechselnd die beiden Partner, sprechend oder zuhörend. Die beiden Einstellungen der Dialogpartner sollten von den Größen, der Kamerahöhe und den Winkeln her in etwa gleich sein. Und die Kamera sollte für beide Aufnahmerichtungen auf einer Seite der Bildachse bleiben. Auf diese Weise werden im Film die meisten Unterhaltungen aufgelöst.

 

Als Variante dieser Auflösung kann man aber auch im Bild des Sprechenden, jeweils im Vordergrund, den anderen anschneiden. Man schaut ihm quasi über die Schulter, weshalb die Einstellungsart auch „Over-Shoulder“ genannt wird. Dabei ändert sich der Winkel zum jeweiligen Darsteller, man sieht ihn fast von vorne. Wie bei den meisten Gestaltungsmitteln im Film sollte auch hier darauf geachtet werden, dass in beiden Richtungen von Schuss/Gegenschuss dann eine „Over-Shoulder“ verwendet wird.

 

Manchmal werden solche Gespräche auch mit Zwischenschnitten ergänzt, darin können weitere Personen, aber auch Gegenstände oder Räume abgebildet sein. Wichtig ist, dass die Zwischenschnitte dramaturgisch sinnvoll sind (Zeitung, Testament, Zifferblatt einer Uhr etc.) und nicht einfach nur entstanden aus der Not, eine fehlerhafte Auflösung zu kaschieren.

 

Wichtig : Die Komplexität einer Szenenauflösung sagt nichts über die Qualität eines Films aus. Im Gegenteil, oft sind einfache aber bildhafte Lösungen viel überzeugender.

 

Mehr zum Thema:

Auflösung  Achsensprung  Anschlüsse Shotlist   Raum & Personen  Auf Schnitt drehen

 

Banner Regie GK 4000

Banner Regie GK 4000

Weitere neue Artikel

Es ist kein gutes Signal, dass die öffentlich rechtlichen Sender einen erhöhten „Finanzbedarf“ anmelden, statt dringende Reformen anzugehen

Der professionelle Sound Devices 633 Audiorecorder ist gebraucht inzwischen günstig zu haben. Lohnt sich das? Wir nennen seine Stärken und Schwächen...

Der Zoll Wahnsinn wird mit ziemlicher Sicherheit auch unsere Preise für Technik beeinflussen

Vieles im frühen Film war inspiriert durch das Theater und bis heute steht auch das Theater selbst im Mittelpunkt vieler Filme...

Dass Produktionsfirmen ächzen und stöhnen, hängt mit dem Bürokratie,- und Regulierungswahn Deutscher Behörden zusammen

Die NYFA bietet in Florenz einen Filmstudiengang an, ein Erfahrungsbericht über ein Trimester "Filmmaking" am Campus "Italy"

In den USA startet ein Kinofilm, bei dem dank KI nicht nur die Sprache sondern auch die Lippenbewegungen synchronisiert wurden

Geht es nach ChatGPT und Co soll das seit mehr als einem Jahrhundert gültige Copyright für ihre Modelle nicht mehr gelten...

Der einstige Hype um die visionären Brillen hat sich trotz teilweise genialer Inhalte etwas abgekühlt, wie wird es weitergehen?

Auch heute noch sieht analoger Film anders aus als digitale Aufnahmen. Eine Renaissance lässt das 2Perf. Verfahren wieder aufblühen...

Wie geht es zu im Writers Room und warum läuft es in den deutschsprachigen Rooms ganz anders ab als in den USA?

Wie funktioniert das hochindustrielle Schreibkonzept für Fernsehserien und was macht es besser, als das individuelle Schreiben ?

Früher gab es häufiger andere Schauspieler als heute, solche die vorher ein anderes Leben lebten...

Werden Bilder oder ganze Filme mit der KI generiert, sind die Ergebnisse oft zufällig. Wie schreibt man bessere Prompts und bringt der KI Konsistenz und Verlässlichkeit bei?

Auf der Berlinale 2025 sprachen wir mit der Dänischen Regisseurin und Drehbuchautorin Jeanette Nordahl über ihren berührenden Film "Beginnings"

Das extrem beliebte Genre hat sich durch immer bessere VFX Effekte stark verändert. Kommt mit, wir tauchen da tiefer hinein...

In der Berlinale-Reihe "Panorama" erzählt die Regisseurin in "Schwesterherz" sehr beeindruckend von einem moralischen Dilemma

In der Berlinale-Reihe "Panorama" erzählt der Film "Hysteria" von Dreharbeiten zu einem politischen Thema, die immer schwieriger werden...