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Nahezu kein Action-Film kommt ohne sie aus, sie verkörpern ikonische Leinwandhelden und bescherten dem Kino einige unvergessliche Actionszenen – und doch kennt sie meistens keiner. Die Rede ist von Stuntmännern und Stuntfrauen.

Die Geschichte des Stunts geht weit über die Filmgeschichte hinaus – Artisten und Akrobaten unterhielten in Zirkussen ihr Publikum mit waghalsigen Manövern. Offiziell wurde das Wort „Stunt“ gegen Ende des 19. Jahrhunderts als erste Wild West Shows in den USA und Europa aufkamen, in denen Revolverduelle nachgestellt wurden. Das erste klassische Stuntdouble wird dem 1903 erschienenen Film „The Great Train Robbery“ zugerechnet. Offiziell bezahlt wurde ein Akrobat erstmals für einen Stunt in dem 1908 erschienen Film „Der Graf von Monte Christo“. Mit dem Aufkommen neuer und der technischen Weiterentwicklungen der Medien kam auch vermehrt das Phänomen des „Public Stunt“ auf, bei dem halsbrecherische Wagnisse öffentlichkeitswirksam zur Schau gestellt wurden. Fassadenkletterer und Fallschirmspringer Rodman Law wurde durch seine öffentlichen Auftritte gar schließlich zu einem Film-Stuntperformer.

Während es heutzutage eher selten ist, dass Schauspieler ihre eigenen Stunts performen – am bekanntesten ist hier wahrscheinlich Tom Cruise, dessen atemberaubenden Aktionen längst auch ein wichtiges Marketing-Tool der „Mission Impossible“-Reihe geworden sind – war dies in der frühen Ära Hollywoods oft Gang und Gäbe. Actionlegende Buster Keaton dürfte wohl der bekannteste Vertreter seiner Zunft sein. Der legendäre Komiker, dessen berühmter Vorname angeblich auf einen heil überstandenen Treppensturz zurückgeht, lernte auf Wandershows mit seiner Familie schon früh das komische und auch akrobatische Handwerk zu perfektionieren. Ohne oder nur mit minimaler Sicherung schuf Keaton einige der ikonischsten Kinomomente, die auch heute noch atemberaubend sind – wissend, dass ein Fehler auch schnell das Ableben des Künstlers hätte bedeuten können. Viele dieser frühen Performer hatten allerdings keinen professionellen Hintergrund oder eine ähnliche Ausbildung – sie lernten die Stuntkunst also durch Trial and (painful) Error.

 

 

Die Entwicklung der Stunts ging mit der Entwicklung der Filmlandschaft einher. Während ab den 1910er Jahren die Nachfrage nach Actionfilmen stieg, stieg auch die Nachfrage nach größeren und waghalsigeren Stunts – mit denen zugleich auch neue Genres beziehungsweise deren Evolution einherging. Ein Beispiel findet sich im Western, der in den 1910ern größer und actionreicher wurde. Für viele Rodeoperformer, die nach dem Ende der Miller-Arlington-Show Arbeit suchten, bat sich eine willkommene Chance. Es war der Beginn der „Cowboy professionals“, als der übrigens auch ein junger John Wayne startete – eines der ersten Stuntdouble, die schließlich auch selbst Schauspieler und Hauptdarsteller wurden. Der wohl bekannteste Rodeoheld und Cowboy professional wurde Yakima Canutt, der unter anderem 1939 für John Fords „Stagecoach“ von Pferd zu Pferd sprang. Des Weiteren entwickelte Canutt Hilfsmittel und Techniken, die essenziell zur Sicherheit von Ross und Reiter beitrugen, aber auch neue Stunts ermöglichten. Darunter war auch die sogenannte „The Running W“-Technik, bei der ein Seil zwischen Pferd und Boden gespannt ist. Gallopiert das Pferd los, wird es durch das Seil ruckartig zurückgehalten, wodurch der Stuntman in die Luft katapultiert wird. Da diese Technik meist den Tod eines der Tiere bedeutete, wurde sie verboten. Letztmals fand sie in der irakisch-britischen Co-Produktion „Clash of Loyalties“ von 1983 Verwendung. Die schräge Geschichte des Historienepos verdient wohl einen eigenen Artikel. Canutts Stunts waren wiederum Wegbereiter für zahlreiche weitere ikonische Actionszenen, etwa die Truck-Verfolgungsjagd in Steven Spielbergs „Jäger des Verlorenen Schatzes“ (1980).  

 

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First time Safety first in „Safety Last“

Der erste Film, der mit einem durchdachten Sicherungskonzept arbeitete, war der 1923 erschienen Film „Safety Last“ von und mit Harold Llyod. Darin hängt Lloyd auf der Flucht vor einem Polizisten an dem Uhrzeiger eines Uhrenturms. Zur Absicherung war unter Lloyd ein Gerüst aufgebaut, auf dem Matratzen ausgelegt wurden. Glücklicherweise wurde diese Sicherheitsmaßnahme aber nicht notwendig – denn wie ein Dummytest nach den Dreharbeiten zeigte, hätte sie trotz der Matratzen Lloyds Tod bedeutet. Dieser war zudem durch ein Korsett unter seinem Anzug gesichert, das mit Drähten an der Konstruktion befestigt war. Die Maßnahmen waren dabei aus einer Forderung der Stadt Los Angeles hervorgegangen, die andernfalls die Produktion gestoppt hätte.

