Avid hat einiges dafür getan, es den Fans der Digidesign Pro Control schwer zu machen. Es begann damit, dass diese offiziell nur noch bis zur Version ProTools 9 supported wurde. Inoffiziell lief sie auch unter ProTools 10 noch, doch danach war definitiv Schluss. Dabei war die Konsole samt Fader-Automation wirklich phantastisch. Zahlreiche Fans der Mischkonsole haben diese in Folge billig verscherbelt. Erst viele Jahre später hat ein Softwarespezialist eine Software geschrieben, mit der diese und andere Konsolen auch mit neueren ProTools Versionen sowie anderen Audio-Workstations wie Adobe-Audition kompatibel bleibt. Man kann sie also weiter verwenden, auch wenn das den Verkaufsfantasien von Avid nicht so entgegen kommt...
Dennoch: Die einstige Mischkonsole für Pro Tools ist in die Jahre gekommen und leidet unter ein paar bekannten Problemen. Wie man sie löst, berichten wir hier...
Main Unit ohne Funktion
Das kommt einem Totalausfall gleich, man schaltet die Haupteinheit ein und sie gibt keinerlei Signale von sich. Kein Motorfader bewegt sich, keine LED leuchtet. Tot. Einer der bekanntesten Fehler die eine Pro Control befallen können ist der Totalausfall, weil die Stromversorgung versagt.
Das Problem mit den Netzteilen ist weltweit bekannt und kann mit relativ überschaubarem Aufwand (ca. 1 Tag Arbeit) behoben werden. Die Pro Control, jedenfalls die Zentraleinheit hat sogar zwei Netzteile, aber das Hauptnetzteil, welches auch den Strom von der Kaltgerätebuchse auf der Rückseite der Pro Control bezieht, ist in den allermeisten Fällen die Fehlerursache.
Wie so oft und bei so vielen elektronischen Geräten sind es einmal mehr die Kondensatoren, welche undicht geworden sind und deshalb ausfallen. Während viele neuere Geräte so aufgebaut sind, dass man nichts mehr reparieren kann, lässt sich bei dieser Gerätegeneration durchaus noch Vieles reparieren. Und das sollte man auch tun, denn Nachhaltigkeit fängt bei Jedem Einzelnen an, vorausgesetzt natürlich, man besitzt ein wenig handwerkliches Geschick.
Beim Aufschrauben der Pro Control sollte man unbedingt Fotos machen und alle Schrauben separat aufbewahren und beschriften, wofür sie gedacht sind, sonst hat man kaum eine Chance, alles wieder richtig zusammenzubauen.
Ersatzkondensatoren
Selbst wenn man in der Lage ist, den einzelnen Kondensator oder die Kondensatoren, welche undicht sind, zu lokalisieren, lohnt es sich, schlicht alle Elektrolytkondensatoren im Netzteil auszutauschen. Nur so kann man sicher sein, dass nicht in ein paar Wochen der nächste Ausfall droht.
Die Kondensatoren, um die es geht haben die folgenden Werte:
Position auf Platine | |
Wert Kapazität | Volt | |
Info Bauform | |
C7 | 330y | 400 V | Snap In, 0,5 | |||
C9 | 56y | 35 V | 2,5 Radial | |||
C 10, 26, 28 | 120y | 25 V | 2,5 Radial | |||
C 25, 29 | 220y | 35 V | 2,5 Radial | |||
C 18, 19, 20 | 2200y | 16 V | 2,5 Radial | |||
C 17A, C 17 | 2200y | 35 V | Radial |
Man muss überhaupt nicht die gleichen Hersteller suchen, wie sie auf dem Board verwendet wurden, im Gegenteil, es handelt sich um billige China-Ware, eigentlich erstaunlich bei einem ursprünglich so teuren Produkt. Es geht nur darum, dass die elektrischen Werte übereinstimmen. Bei verschiedenen Anbietern elektronischer Bauteile gibt es inzwischen bei Kondensatoren auch unterschiedliche Qualitätsstufen. Hier darf man ruhig die besseren Kondensatoren wählen, die "Military" Spezifikationen genügen, man kann davon ausgehen, dass diese länger halten werden.
