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Versuchsreihe

Filmvorführung

Testvorführung

Ist Ihnen das auch schon passiert? Vor einem der großen Kinos der Stadt werden Sie angesprochen und bekommen einen Zettel in die Hand gedrückt: "Freikarte zur Kino-Preview eines neuen Kinofilms vor dem offiziellen Kinostart. Bitte nennen Sie bei der Anmeldung Alter und Geschlecht der Personen, die Sie anmelden." Nach dem Titel des Filmes, den Sie da zu sehen bekommen, fragen Sie vergeblich, denn möglicherweise steht dieser noch gar nicht fest…

Früher kannte man das Verfahren nur in den USA (Recruited Audience Screenings), dort ist es für beinahe jeden Film Standard, doch seit einigen Jahren hat es sich auch in Europa etabliert, die Vorführung von Schnittfassungen oder fertigen Filmen vor einem Testpublikum.

So werden immer häufiger vor Kinos Einladungen verteilt zu irgendwelchen Nachmittags- oder Abendvorstellungen von denen man den Titel nicht kennt und lediglich weiß, dass es sich um irgendeinen neuen, häufig sogar deutschen Film handelt. Die Einladungszettel informieren darüber, wann der Film aufgeführt wird, unter welcher Rufnummer man sich dafür voranmelden kann und dass man sich mit dem kostenlosen Kinobesuch auch zum Ausfüllen eines Fragebogens verpflichtet.

 

Wann und Warum?

Die Gründe solche Testscreenings durchzuführen sind vielfältig. Manchmal wollen sich die Macher über Stärken und Schwächen eines Filmes im Klaren sein und ggf. im Schnitt noch auf die Publikumswünsche reagieren können. Wenn ein solches Testscreening gut organisiert und ausgewertet wird, kann damit die Postproduktion eines Filmes qualitativ enorm verbessert werden. Allerdings sind die Kosten und der Zeitaufwand solcher Tests nicht unerheblich, deshalb werden sie fast ausschließlich für Filme durchgeführt, die ein Massenpublikum erreichen sollen.

Je nach Zweck der Befragung ist auch der richtige Zeitpunkt wichtig. Wenn man noch Veränderungen vornehmen möchte, ist ein Rohschnitt optimal. Allzu roh sollte der Schnitt allerdings nicht sein, Titel müssen nicht zwingend vorhanden sein aber Tricksequenzen oder etwa die Musik sollten mindestens als Layout in geringerer Auflösung bzw. nicht in der Endfassung eingeschnitten sein.

Auf diese Weise wurde etwa der Streifen "7 Zwerge- Männer allein im Wald" (Start:28.10.2004) getestet, ein Versuch, das derzeitige dünne Fernsehunterhaltungsniveau auch auf die Kinoleinwand zu portieren. Es geht das Gerücht, dass bei den Befragungen ausgerechnet der Produzent und gleichzeitig einer der Hauptdarsteller des Filmes, Otto Waalkes nicht wirklich gut abschnitt. Testscreenings können auch schmerzhaft sein.

Oder aber ein Verleiher versucht das Potential des Filmes und das genaue Zielpublikum (Alter, Geschlecht etc.) herausfinden um zu wissen, wie man den Film am Besten herausbringt. Schließlich gibt es nur einen Kinostart, wenn der daneben geht bekommt in der Regel kein Film eine zweite Chance.

 

Dafür kann durchaus ein bereits komplett fertiger Film getestet werden. Wer einschätzen kann, was für ein Potential ein Film beim Publikum hat, kann ziemlich präzise einschätzen, wie viele Kopien des Films bestellt, wie breit die Werbekampagnen gestreut werden müssen. Wer weiß, bei welcher Altersgruppe und welchem Geschlecht der Film am Besten ankommt, kann diese Gruppe bei der Werbung gezielter ansprechen. Dabei hilft es natürlich auch, wenn man erfährt, welche Elemente im Film am Besten angekommen sind, auch darauf kann man dann bei der Werbung abzielen.

