Für die Einen ist ein Kinofilm erst richtig groß mit Lens Flare, die Anderen investieren viel Geld in die Entwicklung aufwendiger Vergütungsverfahren und Linsenberechnungen um ihn zu verhindern. Was denn nun?
So seltsam es klingt, aber Atmosphäre oder auch Spannung kann manchmal in Form von Lichtspiegelungen im Objektiv (Lens Flare) entstehen. Dabei handelt es sich eigentlich um einen Abbildungsfehler, denn direktes Licht oder Streulicht sollte möglichst keine zusätzlichen Helligkeitseffekte im Bild erzeugen. Das meiste Licht, welches durch Linsen fällt, geht durch, aber ein kleiner Teil wird auch möglicherweise nicht durchgelassen, sondern reflektiert. Auf diese Weise entstehen Lichtspiegelungen meist durch Reflexionen des hellen Abbilds der Lichtquelle an der Irisblende an einer oder mehreren Linsen innerhalb eines Objektivs.
Die Anzahl der Abbildungen der Blende entspricht daher mit einem entsprechenden Versatz, der Anzahl der Linsen vor der Blende. Ihre Form hängt von den Lamellen der Blende ab, die Farbe von den verwendeten Vergütungen und Glassorten der Linsen und der Farbe bzw. Farbtemperatur der Lichtquellen. Die Lichtquelle, die diese Effekte erzeugt, muss nicht zwingend im Bild sichtbar sein, sie kann eben auch von der Seiten (Streulicht) stammen.
Lens Flare verhindern
Dabei können diese Reflexionen sowohl auf der Vorder,- als auch auf der Rückseite von Linsen entstehen. Das Vergüten von Objektiven, also das Überziehen der Linsenoberfläche mit einer Schutzschicht, schafft Abhilfe gegen Lens Flare. Oftmals sind da viele Schichten Vergütung übereinander aufgebracht um den gewünschten Effekt zu erreichen. Vermeider von Lens Flare greifen deshalb unbedingt zu modernen, vergüteten Objektiven, benutzen Sonnenblenden bzw. Matte-Boxen vor den Objektiven und vermeiden direkte Lichteinstrahlung.
Doch nicht immer ist Perfektion das, was man für eine gestalterische Wirkung gerne hätte. Viele Science Fiction oder auch Action-Filme nutzen Lens Flare als gestalterisches Element. Als Beispiele seien hier nur Gravity (Regie: Alfonso Curaon, 2013), Unheimliche Begegnungen der dritten Art (Steven Spielberg, 1978) oder Total Recall (Paul Verhoeven, 2012) genannt. Der Regisseur JJ Abrams (Star Trek, Star Wars etc.) wird gerne als König der Lens Flares im Mainstream-Kino gefeiert.
Wenn man die Reflexionen im Objektiv wünscht, so sind moderne Objektive oft so auskorrigiert und vergütet, dass man mit ihnen kaum solche Effekte erzeugen kann, sie sind einfach zu gut für die beliebten Effekte bei seitlichem oder gar direktem Lichteinfall. Hier sind ältere Objektive definitiv im Vorteil. Außerdem entstehen bei Weitwinkelobjektiven wegen des weiteren Bildwinkels schneller Lens Flare Effekte. Besonders beliebt sind in diesem Zusammenhang die Anamorphotischen Objektive, weil diese zudem aus punktförmigen Lichtquellen breite strahlende Lichtstreifen bilden können.
Lens Flare erzeugen
• Weitwinkel-Objektive erzeugen leichter Lens Flare als Teleobjektive
• Matte-Box, Sonnenblende, Kompendium etc. entfernen
• Objektive mit Lens-Flare helfen ebenfalls, die Wirkung des Streiflichts zu verstärken.
• Es gibt Sticks, Vorsatzlinsen, alle Arten von Tricks, diese Effekte nachzubilden
• Kamera so ausrichten, dass Lichtquellen frontal oder besser seitlich, in das Objektiv leuchten können
• Bei punktförmigen Lichtquellen sind die Lens Flare Effekte besser zu steuern, als bei flächigen
• Selbstverständlich bestitzen moderne Bild,- und Videobearbeitungsprogramme (After Effects, Premiere, Photoshop oder Illustrator) oder auch Game-Engines Plug-Ins, mit denen man nachträglich solchen Blendeneffekte über die Aufnahmen drüber rendern kann.
Zudem kann man durch die Auswahl bestimmter Lichtquellen, wie Autoscheinwerfer, Glühbirnen im Bild, Abendsonne etc. natürlich besonders starke Lichteffekte steuern. Und hier unterscheiden sich eben die alten, schlechter vergüteten Objektive von den modernen, hoch vergüteten Objektiven. Wenn die Kamera in einem Thriller vorsichtig suchend mit den Protagonisten durch einen halbdunklen Flur fährt, dann erzeugt jedes seitlich einfallende Streiflicht, etwa von einem Türspalt, einen dramatischen, gleißenden Lichteffekt bei einem älteren Objektiv. Mit dem modernen hochvergüteten Objektiv aber, ist es einfach eine Fahrt vorbei an verschiedenen offenen Türen, aus denen etwas Licht scheint...
All dies ist natürlich angesichts der unermüdlichen Bemühungen der Objektivhersteller, genau diese Abbildungsfehler zu vermeiden, auch ein wenig seltsam, doch so ist das nun mal, auch gewohnte Bildfehler kann man vermissen, wenn sie plötzlich fehlen.