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Es gibt doch tatsächlich Leute, sogar in Hochschulen, die meinen, das filmische Handwerk sei total gestrig und absolut überholt, weil es doch so viele Blogger und Youtuber gäbe. Dies sei die Zukunft, um erfolgreich Filme zu machen, Kino sei tot.

 

Nun es gibt sie tatsächlich, Blogger die mit ihren Online-Videos ordentlich Geld verdienen und davon Leben können. Doch wenn man die Zahl derer, für die es sich tatsächlich rechnet, einmal vergleicht mit den unzähligen Menschen, die in den Medien weltweit arbeiten und ihr Geld mit den angeblich so gestrigen Filmen aller Art verdienen, so ist die Zahl der finanziell erfolgreichen Video-Blogger im deutschsprachigen Raum oder "Creators" wie Youtube sie gerne nennt, lächerlich klein.

 

Echte Filme oder massentaugliche Selbstdarstellung

Doch schauen wir uns das Thema einmal genauer an. Sind Videoblogger überhaupt Filmschaffende oder sind sie einfach nur Selbstdarsteller, geschickte PR-Menschen, ja vielleicht sogar Werbetreibende? Erste Aufschlüsse, dass es hier eigentlich gar nicht um Film geht, erlaubt ein Blick in die Blogger-Charts. Der Verdacht liegt nahe, wenn man sich einmal die Themenbereiche ansieht, in denen die erfolgreichsten Video-Blogger sich bewegen. Es sind Schminktipps, Body-Optimizing Tipps, Abnehmtipps, Fittnessvideos, Teenagerthemen, Lifestyle, Sexaufklärung, Basteltipps, Einkaufsberater, Game- und Eventberichte welche die hohen Zugriffszahlen bringen.

 

Und tatsächlich bringen es einige Wenige auf Klickraten, die so hoch sind wie die Eintritte von Kinohits oder die Einschaltquoten bei populären Fernsehformaten. Aber sind das Filme?

 

Zahlenspiele

Diejenigen, die in diesem Bereich erfolgreich werden wollen, müssen permanent neue Bewegtbild-Ware liefern, so etwas macht man nicht mal eben nebenbei. Versuchen tun es Viele, doch nur ganz wenige können tatsächlich von der Beteiligung an den Werbeeinnahmen von Youtube leben. Da braucht man schon mehr als eine Million Abonnenten und muss sich mit Haut und Haaren vermarkten. Genaue Zahlen sind schwer erhältlich, für 1000 Klicks werden ca. 20 bis 30 Euro gezahlt.

 

Wer also eine Million Aufrufe hat, kann theoretisch bis zu 10.000 Euro dafür verdienen, doch mal ehrlich,- wer hat schon so viele Abonnenten? Wer bei Social Media unterwegs ist, kann die eigenen Follower mal als Berechnungsgrundlage hernehmen,- mit ein paar Tausend Abonnenten kommt man da nicht weit und neben dem Lebensunterhalt kosten hochwertigere Videos viel Zeit und auch Geld in der Herstellung.

 

Deshalb werden in vielen Videos auch mit und ohne Kennzeichnung Produkte platziert um Zusatzeinnahmen zu realisieren. Bei diesen Kooperationen fließen, wenn entsprechend viele Klicks erzielt werden, einige Tausend Euro für die Platzierung von Produkten in Videoclips. Für die Werbebranche sind Blogger interessant, schließlich sind sie im gleichen Alter wie die potentiellen Kund-inn-en und sie scheren sich nicht immer um Werberichtlinien wie sie Zeitungen oder Fernsehsender beachten müssen.

 

Keine Zeit für Gestaltung und Handwerk

Viel filmisches Knowhow haben die wenigsten Videoblogger, die meisten von ihnen haben mit Handyfilmen bereits als Jugendliche begonnen aber nie eine fundierte Filmausbildung gemacht. Diese wäre auch Overkill für Schmink,- und Fitnesstipps, dennoch kann man auch solche Clips hochwertiger produzieren. Eine Reihe von Bloggern haben sich in den letzten Jahren wichtige Skills über Kamera, Ton und Licht auch in Movie-College Workshops geholt.

 

Längst haben sich Vermarkter erfolgreicher Youtuber eingeklinkt, die bei den Deals durch Provisionen mit kassieren. Die Agentur Mediakraft Networks etwa, die von einigen Bloggern wie Simon Unge oder Florian Mundt für ihre Geschäftsmethoden stark kritisiert wurde. Sie verließen Mediakraft, ähnlich wie die Bloggerin Nilam Farooq "Daaruum" oder das Comedy-Duo "Space Frogs". Kritik zu äußern, wagen sich ohnehin nur die besonders Erfolgreichen, die aufstrebenden Blogger mit niedrigen Zugriffszahlen lassen sich schneller einschüchtern.

 

Weihrauch in eigener Sache

Damit die Zahlen langsam steigen, muss man ständig in die verschiedenen Services der sozialen Netzwerke posten,- nebenbei versteht sich, neben der Herstellung seiner Videos, neben irgendeinem Nebenjob. Instagram, Facebook, Snapchat, Whatsapp und wie sie alle heißen, wollen permanent bespielt werden.

 

Erfolgreiche Videoblogger sind etwa Bianca Heinicke vom Schmink-Kanal "Bibis Beauty Palace", Dagi Bee  mit ihrem gleichnamigen Kanal, Mohamed Satiane, mit seinen "Momonews", LeFloid oder die Zwillinge Heiko und Roman Lochmann alias "Die Lochis". Das einstmals erfolgreiche Team Y-Titty, die Comedy-Videos und Parodien produzierten, haben aufgehört, über die Gründe wird spekuliert.

 

Ob sie in zehn Jahren auch noch gesehen werden, steht in den Sternen, viele Blogger-Kanäle verglühen wie die Erdtrabanten irgendwann. Wer dann kein zweites Standbein, keinen Beruf hat, gerät schnell ins trudeln. Bloggervideos sind näher an Promotion, an Selbstdarstellung und Videotagebuch dran als an Film, dennoch träumen auch manche Blogger vom Film und einige haben sogar ein Filmstudium begonnen und danach dem Bloggen den Rücken gekehrt.

 

Filmisches Handwerk bleibt auch in Zukunft der weitaus größte Bereich, in dem Kreative ihr Geld verdienen werden. Und wer wirklich weiß, wie Filme gemacht werden, kann selbstverständlich auch jedes Bloggervideo drehen.

 

 

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