 

Testpublikum

Bereits die Auswahl der Zuschauer gehört zu den aufwändigsten Arbeiten bei der Durchführung von Probevorführungen. Diese Aufgabe bindet, um einen repräsentativen Querschnitt im Publikum herbeizuführen, bereits ein kleines Team von mehreren Mitarbeitern für einige Tage. Es geht eben nicht, dass man mal eben all seine Freunde und Bekannten einlädt und nach dem Film in gemütlicher Atmosphäre ein paar Statements einholt. Entscheidend ist ja gerade die Objektivität und die gewünschte Zusammensetzung des Testpublikums. Abgesehen davon verfügt kaum ein Verleih oder Produzent über genügend persönliche Kontakte um mal eben 3-400 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren oder exakt je 200 weibliche und männliche Studenten im Alter zwischen 19 und 25 einzuladen.

 

Auswahl

Dabei achten die Tester (diese Screenings werden oft von PR-Agenturen durchgeführt) sehr genau darauf, wen sie zu den Probevorführungen einladen. So wird bei der Kartenbestellung am Telfon sehr genau nachgefragt, wie alt man ist, welches Geschlecht man hat, ob man Student ist oder berufstätig etc. Es kann auch berücksichtigt werden, ob die Testseher mit dem Genre Erfahrung haben, also ob sie bereits vorher vergleichbare Grusel,- Abenteuer,- Familien,- oder Zeichentrickfilme angeschaut haben.

Nur wenn die Angaben ins gewünschte Bild passen, wird die Karte auch reserviert. Je nachdem, welche Altersstruktur gesucht wird, kann es auch schon mal vorkommen, dass man bei der telefonischen Reservierung keine Karte mehr bekommt, weil bereits zu viele junge (oder ältere) Leute zugesagt haben.

Mitarbeiter aus der Film- und Fernsehbranche sind übrigens zu solchen Screenings nicht zugelassen.

 

Fragebögen

Wer den Testfilm gesehen hat, füllt anschließend den Fragebogen aus. Diese arbeiten mit einer Notenskala von 1 bis 6 sowie freien Feldern für eigene Anmerkungen. Dabei werden üblicherweise Fragen wie folgende gestellt:

 

Wie gut gefällt Ihnen der Titel des Filmes?

Welchen Titel würden Sie dem Film geben?

Wie gefiel Ihnen das Ende des Filmes?

Wie gefielen Ihnen die Hauptfiguren?

Wie sympathisch (wie glaubhaft) fanden Sie die Hauptdarstellerin?

Welche Szenen gefielen Ihnen sehr und welche weniger gut?

Wodurch wurden Sie auf diese Testvorführung aufmerksam?

Was beeinflusst Sie bei der Entscheidung für einen bestimmten Film? Zeitungsberichte, Trailer, Kritiken, Plakatierung oder Freunde?

 

Auswertung

Nur wenn die Fragebögen von erfahrenen Statistikern und Marketingleuten erstellt werden, kann die Auftraggebende Firma auch einen Nutzen aus den gewonnenen Daten ziehen. Selbstverständlich werden all die Erkenntnisse geheim gehalten, schließlich müssen einmal produzierte Filme gestartet werden, selbst wenn die Fragebögen verheerend ausgefallen sind.

Für die Positionierung des Filmes am Markt ist das Genre von Bedeutung. Viele Filme bedienen gleichzeitig unterschiedliche Publikumsinteressen. Ist es eine klassische oder eher eine romantische Komödie, ein Film für alle oder eher ein Frauenfilm. Wenn man die Ankündigungen des Filmes so ausrichten kann, dass die Erwartungen des Publikums optimal bedient werden, ist der Zuschauer auch zufrieden. Nichts ist schlimmer, als ein falsches Versprechen an den Zuschauer.

Zu den gewonnenen Erkenntnissen gehört nicht nur die Bewertung, wie der Film aufgenommen wurde, (Sehr gut, Gut, Mittel oder Schlecht) sondern auch, ob die Testseher den Film ihren Freunden empfehlen würden. Dies gibt Aufschlüsse darüber, wie lange man den Film in den Sälen halten kann. Auch die Information über besonders beliebte Szenen aus dem Film ist hilfreich für die Gestaltung von Kinotrailern oder TV-Spots.

Hinsichtlich der Veränderungsmöglichkeiten in der Postproduktion können Fragen nach der Beliebtheit einzelner Figuren, der Musik oder des Filmendes Informationen zur Optimierung vermitteln.

Wenn Sie also das nächste Mal eine Einladung zu einem Testscreening bekommen, können Sie mit dem guten Gefühl hingehen, die Produzenten oder Verleiher eines neuen Filmes einem bedeutenden, unvorhersehbaren und risikobehafteten Forschungsobjekt näher zu bringen: Ihrem Geschmack.

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