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Daniela Lunkewitz, Jan Kurbjuweit und Ben Hecker in „Franta“. Kamera: Immo Rentz

Daniela Lunkewitz, Jan Kurbjuweit und Ben Hecker in „Franta“. Kamera: Immo Rentz

 

Wenn ein/-e Regisseur/-in ein Drehbuch umsetzt, kann die Haltung dazu sehr unterschiedlich sein. Man kann sich sehr genau an die Vorlage halten, (wie etwa Alfred Hitchcock oder Luchino Visconti) oder aber beim Einrichten des Drehbuchs und den Dreharbeiten immer wieder Neues einbringen und von der Vorlage abweichen. Wie nah oder weit von der Vorlage darf sich die Regie entfernen, wo hören die Freiheiten auf?

 

Wählt man die zweite Variante, so eröffnen sich viele neue Möglichkeiten, die aktuellen Gegebenheiten während des Drehs, die Eigenheiten der Darsteller und die Eigendynamik des Filmes mit in die Gestaltung einfließen zu lassen. Ein Film ist ja nicht festzementiert, wenn man mit den Dreharbeiten beginnt. Die gesamte Drehzeit und auch die Postproduktion bieten noch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die bis weit in die Inhaltliche Ebene hineinreichen. Es wäre ein Jammer, diese Einflüsse nicht zu nutzen. Manchmal, wenn man mit einem unfertigen Drehbuch und zu kurzer Vorbereitungszeit in eine Produktion geht, zwingt einen auch eine solche Situation zu einer sehr beweglichen Arbeitsweise.

 

Flexibilität

Die Dreharbeiten zu „Franta“, nach einer Erzählung von Ernst Weiß, kamen sehr kurzfristig zustande, weil ein anderes Projekt (über die französische Revolution) beim produzierenden Sender (SWR) ausgefallen war. Das Drehbuch war daher noch nicht in einer fertigen Drehfassung. Unter immensem Zeitdruck hat der Regisseur nachts und an freien Tagen die Szenen überarbeitet, Dialoge geändert, neue Szenen erdacht und unter den laufenden Dreharbeiten ständig Neues hinzugefügt. Für das Team und die Darsteller keine einfache Situation, immer wieder kurzfristig umzuplanen, neue Dialoge rasch erlernen zu müssen. Dennoch verdankt der Film viel von seiner stilistischen Dichte dieser Flexibilität. Besonders wichtig war es, auch nach Sichtung der täglichen Filmmuster, an diesen orientiert, tiefgreifende Veränderungen vornehmen zu können. Insbesondere der experimentelle Charakter einer intensiven Farbdramaturgie machte permanente Abstimmung der noch zu drehenden Szenen mit dem bereits abgedrehten Material erforderlich. Bei allen gestalterischen Freiheiten war der Regie jedoch stets die expressive Kraft der Vorlage ("Franta Zlyn") die wichtigste Leitlinie.

 

Filme ohne Drehbuch

Es gibt auch Beispiele, in denen Filme ohne Drehbuch oder ohne Dialoge und nur mit einem Handlungsfaden entstehen, oder in denen die Darsteller ganze Szenen improvisieren. Eric Rohmer erarbeitete diverse Filme sehr eng gemeinsam mit den Darstellern. Jean-Luc Godard hat einige seiner Filme (Nouvelle Vague) mit viel Improvisation gedreht. Doch Vorsicht! Eine solche Arbeitsweise kann sehr mühsam sein und sollte nur von Regisseuren versucht werden, die ihr Handwerk bereits beherrschen. Wenn man ohne Ideen in Dreharbeiten geht, in der Hoffnung, die Sonne und die Darsteller würden ausreichend Inspiration mitbringen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein dröges, uninteressantes Filmwerk zurückbleibt. Derartige Ansätze brauchen ein sehr starkes Konzept, damit der Film nicht in Beliebigkeit versinkt.

 

Von Federico Fellini, dem großen Meister  des italienischen Kinos etwa ist bekannt, dass er häufig die Dialoge erst während des Schnitts entwickelt hat. Er gab den Darstellern nur eine bestimmte Stimmung, Gesichtsausdruck und Handlungsablauf mit auf den Weg und ließ sie vor laufender Kamera zählen. In zahlreichen Szenen zählten die Darsteller wütend, fröhlich, traurig in die Kamera. Später wurden dann die während des Schnitts entwickelten Dialoge nachsynchronisiert. Das wäre nie ohne die sehr konkrete Vorstellungskraft von Fellini möglich gewesen.

 

All dies ist natürlich abhängig vom Vertrauen der Produzenten in das Können der Regisseure. Richtig verstandene Freiheit sollte daher jene sein, sich von dem soliden Fundament eines guten Drehbuchs im Entstehen des Filmes auch teilweise entfernen zu können, um all die positiven Einflüsse im Entstehungsprozess auch in den Film selbst einbringen zu können.

 

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