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Der Brief für den König

 

Der Brief für den König

Daten

Der Brief für den König

107 Min., Kinderbuchverfilmung Niederlande, D 2008

REGIE: Pieter Verhoeff
DREHBUCH: Marten Lebens, Pieter Verhoef, Vorlage: Tonke Dragt
KAMERA: Jules van den Steenhoven
MUSIK: Paul M. van Brugge

DARSTELLER: Yannick van de Velde, Quinten Schram, Uwe Ochsenknecht, Hanna Schwamborn, Rüdiger Vogler, Lars Rudolph

 

Regie: Pieter Verhoeff

Kinostart: 13. November 2008

Der junge Tiuri soll zum Ritter geschlagen werden. Er hat alle Prüfungen bestanden, abgesehen von einer einzigen, die noch vor ihm liegt: Eine Nacht lang muß er mit einigen anderen Knappen in einer Kapelle ausharren, ohne zu sprechen und ohne die Tür zu öffnen, was auch immer geschieht. Als jedoch ein drängendes Klopfen an der Tür erklingt und flehende Rufe an Tiuris Ohren dringen, gibt der Junge der Neugier und seinem Mitgefühl nach, bricht die Regeln der Nacht und fällt kopfüber in ein kindgerechtes, keineswegs langweiliges, aber nie unvorhersehbares Abenteuer.

Von einer Gestalt, von der man nicht so recht weiß, ob sie gleich sterben wird oder nicht, bekommt Tiuri einen zweifach versiegelten Brief, den er einem fremden Ritter bringen soll. Tiuri gibt der Bitte des Mannes nach, nimmt dessen Pferd und macht sich auf zu jenem Ort, an dem er den Ritter treffen soll. Als er dort ankommt, liegt dieser aber ziemlich eindeutig im Sterben. Er gibt Tiuri einen Ring und sein Pferd und trägt ihm auf, den Brief in das Königreich Unauwen zu bringen.
So bricht Tiuri auf, bleibt aber nicht zu lange ungestört. Sogenannte rote Reiter aus einem anderen Königreich verfolgen ihn und wollen ihn töten, da sie nicht viel davon halten, dass der Brief tatsächlich das entsprechende Königreich erreicht. In deren Begleitung taucht Mal für Mal ein geheimnisvoller Reiter mit einem großen Hut und einem dunklen Mantel auf und man ahnt, dass dies Tiuris letztendlicher Feind sein wird. Allerdings gelingt es dem Jungen immer wieder, seinen Jägern zu entkommen. Bildlich wenig beeindruckend reitet er durch kahle, graue Wälder, wird gefangengenommen, verliebt sich in die Tochter eines Adligen, der, wie sich schließlich herausstellt, jedoch auf seiner Seite steht. Nach einigen Missverständnissen gewinnt Tiuri einige befreundete Ritter als Begleiter, die ihn bis zu den Bergen bringen, die ihn von seinem Ziel trennen. Hier muß er einen Einsiedler finden, der als Einziger den Weg über die Berge kennt. Nach einigen Hindernissen gelingt Tiuri dies auch und erfährt, als er sich schließlich in Sicherheit befindet, einiges mehr über seine Aufgabe. Mit dem Ring des Ritters offenbart er sich als Freund und überquert mit der Hilfe des Gesellen des Einsiedlers die Berge.

Der Film ist für Menschen, die älter sind als zehn Jahre, nicht unbedingt zu empfehlen. Tiuris Feinde erscheinen alle, auch der geheimnisvolle Fremde, äußerst unfähig, was die Geschichte nicht gerade glaubwürdig erscheinen läßt. In einer Szene trifft der Junge in einem Wald auf eine Horde ziemlich zerflederter, mißgelaunter Räuber, die ihm seinen Ring wegnehmen wollen, den Tiuri jedoch unbedingt behalten will. So stellen ihn die Räuber drohend vor die Wahl, ihnen entweder sein Pferd oder den Ring zu geben. Als Tiuri ihnen das Pferd überlässt, lassen ihn die Räuber laufen, obwohl sie nichts hätte daran hindern können, einfach alles zu nehmen.

