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2 Tage Paris

Daten

96 Min., USA 2007

REGIE: Julie Delpy
DREHBUCH: Julie Delpy
KAMERA: Lubomir Bachev
SCHNITT: Julie Delpy
MUSIK: Julie Delpy
DARSTELLER: Julie Delpy, Adam Goldberg, Daniel Brühl

 

Regie: Julie Delpy

 

Filmstart: 17. Mai 2007

 

Ein Pärchen fährt nach einem Venedig-Urlaub auf dem Heimweg nach Amerika noch kurz bei ihren Eltern in Paris vorbei. Sie ist eine aus dem „Kulturraum Europa" stammende Pariserin und er ein kulturbanausiger Hinterwäldler aus Amerika. Es kommt natürlich bei dem Besuch zu dem unvermeindlichen „Clash of Cultures", der sich unter anderem so äußert, dass ihr Vater mit dem „Kulturbanausen" einen Frage-Antwort-Test macht, wie in einer dieser Häppchenwissenssendungen.

Es folgen weiterer solcher Szenen, in denen die angeblichen Verschrobenheiten von Europäern dargestellt werden sollen, die dem glattgebügelten Amerikaner natürlich vollkommen fremd sind.

Dieser Film ist klischeeüberbordend und hoffnungslos prätentiös. Julie Delpy will (vermutlich) den Kontrast zwischen der "alten" und "neuen" Welt zeigen, wobei sie in ihren eigenen Klischees hängen bleibt. Die Idee, dem Prärie-Vorstadt-Cowboy mal unser krass intellektuelles und zivilisiertes Europa zu zeigen und ihn von unseren viel wahreren Werten als den seinen zu überzeugen, birgt eine gewisse Infantilität.

Der Zuschauer hat keine Chance in die Geschichte einzutauchen. Die Figuren bleiben flach durch die ständige Zerstörung der Szenen unter Hilfenahme billigster Spannungsbögen. Ständig tauchen ihre Ex-Lover auf, mit denen sie sich natürlich streiten muss, denn das ist nun mal so in Europa. Laufend wird in dieses Redeschwall-Duell auf so unglaublich subtile Weise von den kleinen Dingen immer auf die großen Probleme der Welt geschlossen. Das soll (vermutlich) dem ganzen Gerede etwas Tiefe geben, was ordentlich misslingt, da diese Aussagen genauso oberflächlich sind, wie der Rest auch.

Es vergehen auf diese Weise 90 Minuten. Keine Handlung, keine Abstraktion, keine Metaebenen. Auch der Wortwitz bleibt flach, die Pointen unscharf und lahm. Wenn es denn wenigstens blockbuster-mäßige Special-Effects, oder schöne Bilder gäbe. Auch den dokumentarischen Stil, den es durch diese Machart in "Echtzeit" geben könnte, wird nicht erreicht (war wohl auch nicht angestrebt). Alles sucht man vergebens, nach allem sehnt man sich, um erlöst zu werden.

Einen Moment gibt es doch, wo der Zuschauer aus dem Halbschlaf aufschreckt, als nämlich nach vielleicht 75 Minuten wie aus dem Nichts Daniel Brühl auftaucht. Sein Cameo-Auftritt ist wahrlich gänzlich unverständlich. Er erzählt dem Protagonisten was von einer Fee, die er sei und legt dann auf der Toilette einer Burgerkette Feuer. Danach ist er wieder verschwunden. Diese Szene ist somit der Höhepunkt einer an Sinnfreiheit kaum zu übertreffenden Aneinanderreihung von Ereignissen, die jegliche Entwicklung der Geschichte und der Charaktere vermissen lassen.

Ach, Moment, da ist dann doch noch was passiert. Am Ende will sie sich von ihm trennen und fängt an, krass tiefenpsychologisch zu monologisieren, während die Kamera an ihren - mit einem Mal - ernsten Gesichtern klebt.

Der Film endet mit Elfmeterschiessen: erst die düsteren Worte, dann aber gerade noch kurz vor Schluss des Monolog-Redeschwalls gelingt es ihr, das Ruder herumzureißen und gnadenlos die Wahrheiten herauszuhauen, indem sie glücklicherweise die Überzeugung erlangt: Lieber einen Partner, der einen ständig anniest, als janz alleene sein. – Wow, das ist tatsächlich mal eine ganz neue Perspektive auf diesen Sachverhalt! Bei so viel schonungsloser innerer Wahrheit wird einem ganz schwindelig. Aber wir haben als Zuschauer richtig Glück, dass uns Julie Delpy in dieser schmerzenden Offenbarung nicht alleine lässt, sondern der "Handlung" eine gute Wendung gibt und wir somit, denkt Julie Delpy (vermutlich), beruhigt nach Hause gehen können.
Nein - Beruhigung stellt sich nicht ein.

 

gesehen von Johannes von Alten

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