Dass der Deutsche Film international zumindest künstlerisch, kaum eine Rolle spielt, hängt leider auch mit der FFA zusammen
Die größte deutsche Filmförderung, die FFA hat viel mit ARD und ZDF gemeinsam, sie finanziert sich nämlich ebenfalls durch Zwangsabgaben. Konkret sind das drei Prozent von jeder verkauften Kinokarte, die an die FFA abgeführt werden, sowie Gelder von den Fernsehanstalten und von DVD,- bzw. Streaminganbietern, die zusammen mit dem Deutschen Film Fond insgesamt etwa 150 Millionen Euro pro Jahr in der Summe ausmachen und für die Förderung neuer Filme zur Verfügung gestellt werden.
Das klingt zunächst einmal nicht schlecht, bedeutet dass die FFA die größte deutsche Filmförderung ist und mit etwa 70 Mitarbeiter-innen, die in einem noblen Gebäude an den Hackeschen Höfen in Berlin residieren, scheint die FFA ja auch richtig viel Personal zur Verfügung zu haben, genug um viel für die Qualität im deutschen Filmschaffen zu tun. Dass dem nicht so ist, liegt unter anderem an einem Qualitätsbegriff, der hohe Kinobesucherzahlen als Kriterium benutzt und an Lobbyisten, die alte Besitzstände schützen wollen.
Bitte Draußen bleiben...
Allerdings liegt der Teufel ja oft im Detail denn für einige, den Kreis der antragsberechtigten Produzenten und Verleiher massiv einschränkenden, Regeln sorgt das sogenannte Filmförderungsgesetz.
Besonders detailteuflisch waren die letzten FFA Leitlinien vom Juni 2017, bei denen die bisher schon existierenden Ausgrenzungen kleiner Independent Produzenten, (wie den Zwang zur Antragstellung mindestens eine GmbH mit erhöhtem Stammkapital zu besitzen), nochmals verschärft wurden. Filme die bei der FFA Förderung beantragen können, sollen seit der Novelle mindestens 2,5 Millionen Euro teuer sein und 250.000 verkaufte Kinokarten mindestens erreichen, ein Wert, den nur etwa 8 % aller deutschen Kinofilme überhaupt erzielen. Und die Hälfte von denen waren sogenannte Sequels, also weitere Teile vorheriger Kassenerfolge,- man denke nur an "Fack ju Goethe" Teile 3 bis 12. Und die übrigen Kassenhits haben Herrn Schweiger oder Herrn Schweighöfer in der Hauptrolle.
Im Umkehrschluss ist die FFA eine Exklusivförderung für etwa 8 % aller Filme bzw. Produzenten. Lustigerweise sind 8 % auch genau der Anteil an Produktionsfirmen in Deutschland, die zugleich auch Verleihfirmen betreiben. Seltsam eigentlich, oder auch wieder nicht, denn genau diese Produzenten-Schwergewichte haben über ihre eigenen Produzentenverbände kräftig bei der Neugestaltung der FFA Antragsregeln mitgewirkt. Zu diesen Regeln, welche Independent-Produzenten bzw. kleine Verleihe praktisch ausschließen, gehört auch die Verpflichtung eine hohe Zahl an Abspielstellen (=viele DCPs und damit hohe Kosten durch Virtual Print Fees) zu garantieren.
All diese Forderungen bis hin zum geforderten hohen Zuschauerpotential können kleine Independent-Firmen nämlich schlichtweg nicht erfüllen. Dabei ist die Schätzung des Zuschauerpotentials ein fragwürdiger Hebel. So blieb Tom Tykwers "Ein Hologramm für den König" bei ca. 14 Millionen Euro Gesamtherstellungskosten und massiver Beteiligung der FFA mit knapp 200.000 Zuschauern unter dieser magischen Grenze. So What?
Reine Kommerzförderung?
