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Hätte es im Mittelalter bereits Kameraleute, Tonleute und Regisseur*Innen gegeben,sie hätten sich in Zünften organisiert und feste Regeln für die Ausbildungswege festgeschrieben. Zum Glück sind all die Berufsbilder run um den Film erst Jahrhunderte später erst entstanden... 

 

Regiemeister / Kamerageselle / Tonlehrling ?

Auch wenn hier und da anderes verbreitet wird, viele kreative Filmberufe sind in keiner Weise geschützt,- im Prinzip darf sich Jeder Regisseur*In oder Kamera-frau-mann nennen. Warum ist das so? Manch einer findet es vielleicht seltsam, dass in unserer von Bürokratie nur so überbordenden Zeit viele Filmberufe keinerlei Schutz genießen. Jedes Handwerk, die meisten akademischen Berufe sind mit festen Ausbildungswegen verknüpft, die man schließlich mit einem Gesellenbrief, Meisterbrief, Diplom oder Bachelor abschließt. Diese Regulierungen haben eine lange Tradition, die zurückgeht auf das 12. Jahrhundert. Wie so oft ging es um Ausgrenzen und Einschließen, um den Schutz der eigenen Pfründe.

Das ganze ging aus von den Zünften und Gilden, die mit der Entwicklung in den wachsenden Städten aufkamen und die regelten, wer ein bestimmtes Handwerk innerhalb der Stadtmauern betreiben durfte. Die Zünfte und Gilden besaßen oft eigene Gebäude, in denen sie ihre Versammlungen abhielten. Diese Gebäude nannte man auch "Kammern", ein Begriff, der uns heute bei den Industrie, Handwerks,- und Handelskammern noch immer begegnet.

Die Regelungen waren ziemlich streng, auch der Ausbildungsweg war vorgegeben und umfasste nach erfolgreicher Gesellenprüfung auch die Wanderschaft um andernorts Erfahrungen zu sammeln. Erst danach durfte man eine Meisterprüfung ablegen. Wer nicht Mitglied in der entsprechenden Zunft oder Gilde war, musste sein Gewerbe außerhalb der Stadtmauern betreiben. Diese Regeln wurden verschriftlicht, so beispielsweise in der Handwerksordnung von 1731 und runderneuert 1953 und sind irgendwie bis heute in den Grundzügen gültig. Hätte es im Mittelalter bereits Regisseur*Innen, Kameraleute, Szenenbildner*Innen etc. gegeben, wären diese vermutlich auch in Zünften oder Gilden organisiert gewesen.

Doch so ganz haben die Industrie,- und Handelskammern den Film doch nicht ausgelassen, sie haben zumindest im eher weisungsgebundenen, nicht selbstständig kreativen Bereich den Abschluss als Mediengestalter*In Bild und Ton eingeführt. Dabei handelt es sich um eine klassische meist duale Ausbildung, der Abschluss "Mediengestalter/in Bild und Ton" ist nur in Deutschland verbreitet und bedeutet, dass man mit der Herstellung von audiovisuellen Medieninhalten vertraut ist. Wie bei anderen Ausbildungswegen gibt es etwa in der Mitte der Ausbildungszeit eine Zwischenprüfung und am Ende die Abschlussprüfung.

 

Diplom, Doktor, Bachelor, Master & Co

Abschlüsse bei klassischen Studiengängen wie wir sie heute kennen, gibt es seit 1810, die Humboldt-Universität zu Berlin war federführend bei der Festlegung von Standards für ein "Diplom". Mit der Insustriealisierung entwickelten sich daraus Berufsabschlüsse wie Diplom-Ingenieur etc. Was für klassische Handwerksberufe und akademische Berufsbilder gilt, findet aber keine Entsprechung bei den meisten künstlerischen Berufen.