Wenn man Austauschkondensatoren sucht, sollte man nicht nur auf die richtigen Werte für Kapazität und Volt achten, sondern unbedingt auch darauf, dass der Abstand der Pins (für die vorhandenen Bohrungen in der Platine) und die Bauform identisch sind. In obiger Tabelle haben wir deshalb die Rastermaße in der rechten Spalte hinzugefügt.
Gehäuse öffnen
Leider findet sich nirgendwo in der weiten Welt des Internets eine Info, wie man denn an das Netzteil herankommt, sprich, wie man das Gehäuse der ProControl öffnen muss. Schließlich will man das Gerät ja nicht unnötig zerlegen, sondern nur soweit öffnen, dass man an die Netzteilplatine gelangt. Dazu sind folgende Schritte erforderlich:
Da das Netzteil sich in unmittelbarer Nähe des Netzanschlusses befindet, löst man erst einmal die Schrauben auf der Rückseite rechts, also jene, die auch die seitliche Abdeckung fixieren. Übrigens lohnt es sich absolut, ein Sortierkästchen zu benutzen und die einzelnen Fächer zu beschriften mit: Rückseite, Rechte Seite, Obere Abdeckung, Faderabdeckung, Tastenabdeckung sowie Netzteil. Dann kann man nämlich die vielen Schrauben, die es dann doch werden, so einsortieren, dass man beim Zusammenbauen hinterher, keine Probleme hat.
Als nächstes löst man die seitlichen Schrauben der seitlichen Abdeckung. Damit man sie aber abheben kann, muss man auch noch die linke Reihe Schrauben der oberen Abdeckung lösen. Für diese benötigt man einen sehr kleinen Imbus,- das geht schon eher in die Kategorie Uhrmacherwerkzeug.
Danach kann man die seitliche Abdeckung herausnehmen. Nun sieht man bereits das Netzteil. Um die vier Schrauben, mit denen das Netzteil am Boden befestigt ist, ebenfalls lösen zu können, sind weitere Schritte notwendig. Zunächst einmal muss man die obere Abdeckung mit den Fadern von zwei Kabeln befreien, ein Multipin und ein Stromversorgungsstecker. Der Multipin hat oben und unter schwarze Plastikarretierungen, die man aufklappen, dann lässt der sich leicht lösen. Der Stromstecker hat eine seitliche Lasche, die muss man etwas zur Seite bieten (Schlitzschraubenzieher) dann kann man dieses ebenfalls lösen.
Dann kann man die obere Abdeckung mit den Fadern hochklappen. Leider genügt diese Maßnahme noch nicht, um alle vier Schrauben der Netzteilplatine lösen zu können. Man muss auch noch auf der hinteren Seite die Schrauben zur oberen Abdeckung herausschrauben, zwei Schrauben auf der rechten Seite, welche die obere Abdeckung halten, lösen und man muss auch die zweite obere Abdeckung mit den Tasten abschrauben. Dann kann man nämlich die schmale obere Abdeckung mit den Aussteuerungsanzeigen abheben und kommt an die verdeckten zwei Schrauben des Netzteils.
Nun müssen noch zwei MOLEX-Kabelstecker am Netzteil abgezogen werden, auch die sind durch Plastiklaschen gesichert, die man mit einem Schlitzschraubenzieher öffnen kann.
Danach kann die Netzteilplatine entnommen werden.
