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Stummfilmzeit (Teil 1 - bis 1919)

 

Gerade ohne Ton müssen die Bilder Bände sprechen

Gerade ohne Ton müssen die Bilder Bände sprechen.

 

Der Film war ohne Original- oder Synchronton, deshalb sprechen wir von der Stummfilmzeit. Sie dauerte von 1895 bis 1927. Die Filme liefen allerdings nicht wirklich stumm, insbesondere um die Dunkelheit und das Ungewohnte in den Vorführräumen erträglich zu machen, wurden Musikuntermalungen eingesetzt. Klavier, Kinoorgel, Musiker aller Art gaben den Filmen emotionale Unterstützung. Teilweise gab es auch Erzähler, die das Gesehene kommentierten. Insbesondere in Japan entwickelte sich die Kultur der "Benshi", welche zu zweit die Handlung erklärten und sogar Dialoge nachsprachen. Der Bruder von Akira Kurosawa etwa war ein solcher Kinoerzähler. Nach dem Wegfall seiner Arbeitsmöglichkeiten verfiel er in Depression und nahm sich später das Leben.

 

Anfänge und Filmsprache

Bis zum Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts war die Filmsprache noch spürbar vom großen Vorbild der Bühne geprägt. Die Handlung spielte sich mehrheitlich vor der Kamera ab, es gab auch keine reduzierte Realzeit und Schnitte waren ebenfalls nicht gestalterisch gesetzt. Die Einstellungsgrößen waren distanziert, die Darsteller waren so gut wie immer von Kopf bis Fuß zu sehen, also in Halbtotalen oder Totalen. Auch Kamerabewegungen sind in Ermangelung von Schwenkköpfe, Schienen, Kränen etc. kaum auszumachen. Erste Filme bestehen folgerichtig aus einer kompletten Einstellung. Ab 1903 entstanden mehr und mehr Filme, die aus mehreren Einstellungen entsprachen und die inszenierte Inhalte hatten.

 

Frühe Genres

Der Film zeigte neben dokumentarischen Inhalten wie Krönungen, Miltärparaden oder Weltausstellungen auch Attraktionen von Varietés und Jahrmärkten. Schlangenmenschen, Tänzer, Akrobaten aber auch sportliche Wettkämpfe standen auf dem Programm. Technische Innovationen wie die Eisenbahn oder Automobile wurden ebenfalls zu elementaren Genres.  "The Great Train Robbery", der angeblich erste Western und zugleich Eisenbahnfilm (1903 von Edison produziert) arbeitete bereits mit mehreren Einstellungen, bestand aus 14 Szenen und enthält als Sensation eine Einstellung, in welcher der Gangsterboss in einer Nahaufnahme auf den Zuschauer zielt und schießt. Kennzeichnend für den Film sind lange, feste Einstellungen und wie zu dieser Zeit üblich, eher Halbtotalen. Eine Besonderheit des Films ist auch die Parallelmontage, man sieht sowohl den Bahnbeamten in seinem Büro, als auch parallel die Zugräuber auf ihrer Flucht. Der Film wurde für Edison, den Produzenten des Filmes, sowie seinen Regisseur, Edwin S. Porter, ein großer kommerzieller Erfolg.

 

Georges Méliès gilt als Pionier des Science-Fiction- und Trick-Films. In seinen Filmen, die zumeist in seinem Studio, welches wie eine Bühne aufgebaut war, entstanden, arbeitete er bereits mit Stop-Trick und Mehrfachbelichtungen. Seine 16minütige "Reise zum Mond" (1902) war sehr bühnenhaft, gilt aber als Meilenstein des Trickfilms. Auffällig, dass in diesem Film besonders wichtige Handlungsdetails zweimal gezeigt wurden, wohl um deren Bedeutung zu unterstreichen. Die Möglichkeit, unterschiedliche Geschwindigkeiten zu drehen, das Filmmaterial rückwärts laufen zu lassen, oder der Stopptrick wurden in zahllosen kleinen humoristischen Streifen genutzt.

 

Filmnationen

Was die technische Entwicklung der neuen Technik angeht, waren Amerika, Frankreich, England, Italien, Russland und Deutschland weltweit führend. Sie exportierten ihre Filme in alle Welt. In Italien entstanden gigantische Filme wie "Quo Vadis" oder "Cabiria".

 

Weltweiter Erfolg

Von den Vorführungen in den Metropolen Paris, New York, Wien, London und Berlin verbreitete sich der Film rund um den Erdball. Der Film wurde die wichtigste Unterhaltungsform des angehenden 20. Jahrhunderts. Die Kinosäle wurden immer größer, komfortabler und entwickelten sich zu regelrechten Filmpalästen. Bereits sehr früh kristallisierten sich neue Erzählformen wie das Drama, die Komödie, Serien, aber auch schon Trick- und Animationsfilme heraus.

