Eine berühmte Kostümbildnerin
Sie war eine Kostümbildnerin, die sich in Film und Theater gleichermaßen stilsicher bewegt und diverse Produktionen durch ihre ganz eigene Handschrift mitgestaltet hat. Ich hatte das große Glück, gleich bei mehreren Filmen mit ihr gemeinsam arbeiten zu dürfen.
“Es ginge alles viel besser, wenn man mehr ginge.“
Johann Gottfried Seume (1763-1810)
„Die Bewegung im Zusammenhang einer Figur empfinde ich als das Wichtigste.“
Inge Heer (Kostümbildnerin)
Lebenslauf
Inge Heer wurde am 2. Juli 1942 in Herrenberg geboren. Sie machte zunächst ihr Diplom an der Fachhochschule für Gestaltung in Stuttgart und studierte dann in Berlin Malerei und Grafik.
Seit 1970 war sie freischaffend tätig. 1972 begann sie mit Bühnenbild- und Kostümassistenzen (u. a. am Theater Bremen und am Staatstheater Stuttgart) und hat seit ihrer Kostüm-Mitarbeit bei Volker Schlöndorffs „Blechtrommel“ immer parallel für Theater und Film gearbeitet. Sie war ein ungemein kreativer Mensch und bezog stets die Charaktere, das Szenenbild und die Persönlichkeit der Schauspieler*Innen in ihre Überlegungen mit ein. Wenn sie Vorschläge für die Kleidung einer Filmfigur vorlegte, dann waren dies ausgerissene Bilder aus Zeitschriften, Zeichnungen, Collagen oder Polaroids von Kleidungsstücken. Sie kannte die besonderen Läden, die Second-Hand Stores oder auch die Stellen wo man Altkleider günstig kaufen konnte. Ihr Stilempfinden war wie ein Kompass untrüglich.
Und natürlich hat sie sich, ganz gleich ob auf analogem Film oder mit Video gedreht wurde, abends die Daylies, die Muster angeschaut, um die Wirkung ihrer Kostüme in der Kamera zu überprüfen. Dabei entstand auch das obige Foto, gemeinsam mit Kostümassistentin Schamsi Kutschekmanesch.
Bei all dem war sie stets bescheiden, ging mit den Schauspieler*Innen sehr respektvoll um. Wir haben gemeinsam mehrere Filme unterschiedlicher Budgets verwirklicht, "Endloser Abschied", "Liebe, Leben Tod" und "Midsommar-Stories". Sie wusste genau, was Farben, Materialien, Schnitte von Kleidungsstücken einer Figur mitgeben konnten. In ihrerm Stilgefühl lag sie nie daneben, hat den Filmfiguren etwas ganz eigenes gegeben. Wenn ich ihr für die Schuhe, die Katharina Thalbach als "Frau Mischke" in "Liebe, Leben, Tod" das Stichwort Zauber nannte, dann hatten die mit Glitzerpartikeln präparierten Schuhe genau das auch vermittelt. Oder wenn sie für Susanna Simon in der Rolle der "Lara" ein rosanes Polyester-Jäckchen wählte, damit das bei ihrer Fahrrad-Verfolgung im Wind wehen kann, dann passte das genau zu der Rolle.
Die letzen Jahre hat sie sich vor allem um ihren Lebensgefährten, Werner Kilz, einen bekannten Schriftsteller und Maler gekümmert. Aus gesundheitlichen Gründen konnte er zunehmend die gemeinsame Wohnung in Berlin Kreuzberg, Wienerstraße, nicht mehr verlassen. Nachdem Kilz 2007 gestorben ist, hörte ich eine Weile nichts mehr von ihr, sie hatte sich zurückgezogen. Sie starb am 19. November 2012.
Ihre wichtigsten Arbeiten für Film und Fernsehen
1978 Die Blechtrommel (R: Volker Schlöndorf)
1979 Death Watch (R.: Bertrand Tavernier)
1979 Neues aus Uhlenbusch (R.: Boldt)
1982 Brigitta (R.: Glück)
1983 Mascha (R.: H. E. Quelle)
1984 Andeutung, daß die Sonne sinkt (R.: Kühn)
1987 Musikalisches Opfer (R.: Herbst)
1989 Der Geschichtenerzähler (Regie Rainer Boldt)
1991 Amok (R.: Schulze-Rohr)
1992 Adriana und Ion (R.: Volz)
1993 Endloser Abschied (R.: Allary)
1994 Liebe, Leben, Tod (R.: Allary)
1997 Tatort: Jagdfieber (R.: Schulze-Rohr)
1997 Mein Kind muss leben (Regie Diethard Klante)
1998 Viehjud Levi (R.: Didi Dankquard)
1998 Warten ist der Tod (R.: Hartmut Schoen)
1999 Midsommar Stories (R.: Alvarez, Niessner, Chauvistré, Wasem, Vogt)