Im Filmförderungsgesetz ist zwar die Rede von der Förderung der "Kreativ-künstlerischen Qualität des deutschen Films", doch davon ist in der Umsetzung denkbar wenig zu spüren. Kommerz regiert das System. Dies steht übrigens auch in deutlichem Widerspruch zur Ausnahmeregelung der EU, weshalb Film in Deutschland überhaupt "subventioniert" werden darf,- hier muss nämlich der Kulturanspruch bei der Auswahl im Vordergrund stehen.
Wenn aber durch die Richtlinien der überwältigende Teil, also 80% aller deutschen Kinofilme von der Möglichkeit der Antragstellung von vorherein ausgeschlossen sind, und der verbleibende Teil mehrheitlich massentaugliche Kommerzware darstellt, dann kann von Kulturanspruch wohl kaum die Rede sein. Damit scheint die FFA überwiegend als Interessenvertretung und Finanzier von saturierten etablierten Großproduzenten zu agieren, also mehrheitlich jene zu unterstützen, die ohnehin an den Kinokassen hohe Einnahmen generieren. Kritik, die regelmäßig an dieser Praxis geübt wird, perlt an der FFA ab, wie Regentropfen auf poliertem Autolack.
Der Versuch der UCI, eines großen US-Filmverleihs, die Abgaben an der Kinokasse an die FFA gänzlich einzustellen, ist 2014 per Gerichtsbeschluss vereitelt worden. Das ist vom Prinzip her richtig und die die Filmbranche,- übrigens auch die Independents, waren für den Erhalt dieses Finanzierungsweges. Doch genutzt hat diese Solidarität den Independents gar nichts, im Gegenteil, die Regelwerke, sie von der Förderung auszugrenzen wurden sogar noch verschärft.
Dabei sind das, was dem Deutschen Kino vor allem fehlt, mutige, schräge und originelle Filme, also genau das Gegenteil von dem, was die FFA vorzugsweise finanziert. Nur extrem selten leistet sich die FFA ein paar kleine "Feigenblatt"-Förderentscheidungen, für die man sich selbst das Häkchen an die Position "Kulturauftrag" macht.
Die Independents sterben aus
Diese Einseitigkeit bei der Vergabe des größten deutschen Fördertopfes hat über Jahrzehnte dazu beigetragen, die kreativen Möglichkeiten unabhängiger Filmemacher und Produzenten massivst bis zur Aufgabe einzuschränken. Denn auch die meisten Regionalförderungen betrachten kommerzielle Kinokassenerfolge als nahezu wichtigstes Kriterium, den eigenen Erfolg zu quantifizieren.
Da sich auch auf der anderen Finanzierungsseite deutschen Filmschaffens, beim Fernsehen, unfassbare, gestalterischen Mut und kreative Eigenart verhindernde Zustände in vielen Redaktionen breit gemacht haben, ist es um den anspruchsvollen Arthouse Film in Deutschland schlecht bestellt.
Wesentlich ärmere und kleinere Länder Europas, wie Belgien, Dänemark, Österreich, Polen oder Rumänien haben längst viel größere Bedeutung in der internationalen Wahrnehmung ihres Filmschaffens erlangt, als das vergleichsweise reiche Deutschland. Die Nachbarländer haben uns ohne Mühe überholen können, aber nicht, weil es hierzulande kein Potential gäbe, sondern weil man es schlichtweg verdursten lässt.
Solange die verantwortlichen Politiker-innen weiterhin die Augen verschließen vor dem dramatischen Ausbluten den deutschen Independent-Kinos und stattdessen mit den immer gleichen Lobbyisten und Filmfunktionären auf Cannes,- und Berlinaleempfängen auf ihre Pseudokulturarbeit anstoßen, bleibt der Himmel über dem einst hochgeachteten Filmland Deutschland düster.
Es ist schon lange überfällig,- ein neues Manifest der Filmemacher, so wie dereinst jenes im Februar 1962 in Oberhausen, welches das Filmförderungsgesetz überhaupt erst zur Folge hatte, in dem aber die heutigen deutlichen Ungleichgewichte, von den damals jungen wilden Filmemachern leider unbemerkt, bereits angelegt waren.