 

Streit ums Geld

 

Stummfilm Szene

 

Bereits in der Anfangszeit des Films versuchte man, die Erfindung des Films, die nachweislich einer Vielzahl von Menschen zugeschrieben werden muss, zu patentieren. So strengte Edison ab 1897 in vielen Gerichtsverfahren eine Entscheidung zu seinen Gunsten an. Als diese nicht in seinem Sinne ausfiel, gründeten die großen Anbieter (Edison, Biograph, Vitagraph, Essany, Selig, Kalem, Méliès und Pathé) eine Art Kartel, die MPPC (Motion Picture Patents Company). Filmhersteller George Eastman (Gründer von Kodak) lieferte sein Material nur noch an Mitglieder dieses Kartells. Natürlich wehrten sich Produzenten, die nicht zu diesem Kartell gehörten, gegen diese Einschränkungen und gründeten eigene Produktionsfirmen. Allen voran die Firma von Carl Laemmle, "Universal Pictures". Nach etwa 10 Jahren juristischer Auseinandersetzungen wurde die MPPC letztendlich für rechtswidrig erklärt.

 

Langfilme

Während die frühen Filme jeweils recht kurz waren, in der Regel zwischen einer und 10 Minuten, drehte D. W. Griffith mit "The Birth of a Nation" (1915) einen Langfilm. Zugleich gilt er als erster Blockbuster. Mit Produktionskosten von etwas über 100.000 Dollar spielte er über 60 Millionen Dollar ein. Griffith führte, inspiriert durch das Opernglas im Theater, nähere Einstellungen als Bildsprache ein. Die Halbnahe und Nahe wurden als Einstellungsgrößen plötzlich gesellschaftsfähig. Bereits ein Jahr später brachte Griffith den Monumentalfilm "Intolerance" heraus, in einigen Massenszenen waren 16.000 Komparsen im Einsatz, die Griffith von einem Fesselballon aus dirigierte. Die Kulissen, etwa der babylonische Turm, waren 70 Meter hoch. Der Film wurde dennoch ein Flop.

 

Deutschland

Bereits zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts entstanden Filme, die internationale Beachtung fanden und weite Verbreitung im Ausland. "Der Andere" (1913) von Theaterregisseur Max Mack, "Der Student von Prag" (1913) von Stellan Rye und Paul Wegener (gilt vielen als erster Horrorfilm der Welt), "Der Golem" (1915) von Henrik Galeen, "Die Augen der Mumie" (1918) von Ernst Lubitsch.

 

Während des Ersten Weltkriegs wurde der Film in Deutschland eher zu Propagandazwecken genutzt. Die immer beliebter werdenden Wochenschauen sollten die Meinung der eigenen Bevölkerung beeinflussen. Damit und durch die Konzentration aller Kräfte auf die Kriegsindustrie wurde der deutsche Film erst einmal bedeutungslos. Mit zunehmender Ausweitung des Krieges, dem Einsatz von Giftgas an der Front, machte sich insbesondere in Deutschland eine zunehmend depressive Stimmung breit. Die Menschen fühlten sich von der Politik zu einem menschenverachtenden Krieg verleitet.

 

Frankreich

Nach einigen sehr erfolgreichen Jahren mit Großproduktionen wie "Fantomas" oder "Les Miserables" verliert der französische Film an Bedeutung. Dort wie eigentlich in allen am Ersten Weltkrieg beteiligten Nationen außer den USA führte der Krieg zu einem Beinahe-Stillstand der Filmkultur.

 

Amerika

Stummfilm Schauspieler

 

Gleichzeitig hatten die Amerikaner während des Ersten Weltkrieges Ruhe und Zeit, ohne lästige Konkurrenz aus Europa eine Vormachtstellung im Kino aufzubauen. Während in Europa unzählige Menschen auf den Schlachtfeldern ihr Leben verloren, entstanden in Amerika Produktions- und Verleihkonzerne wie "Paramount", "Metro Goldwyn Mayer", "Twentieth Century Fox" und die von Charles Chaplin, Mary Pickford, Douglas Fairbanks und David W. Griffith gegründete "United Artists". Zu den frühen Stars des amerikanischen Kinos gehörte Charles Chaplin, seine traurig-heiteren Komödien "Der Vagabund" (1916), "Gewehr über" (1918) katapultierten ihn schnell in die Riege der bestverdienenden Filmdarsteller seiner Zeit.

 

Edwin S. Porter

 

Zu Teil 2 der Geschichte des Stummfilms

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