Es ist nicht überliefert, ob die Universitäten sich schlichtweg weigerten oder ob die Regisseure und Kameraleute es ablehnten, die breite Palette kreativer Ausprägungen durch Regelwerke und Prüfungsvorschriften einengen zu lassen. Auch spielt in diesen Berufsbereichen die individuelle Begabung eine genau so wichtige Rolle wie das Knowhow und die Berufserfahrung. Vielleicht war auch die Zahl der Regisseur*Innen und Kameraleute nie so groß, dass Organisationen sich dafür eingesetzt haben, einen geregelten, standardisierten Ausbildungsweg festzulegen. Dies hätte sicherlich die Individualität und die künstlerische Freiheit eingeschränkt. Künstlerische Fimberufe sind seit jeher eher in der Nähe von Malern, Bildhauern oder Musikern angesiedelt.

Und so kommen denn auch viele Regisseure und Kameraleute aus unterschiedlichsten Zusammenhängen, viele kommen von Filmhochschulen, andere aus benachbarten Studiengängen, manche sind Quereinsteiger, manche Autodidakten. Letztendlich zählt tatsächlich das Produkt, das Werk und weniger bis gar nicht, welche Blätter man in seiner Bewerbungsmappe vorweisen kann. Denn: in diesen Berufsfeldern bewirbt man sich nicht mit Bewerbungsmappen, die Projekte kommen auf andere Weise auf einen zu.

Interessanterweise haben Regisseure und Kameraleute in der frühen Stummfilmzeit in Deutschland häufig Arbeitskittel getragen, was eine gewisse Nähe zu Handwerksberufen signalisiert.

 

Kontrollversuche

Im Nazideutschland (1933-1945) gab es mit der sogenannten Reichsfilmkammer zwar eine Regulierung der Filmberufe, aber nicht im Sinn einer regulierten Ausbildung, sondern idiologisch durch Mitgliedschaft bzw. Ausschluss von der Kammer, was einem Berufsverbot gleichkam. Jüdische Filmschaffende und Kritiker des NS-Regimes wurden aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen, also ein zutiefst menschenverachtender Missbrauch der ursprünglichen Aufgaben und Ziele der mittelalterlichen Kammern.

In der DDR (1949-1989) war der Regieberuf stark reguliert, um die Kontrolle über die kulturelle und ideologische Ausrichtung der Filme sicherzustellen. Wer im DDR Film als Regisseur*In arbeiten wollte, musste an der Deutschen Hochschule für Filmkunst (später Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam Babelsberg) studieren. Neben der Vermittlung von Filmknowhow stand auch eine ideologische sozialistisch geprägte Schulung auf dem Lehrplan. Die Studierenden wurden in der propagandistischen Nutzung des Mediums unterrichtet.

Die Berufsausübung kreativer Filmberufe ist heute frei und nicht staatlich reguliert, es gibt unterschiedliche Ausbildungsgänge und freiwillige Berufsverbände welche die Qualität der jeweiligen Berufsfelder fördern.

 

Ausbildungswege

Heute gibt es für diese Berufe sowohl Studiengänge mit Zertifikat, Diplom oder Bachelor els Abschluss, doch viel wichtiger als diese Dokumente, die man in künstlerischen Zusammenhängen wahrscheinlich nie wieder in seinem Berufsleben brauchen wird, sind tatsächlich die  bisherigen Arbeiten, erhaltene Filmpreise und Filmkritiken, seine Fähigkeit, Projekte zu leiten, kurzum die eigene Filmografie bzw. sein Portfolio.

Man kann es nicht deutlich genug sagen,- die wichtigste Voraussetzung etwa für Regisseur*Innen sind kreative Fähigkeiten und eine ausgeprägtes Begabung für das Geschichtenerzählen. Erfolgreiche Regisseure haben sich durch ihre kreativen Arbeiten und nicht durch formale Bildung ausgezeichnet. Das notwendige Fachwissen kann man sich auch durch Kurse, Seminare und Workshops aneignen, vorausgesetzt, diese taugen auch etwas, was längst nicht immer gegeben ist.