Ebenso furchterregend muten die roten Ritter an, die sich als eindeutig falsche Wahl erweisen, um den ahnungslosen Tiuri zu fangen. Auch ihr Anführer scheint nicht der Klügste zu sein, was nicht nur an seiner hohen Stimme liegt. Am Ende lauert er Tiuri an eben jenem Ort auf, an dem der Junge die besten Chancen hat, ihm zu entkommen: Inmitten der Burgmauern der Stadt des Königs, in unmittelbarer Nähe der Stadtwachen versucht er schließlich, Tiuri zu töten und ihm den Brief wegzunehmen. Das klappt natürlich nicht und nachdem mit Hilfe des Briefinhaltes eine gefährliche Verschwörung aufgedeckt wurde, nimmt alles ein gutes Ende.

Begeistern tut der Film kaum. Ein wenig erscheint er, als sei er vor vielen, vielen Jahren mit wenig Gespür für eine märchenhafte Welt gedreht worden. Die Geschichte beginnt mit Bildern, die sehr an die schottischen oder walisischen Berge erinnern. Doch dann taucht diese Landschaft nicht mehr auf. Stattdessen reitet und läuft und klettert Tiuri durch eine eher mitteleuropäische Gegend mit Wäldern, Wiesen und einem schneebedeckten Gebirge. Dabei wurde diese Landschaft jedoch nicht mit besonders viel Liebe gefilmt, sondern erscheint eher als Spiegel für Tiuris einsame, trübe Situation. Immer wieder verschlägt es Tiuri in verschiedene Städte und Burgen, die alle entweder wie für den Film aufbereitete Ruinen oder mittelalterlich anmutende Orte wirken, durch die kostümierte Menschen laufen. Man sieht die jeweiligen Ausschnitte, besonders jene der Städte, nur kurz und ohne eine größere Bewegung der Kamera, was sofort das Gefühl einer gewissen Starre und Eingeengtheit erzeugt. Man ahnt förmlich irgendeinen Strommasten, ein neues Gebäude oder eine Telephonzelle, die sich gleich neben dem Bildausschnitt befindet.

So fällt es etwas schwer, die erschaffene Welt als fiktional und märchenhaft anzusehen. Die Kostüme verstärken diesen Eindruck, da sie nichts tatsächlich märchenhaftes besitzen, sondern eher einer Zeit irgendwann zwischen Mittelalter und Renaissance entsprungen scheinen.

Letzten Endes bietet der Film dem Zuschauer eine sonderbare Mischung, in der nichts so recht zusammenpassen möchte. Das Aussehen von Tiuris Vater mit seinem edlen Gesicht erinnert sehr an die Ivanhoe-Verfilmungen, die Kostüme eher an die tschechische Serie „Die Märchenbraut". Die Berglandschaften zu Beginn und Namen wie Unauwen (das eine Königreich) tragen in sich eher keltische Assoziationen, der Name „Dagonaut" (das andere Königreich) schwebt irgendwo zwischen dem „Herr der Ringe" und „Star Wars". Der Einsiedler wiederum heißt Menaures, was ein wenig an griechische Sagen erinnert, der Bösewicht Slupor scheint irgendeinem Comic entsprungen. Die Städte und Brücken und Burgen entstammen dagegen eindeutig dem europäischen Mittelalter.

Alles in allem ist so ein sehr freundlicher und bunt zusammengewürfelter Kinderfilm entstanden, den man nicht sehr ernst nehmen kann. Dass dies jedoch auch nicht der Anspruch des Filmes zu sein scheint, macht ihn beinahe sympathisch, gerade wegen seiner altmodischen und etwas altbackenen, braven Art.

 

Gesehen von Paul Mittelsdorf

 

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