 

Martial Arts und Homagen

Lloyd wurde nicht nur zu einem Vorreiter des Sicherheitskonzeptes, sondern auch eine wichtige Inspiration für kommende Stuntmen und ihre Performances. So auch für den jungen Jackie Chan, der das komödiantische Momentum jener Stunts mit präzisem fernöstlichen Martial-Arts vermengte und so einen neuen Typ Hongkong-Film schuf, der gleichermaßen zum Lachen wie auch zum Staunen brachte – und Chan selbst zu einem internationalen Star und Vorbild machte. Häufig finden sich dabei auch direkte Referenzen an die alten Klassiker in Chans Filmen – auf die die Martial-Arts-Größe immer noch einen draufpackte. So hängt Chan in „Canton Godfather“ (1989) ebenfalls an einer Uhr – von der er in die Tiefe stürzt oder bringt in Anlehnung an Keaton die Wand eines ganzen Häuserblocks zu Fall („Rumble in the Bronx“ (1995)). Nicht selten verletzte sich der Schauspieler dabei oder geriet in lebensgefährliche Situationen.

 

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Risky Business

Jeder Stunt ist immer auch mit einem bestimmten Risiko verbunden. In den meisten Fällen laufen Stunts wie geplant oder sind nur mit leichten Blessuren verbunden, aber auch die Liste an Unfällen ist lang. In den Jackie Chan Filmen können sie sogar im Abspann verfolgt werden. Chan musste dabei oft auf die Zähne beißen. Der oben erwähnte „Rumble in the Bronx“ warb sogar mit seinen zahlreichen Verletzungen. In selbigem Film brach sich Chan bei einem Stunt den Fuß – trotz der schwerwiegenden Einschränkung, die die gesamte Produktion überdauerte, drehte Chan weiter. Tom Cruise verletzte sich ähnlich bei einem Stunt in „Mission Impossible: Fallout“ (2018). Bei einem Sprung über ein Gebäudedach brach sich Cruise ebenfalls den Fuß, sein anschließendes Humpeln aus dem Bild ist im Film geblieben.

 

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Es ist nicht der einzige Unfall, der es in den fertigen Film geschafft hat. In „Mad Max 2“ (1981) stürzte Stuntman Guy Norris spektakulär (und so gar nicht geplant), als er aus seinem Auto geschleudert wurde, über eine Klippe stürzte und sich den Oberschenkel brach. In dem B-Film „The Order of the Black Eagle“ (1987) flog Stuntman Steve Winegard bei einer Action-Szene über ein Zelt in den Bildvordergrund, durch den im selben Moment ein Quad fährt. Da Winegard bei seinem Sturz hängen blieb, landete er nicht wie geplant und das Quad fuhr über seinen Kopf. Winegard hatte Glück und überlebte, erholte sich sogar recht schnell. Doch nicht immer gehen solche Unfälle glimpflich aus. Stuntfrau Olivia Jackson verlor in Folge eines Motorradstunts am Set von „Resident Evil: The Final Chapter“ (2016) einen Arm als sie mit einem Kamerakran kollidierte. Auch Todesfälle kamen bereits an mehreren Filmsets vor. Pilot Arty Scholl starb bei dem Dreh von „Top Gun“ (1985) als er bei Flugaufnahmen mit technischen Problemen zu kämpfen hatte und abstürzte. Chris Lamon verlor bei einem Autostunt am Set von „Exit Wounds“ (2000) den Halt und krachte auf den Asphalt. Brandon Lee starb am Set von „The Crow“ (1993) als eine Platzpatrone versehentlich eine echte Kugel, die im Lauf der gleichen Waffe steckengeblieben war, verschoss und Lee tödlich traf.

 

Endlich Anerkennung

Schon seit geraumer Zeit wurde gefordert, auch Stunts bei den Oscars als offizielle Kategorie einzuführen – auch die „Ein Colt für alle Fälle“- Verfilmung „The Fall Guy" (2024) (von Ex-Stuntman David Leitch inszeniert) machte sich dafür stark. Bislang wurden Oscars an Stuntmen nur als Lebenswerk-Oscars vergeben, die unter anderem Yakima Canutt und Jackie Chan erhielten. 2026 sollen dann erstmals auch die Menschen bedacht werden, die für die großen Namen ihren Kopf hinhalten.

 

Filmliste

  • „The Great Train Robbery“ (1903) USA, Regie: Edwin S. Porter 
  • „Der Graf von Monte Christo" (1908) USA, Regie: Tom Persons, Francis Boggs
  • „Safety Last“ (1923) USA, Regie: Harold Lloyd
  • „Stagecoach“ (1939) USA, Regie: John Ford
  • „Mad Max 2“ (1981) AUS, Regie: George Miller
  • „Top Gun“ (1985) USA, Regie: Tony Scott
  • „The Order of the Black Eagle“ (1987), USA, Regie: Worth Keeter
  • „Canton Godfather“ (1989) HK, Regie: Jackie Chan
  • „The Crow“ (1993) USA, Regie: Alex Proyas
  • „Rumble in the Bronx“ (1995) HK, Regie: Stanley Tong
  • „Exit Wounds“ (2000) USA, Regie: Andrzej Bartkowiak
  • „Resident Evil: The Final Chapter“ (2016) USA, Regie: Paul W. S. Anderson
  • „Mission Impossible: Fallout“ (2018) USA, Regie: Christopher McQuarrie
  • „The Fall Guy" (2024) USA, Regie: David Leitch

 

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