Belege wie Studienbescheinigungen und Urkunden sind allerdings hilfreich, um gegenüber den Behörden, der Rentenversicherungsanstalt, Krankenkasse etc. seinen Status als Studierende-r belegen zu können. Die Sozialabgaben sind niedriger, wenn man einen Studentenstatus hat. Allein schon deshalb ist ein Filmstudium oder eine Medienausbildung trotz allem sinnvoll und wenn man diese an einer guten Filmschule absolviert, wird man vielleicht großartigen Dozent*Innen begegnen und ein erstes Netzwerk in die Branche hinein knüpfen können.

Wegen der zu Recht fehlenden Verordnungen und Richtlinien ist allerdings die Qualität der Ausbildungsstätten ebenfalls höchst unterschiedlich. Staatliche Filmhochschulen sind meistens besser ausgestattet und können ohne den Druck, Gewinne erwirtschaften zu müssen, den private Hochschulen haben, besser auf die Qualität der Studiengänge achten. Andererseits besteht dort leichter die Gefahr der Bürokratisierung.

 

Was zählt

In kreativen Filmberufen wird man genau so viele Filmschaffende, die Filmstudiengänge absolviert haben finden wie solche, die sich das Handwerk durch die Praxis und / oder alternative Lernangebote angeeignet haben. Viele Regisseure und Kameraleute haben nie eine Filmausbildung erhalten, sind Autodidakten, einige von ihnen sind sehr erfolgreich. Quentin Tarantino, Chrsitopher Nolan oder Tom Tykwer zum Beispiel. Und viele kreative Filmschaffende wären wahrscheinlich vor standardisierten Ausbildungen und Prüfungsregularien zurückgeschreckt. Einen spürbaren starken institutionellen Druck, kreativ selbstständige Filmberufe zu regulieren oder zu standardisieren gab es so gut wie nie. Die künstlerische Freiheit wurde zum Glück nicht versucht, in die engen Regelwerke wie es sie im Handwerk oder dem Handel gibt, hinein zu pressen.

Es wäre auch absurd,- denn während es etwa im Handwerk einheitliche Prozesse und Abläufe gibt, die es zu reproduzieren gilt, um gewisse Qualitätsstandards zu erreichen, geht es bei den kreativen Film,- und Medienberufen darum, regelmäßig neue, andere Erzähl,-und Gestaltungsformen zu erproben und die filmischen Ausdrucksmöglichkeiten kontinuierlich zu verändern. Außerdem wachsen die Fähigkeiten vieler Filmschaffender durch kontinuierliches Ausprobieren, durch Talent, eigene Erfahrung und nicht durch das Festhalten an vorkonfektionierten Regelwerken.

Filmteams sind häufig international zusammengesetzt, es wäre unpassend, hier Schranken jeweils länderspezifischer Ausbildungsstandards als Hürde aufzubauen. Zudem ändern sich die technischen und gestalterischen Möglichkeiten beim Film so rasant, dass man diese nicht in feste Prüfungsregularien integrieren könnte. Man kann keinen Kamera-Führerschein als Prüfungsart festlegen, dieser müsste ja permanent neu umgestaltet werden und wäre bei seinem Erscheinen bereits schon wieder überholt.

Dass sich Jeder einfach Regisseur*In, Kamera-frau/mann Ton-frau/mann und vieles mehr nennen darf, auch wenn die Qualifikation nicht allzu hoch ist, stellt für die Branche kein wirkliches Problem dar. Das Qualitätsmanagement in der Kreativbranche funktioniert trotzdem recht überzeugend. Wer sein filmisches Handwerk nicht beherrscht, wird beim nächsten Film mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder beschäftigt. Wer aber gute Arbeiten in seinem Portfolio vorweisen kann und kreativ begabt ist, hat gute Chancen, in der Branche Arbeit zu finden, ganz gleich auf welchem Ausbildungsweg er/sie sich das notwendige Knowhow angeeignet hat.

 

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