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Speed

Daten

 

Speed - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

D 2012, 95 Min.

REGIE: Florian Opitz
DREHBUCH: Florian Opitz
KAMERA: Andy Lehmann
DARSTELLER: Florian Opitz, Prof. Dr. Lothar Seiwert, Prof. Dr. Hartmut Rosa, Dr. Bernd Sprenger, Alex Rühle, Prof. Dr. Karlheinz Geißler, Dr. Antonella Mei-Pochler

 

 Links zum Film

Offizielle Website

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Regie: Florian Opitz

 

Kinostart: 27. September 2012

 

Wenn man der Werbung glaubt, müssten wir alle Zeit der Welt haben: Schnellere Autos helfen uns früher zu Hause oder in der Arbeit zu sein, modernere Handys machen das Abwickeln jedweder Kommunikation einfacher, mit schnellerem Internet können Probleme schneller gelöst werden, alles kann noch besser, höher, weiter. Wir können noch besser, höher, weiter. Oder etwa doch nicht? Kommen wir nicht doch immer noch dauernd zu spät irgendwohin? Sagen wir Verabredungen nicht doch immer noch genauso häufig ab wie früher? Oder sogar noch öfter? Wo bleibt sie denn, die ganze durch technischen Fortschritt gesparte Zeit? Mit dieser Frage beschäftigt Autor und Regisseur Florian Opitz sich in seiner neuen Dokumentation „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit".

Der Film besteht aus drei Teilen in denen Opitz sich zuerst bewusst wird, dass er ein klares Zeitmanagementproblem hat, dann den Gründen für die immer größere Beschleunigung unseres Lebens nachspürt und schließlich Menschen aufsucht, die aus dem Hamsterrad der ständigen gesellschaftlichen Beschleunigung ausgestiegen sind. Unter seinen Gesprächspartnern finden sich namenhafte Persönlichkeiten wie der Soziologe und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hartmut Rosa oder Rudolf Wötzel, ehemals Lehman Brothers – Manager. Leider wirken zwei oder drei der Interviewpartner aber auch richtiggehend unsympathisch in ihrem Verhalten vor der Kamera und man fragt sich, weshalb der Regisseur solchen Leuten überhaupt sowohl seine Lebens- als auch Filmzeit schenkt. Das größte Problem aber mit „Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" ist, dass er die Konsequenzen, welche eine Entschleunigung unserer Gesellschaft hätte, scheut. So wird im Film von den Interviewpartnern gleich mehrfach angeschnitten, dass die Möglichkeit wieder zur Ruhe zu kommen in unserem System nur durch eine Reduktion der überflüssigen Angebotsvielfalt, die unsere Aufmerksamkeit teilt und uns Entscheidungen schwer macht, sprich in einer Reduktion des maximal erreichbaren Luxus besteht. Von dieser eigentlich schlüssigen Idee will der Regisseur aber scheinbar nicht so recht etwas wissen. Prof. Dr. Hartmut Rosa schlägt gar ein Gesellschaftsmodell abseits des momentan praktizierten Kapitalismus vor, der den Menschen allein über Leistung definiert und somit einen Teufelskreis in Gang setzt, in dem wir immer mehr leisten müssen, um noch wettbewerbsfähig zu sein. Aber auch diese eigentlich schon revolutionäre Idee, verfolgt Opitz trotz ihres Potentials zur gesuchten Lösung des Problems der Highspeed-Gesellschaft nicht weiter. Opitz verpasst es an gleich mehreren Stellen, eigentlich interessante Aussagen seiner Gesprächspartner aufzugreifen, weiterzuentwickeln und seine Dokumentation diesen neuen Erkenntnissen anzupassen. Hinzu kommt, dass Florian Opitz vor der Kamera keine besonders gute Figur macht. Er selbst meint, vor der Kamera zu stehen, sei für ihn ein großer Stress gewesen. Das merkt man ihm dann auch an: Die Interviewfragen an sein jeweiliges Gegenüber sind oftmals wenig tiefschürfend und um zu wissen, dass Selbstsicherheit vor der Linse anders aussieht, muss man ebenfalls keinen Michael Moore – Film gesehen haben. Von all dem einmal abgesehen ist der Film auch technisch keine Meisterleistung. Das Bild rauscht an einigen Stellen viel zu stark, ein gut an den Originalton angepasstes Voice-Over sieht ebenfalls anders aus und zumindest Aufnahmen aus fahrenden Zügen hätte man mit einer deutlich weniger für den Rolling-Shutter-Effekt anfälligen Kamera drehen können.

Am Ende reißt Opitz doch noch einmal kurz das Thema des bedingungslosen Grundeinkommens als eine mögliche Lösung für das Geschwindigkeitsproblem der westlichen Gesellschaft an. Doch dafür bleiben dann nur noch wenige Minuten bevor der Regisseur sich abschließend in die bekannten Allgemeinplätze des reduzierten Internet- und Handykonsums ergeht, die nie eine Lösung sein können, da sie lediglich die Symptome eines Problems sind, das zu beheben eigentlich ein gesellschaftliches Umdenken erfordert.

Fazit: Wer sich schon damit beruhigen kann in einem sozialen Missstand nicht der einzige zu sein und sich gerne Binsenweisheiten als gut recherchierte Problemlösungen andrehen lässt, ist mit diesem Film sicher gut beraten. Für alle anderen empfiehlt es sich eher, Opitz' Interviewpartner persönlich zu kontaktieren und die wirklich relevanten Fragen zu stellen.

 

Gesehen von Jannis Brunner

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