Kondensatoren austauschen
Die Kondensatoren, die getauscht werden müssen, sind alle Elektrolytkondensatoren, das heisst, sie sind gepolt, es gibt ein Plus und ein Minus. Minus ist meist mit einem hellen Seitlichen Streifen gekennzeichnet, außerdem ist meistens der Draht am Minuspol kürzer. Im Platinenlayout ist die Minusseite durch ein farblich gefülltes Viertel des Kreises, wo das Bauteil hingehört, gekennzeichnet. Sicherheitshalber haben wir an dieser Stelle die richtigen Positionen festgehalten:
Der grösste Kondensator, C7 333 yF muss so eingelötet werden, dass der Streifen der Minus anzeigt, ins innere der Platine zeigt.
Bei C9, 56 y zeigt der Minusstrich zum Trafo
C10, 120 yF das Minus zeigt nach links außen
C28 120 yF zeigt Minus nach oben, Außen
C 26 120 yF zeigt Minus nach Unten zum Kühlkörper
C18 2200 yF 16 V zeigt Minus nach unten zum Kühlkörper
C 20 2200 yF 16 V zeigt Minus nach oben, Außen
C 25 220 yF Minus nach unten zum Kühlkörper
C 29 220 yF Minus nach unten zum Kühlkörper
C19 2200 yF 16 V Minus zeigt nach oben, Außen
C17 und C17A 2200 yF 35 V beide zeigen Minus nach unten zum Kühlkörper
Zunächst einmal muss man natürlich die alten Kondensatoren auslöten. Die macht man entweder mit einem professionellen Entlötgerät oder mit einem Lötkolben und einer Vakuumpumpe, welche das erhitzte Lötzinn absaugt. Und man muss sich natürlich genau merken, an welche Position welcher Kondensator kommt. Anschließend möglicht gut wieder anlöten. Die langen Drähte der Kondensatoren werden nach dem Anlöten an die Leiterbahn mit einer Cut-Zange gekürzt.
Ein paar Widrigkeiten lauern auch, weil die Platinenhersteller einige Bauteile miteinander verklebt haben. Das erschwert das Auslöten. Hier kann man sich mit einem kleinen Cuttermesser helfen und die Bauteile vorsichtig vom Klebstoff lösen, bevor man sie auslötet. Auf jeden Fall sollte man, wenn man sich die Arbeit schon macht, alle Kondensatoren auswechseln, früher oder später gehen sie alle kaputt. Und wer denkt, nach dem erfolgreichen Auswechseln aller Kondensatoren sei es endlich geschafft, dem sei noch eine weitere nützliche Tätigkeit ans Herz gelegt, sie ist im Folgenden beschrieben...
Da sich in den Kondensatoren Säuren befinden, dürfen diese keinesfalls in den Hausmüll. Die Hausratsammelstelle oder ein Giftmobil sollte sie zurücknehmen.
Steckverbinder neu löten
Es lohnt sich, die beiden MOLEX Steckverbinder an der Seite der Netzteilplatine, welche den Strom dann in die ProControl leiten, zu entlöten und neu wieder zu löten. Nicht selten führen hier überhitzte Kontakte dazu, dass sie nicht mehr richtig leiten. Das führt manchmal dazu, dass die Pro Control trotz ausgewechselter Kondensatoren trotzdem nicht funktioniert. Die Lötstellen sind überhaupt recht primitiv ausgeführt, hochwertiges Lötzinn und Lötfett helfen, die neuen Lötstellen entscheidend zu verbessern.
Und wenn man das Gehäuse schon mal geöffnet hat, kann es nichts schaden, mit einem Staubsauber den Staub im Innern zu entfernen. Danach die Netzteilplatine wieder ins Gehäuse einschrauben, die zwei MOLEX Verbinder wieder einstecken, sowie zwei Stecker auf der Unterseite der Fader-Abdeckung wieder einstecken. Nun alles in der umgekehrten Reihenfolge wieder zusammenschrauben. Und oh Wunder,- die ProControl lebt wieder und begrüßt einen wie gewohnt mit tanzenden Fadern und leuchtenden Dioden.