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Edles Tongerät mit Uhrmacherpräzision

Sie hat viele Ähnlichkeiten mit der Nagra, dabei ist sie viel kleiner und modularer als das Vorbild: die Stellavox

Sie hat viele Ähnlichkeiten mit der Nagra, dabei ist sie viel kleiner und modularer als das Vorbild: die Stellavox.

 

Bis in die 90er Jahre, als praktisch alle Filme am Drehort mit Tonbandgeräten aufgenommen wurden, gab es neben den legendären Nagras noch eine weitere Gerätereihe, die für höchste analoge Aufnahmequalität stand: die Stellavox.

 

Wo die Nagra "Ich nehme auf" (Polnisch) bedeutet, ist die Stellavox die "Sternenstimme". Beide Tonbandgeräte sind für 13cm-Magnetbandspulen in 1/4 Zoll ausgelegt und beide arbeiten selbstverständlich mit Akkus oder Batterien. Wie die Nagra wurde auch die Stellavox in der Schweiz entwickelt und hergestellt, mit dem Unterschied, dass die Stellavox noch ein wenig kompakter und leichter war. Die bekanntesten Modelle waren sicher die SP 7 und die SP 8, wobei letztere für den Stereobetrieb ausgelegt waren. Die Aufnahme- und Wiedergabeköpfe arbeiten mit zwei 2,75mm-Spuren und haben sogenannte "Butterfly-" oder auch Schmetterlingsköpfe. Damit sind sie mit allen "großen" Studiomaschinen kompatibel. Man kann die auf der Stellavox aufgenommenen Bänder also einwandfrei auf einer anderen Maschine abspielen. Trotzdem sollte man, um das letzte Quäntchen Qualität aus den Aufnahmen herauszuholen, die Aufnahmemaschine auch zum Abspielen, etwa zum Eindigitalisieren verwenden.

 

Wer diese kompakten Maschinen einmal in der Hand hatte, kann nur staunen über solch sorgfältige Herstellung und durchdachte Funktionalität. Die Geräte hatten einen Grad an Perfektion erreicht, den wir heute in Zeiten zahlreicher Rückrufaktionen, Nachbesserungen, Updates etc. kaum noch kennen.

 

Meisterliche Fertigung

XLR-Eingänge für die Mikrofone, Tuchel-Buchsen für Line In und Pilotton auf der linken Seite

XLR-Eingänge für die Mikrofone, Tuchel-Buchsen für Line In und Pilotton auf der linken Seite

 

Wer stolzer Besitzer einer Stellavox ist, kann damit auch heute noch einwandfreie professionelle Aufnahmen machen. Besonders stolz war man bei Stellavox auf die Mechanik, mit welcher durch den Wählhebel für die Laufwerksfunktionen (Rückspulen, Play, Text, Aufnahme etc.) zugleich die Fühlhebel der Bandführung und der Capstan betätigt wurden. Viele Baugruppen der Stellavox sind modular aufgebaut, man kann sie einfach von den vergoldeten Steckkontakten abziehen und ggf. austauschen - Features, die man bei der Nagra vermisste. Damit man die genialen Schaltkreise nicht einfach kopieren konnte, waren die Schaltkreise in den Modulen zeitweise sogar in Kunstharz gegossen. Der Kopfträger ist auswechselbar; Stellavox bot diverse unterschiedliche Kopfträger an, mit denen man das gerät sehr schnell für unterschiedlichste Zwecke umrüsten konnte. Die Signalwege in der Stellavox sind, wie auch bei der Nagra, extrem kurz, die Schaltkreise sind diskret (ohne ICs) aufgebaut und die Aufnahmeelektronik befindet sich unmittelbar an den Tonköpfen. Diese Maßnahmen tragen enorm zur Qualität bei.

 

Funktionen

Die kleine und, wie manche meinen, sogar bessere

Die kleine und, wie manche meinen, sogar bessere "Nagra".

 

Die Stellavox besitzt zwei regelbare Mikrofoneingänge (XLR), die mit Tonader- oder Phantomspeisung versorgt werden können, sowie zwei Line-Eingänge (AUX), die ebenfalls zugemischt werden können. Mit Hilfe eines externen, kompakten Mikrofonverstärkers (ALP 8) kann man aus den beiden Line-Eingängen weitere Mikrofoneingänge machen und somit bis zu vier Mikrofone auf den zwei Magnetbandspuren aufnehmen. Auf der Stirnseite befinden sich zwei Pegelregler für die Mikrofoneingänge, die wahlweise mechanisch miteinander verkoppelt werden können. Links davon sind zwei kleinere Regler für die oben erwähnten Line-Eingänge. Wie bei allen professionellen Tonbandgeräten verfügt die Stellavox über einen Lösch-, einen Aufnahme- und einen getrennten Wiedergabekopf. Dies ermöglicht die Hinterbandkontrolle. Um synchron zu Film und Video aufnehmen zu können, verfügt das Gerät auch über Pilotton (Quarz), welcher mit einem eigenen Tonkopf in der Mitte zwischen den Tonspuren aufgenommen wird. Auf der Unterseite des Gerätes kann man die gewünschte Stromversorgung für die Mikrofone einstellen. Wahlschalter erlauben es zudem, verschiedene Geschwindigkeiten zu wählen, wobei 19 der Standard im Filmbereich ist. Mit dem zentralen Schalter rechts auf der Stirnseite kann man alle wesentlichen Funktionen einstellen. Genau wie bei der Nagra kann man über Test und Aufnahme zur Aufnahme mit Pegelautomatik gelangen, eine Funktion, die erfahrene Tonmeister eher vermeiden. Limiter sind da deutlich sinnvoller, weil sie Pumpeffekte vermeiden. Die beiden Pegelmesser links sind auf Knopfdruck beleuchtbar. Wie alle analogen Pegelanzeigen verfügen sie über einen Bereich der über die 0dB-Anzeige hinausgeht.

 

Veraltet und vergessen?

Die beiden Eingangsregler lassen sich mechanisch verkoppeln, wenn man Stereosignale aufzeichnen möchte.

Die beiden Eingangsregler lassen sich mechanisch verkoppeln, wenn man Stereosignale aufzeichnen möchte.

 

Wie alle mechanischen Geräte sind auch diese dem Verschleiß und der Alterung unterworfen. Insbesondere die Laufwerksmechanik oder die Andruckrolle wollen von Zeit zu Zeit gewartet sein. Des weiteren sollte man in dem Gerät möglichst nur eine Bandsorte verwenden, auf welche das Gerät eingemessen sein sollte. Wechselt man die Bandsorte, müssen analoge Bandgeräte mit Messgeräten präzise neu einjustiert werden. Dadurch, dass die Maschinen kleiner und kompakter aufgebaut sind, ist es auch ein wenig schwieriger, in ihrem Inneren Reparaturen vorzunehmen als in einer Nagra. Auch, wenn die Geräte seit den 90er Jahren nicht mehr hergestellt werden, so sind noch fast alle Ersatzteile erhältlich. Und in zahlreichen Kontinenten, wie etwa Indien und Südamerika, wird noch immer mit diesen Geräten gearbeitet - nicht nur im Filmbereich. Nach wie vor klingen analoge Aufnahmen anders, für viele Kenner gar besser als digitale. Zahlreiche Tonmeister bevorzugen es, Streicher, Klavier oder auch Jazzmusik lieber analog aufzunehmen. Und um beim Film mal etwas wirklich "laut" klingen zu lassen, ist die analoge Bandsättigung, das leichte Verzerren beim Übersteuern, nach wie vor optimal.

 

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