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Nacht in der Natur

François Truffaut hat einen wunderbaren Film nach ihr benannt, der „amerikanischen Nacht“. Sie ist die Low-Budget-Lösung für Nachtaufnahmen mit wenig oder gar keinen Scheinwerfern, eine der wenigen akzeptablen Möglichkeiten, Nacht in der Natur zu vermitteln.

 

Stadtlichter

Die Betonung liegt auf Natur, denn mitten in der City mit den vielen beleuchteten Schaufenstern, Autoscheinwerfern und Laternen ist es heute keine Problem mehr, Nachts zu drehen. Die Filmmaterialien und Videokameras sind empfindlich genug, im Notfall sogar ohne zusätzliches Licht zu drehen.

 

Helmut Griem in 'Endloser Abschied'

Helmut Griem in 'Endloser Abschied'

 

Schwierig wird es in der Natur. Im Wald, auf der Lichtung, am Strand oder einfach nur der dunklen Vorstadtsiedlung.

 

Wer viel Geld zur Verfügung hat, kann seine Nachtaufnahmen in der Natur auch im Dunkeln drehen. Um etwa eine Mondnacht in der freien Natur ordentlich zu beleuchten, hängt man eine 12 KW oder 18 KW HMI an einen Kran und lässt das Licht von hoch oben kommen. Dreht man an wenig beleuchteten Plätzen in der Stadt, kann man sich den Kran sparen und von einem hohen Gebäude aus das Licht nach unten werfen.

 

Day for Night

Jan Kurbjuweit in 'Franta'

Jan Kurbjuweit in 'Franta'

 

Day for Night wurde vor allem in den amerikanischen Western die Standardlösung für nächtliche Lager, Überfälle oder was auch immer den Siedlern, Cowboys oder Indianern bei Nacht so wiederfuhr. Da man für die Arbeit an den Szenen ganze Tage benötigte, musste bei vollem Sonnenlicht gedreht werden. Obwohl diese Western-Nächte doch oft recht merkwürdig aussahen, haben die Zuschauer sie akzeptiert.

 

Eleganter ist es, Dawn for Night zu drehen. Man nutzt das reduzierte Licht bei Sonnenauf- oder Untergang als Grundlicht und dreht in Schattenbereichen. Nachteil: Die nutzbare Drehzeit ist relativ kurz. Für lange, aufwändige Szenen daher ungeeignet. Die Farbtemperatur ist relativ hoch, das Licht wirkt leicht bläulich. Vorzugsweise sollte man auf empfindlicherem Material drehen, 500 oder 800 ASA sind ideal. Als Führungslicht setzt man zusätzlich möglichst weiches Licht in ähnlicher Farbtemperatur ein (HMI oder Halogen mit Blaufolie).

 

Lichtinseln, Schatten und Kontraste

Ben Hecker und Jan Kurbjuweit in 'Franta

Ben Hecker und Jan Kurbjuweit in 'Franta

 

Ausnahmsweise sollte auch das Führungslicht nicht so nah bei der Kamera stehen, sondern eher seitlich oder von hinten auf die Darsteller fallen. Das erzeugt schöne kontrastreiche Schatten. Manchmal kann man diesen Effekt auch durch Spiegel erzeugen. Ein Reflektor aus der Gegenrichtung kann in manchen Fällen mit dem gleichen Licht auch die Aufhellung für das Gesicht erzeugen.

 

Wenn möglich sollten auch weitere Anzeichen für "Nacht" im Bild sein: Beleuchtete Fenster oder Licht von Straßenlampen etc. Wer wenige, schwächere Scheinwerfer zur Verfügung hat, sollte Licht aus mehreren Fenstern oder Quellen nutzen, um Lichtinseln für die Darsteller zu erzeugen.

 

Auch Lagerfeuer, Fackeln oder Kerzen eignen sich als Lichterklärung gut. Einige winzige, entferntere Lichtquellen im Hintergrund geben dem Bild räumliche Tiefe.

 

Grundregeln:

Nie den Himmel im Bild zeigen! Wenn es absolut unvermeidbar ist, dann den Himmel mit Grau-Verlauf Filter oder Polfilter abdunkeln. Im Beispielfoto sieht man deutlich, wie der Himmel hinter den Bäumen die Tagsituation verrät. Wäre der Hintergrund dunkel wie die Bäume, könnte man eine Nachtsituation daraus machen.

 

Nie Wasserflächen im Bild zeigen. Sie spiegeln den Himmel und verraten damit den Trick.

 

Damit der Tag oder die Dämmerung wie Nacht aussieht, sollte man ein wenig unterbelichten. Aber Vorsicht, nicht übertreiben. Man kann in der Farbkorrektur alles dunkler machen, aber wenn es zu sehr unterbelichtet ist, lässt es sich nicht mehr retten. Wichtig ist, nicht das ganze Bild, sondern einzelne Bereiche in die Unterbelichtung fallen zu lassen. Man darf dunkle Stellen ruhig 2 bis 3 Blenden unterbelichten und auch Silhouetten, Schatten und Dunkelheit zulassen. Dafür müssen aber andere bildwichtige Bereiche (Darsteller) vernünftig belichtet bleiben, das heißt maximal 1 Blende unterbelichtet.

 

Totalen sollten etwa eine halbe Blende stärker unterbelichtet werden als Nahaufnahmen.

Für den Nachteffekt ist geringe Schärfentiefe hilfreich wenn nicht sogar unumgänglich. Also falls die gemessene Blende klein ist, lieber ein paar ND-Filter (Graufilter) vor die Linse und mit größerer, wenn möglich sogar offener Blende drehen!

 

Film eignet sich eindeutig besser für diese Effekte als Video.

Farbigkeit steuern. Da gibt es unterschiedliche Philosophien. Manche Kameraleute arbeiten mit Blaustich. Diesen erreicht man, indem man Tageslicht auf Kunstlichtfilm dreht und keinen Konversionsfilter verwendet. Andere als Lichtquelle erkennbare Lampen haben dagegen eher wärmere Farbtemperatur. Andere Kameraleute versuchen, die Farben stark zu entsättigen, so wie das menschliche Auge auch bei zunehmender Dunkelheit immer weniger Farben erkennen kann.

 

Testen und Kontrollieren

All diese Dinge sollte man auf jeden Fall vorher testen, bevor man mit großem Aufwand, Team und Darstellern größere Enttäuschungen riskiert. Ein Fotoapparat genügt völlig, man braucht dafür nur ein vergleichbares Aufnahmematerial.

 

Wenn Sie die Fotos dann entwickeln lassen, kann Ihnen passieren, was auch beim Fernsehen immer wieder geschieht: Irgend jemand korrigiert die Abzüge so hell, das von dem schönen Nachteffekt nichts mehr übrigbleibt. Dieser Effekt wird leider manchmal ungewollt in der Farbkorrektur für die Fernsehausstrahlung von Filmen erreicht. Also bei der Farbkorrektur unbedingt dabei sein!

 

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