Bonjour Sagan
Daten |
Bonjour Sagan REGIE: Diane Kurys DARSTELLER: Sylvie Testud, Pierre Palmade, Lionel Abelanski, Jeanne Balibar, Arielle Dombasle, Denis Podalydès |
Regie: Diane Kurys
Kinostart: 1. Januar 2009
Der erste Roman, den Francoise Sagan geschrieben hat, ist auch ihr weltweit Bekanntester – „Bonjour Tristesse". Francoise war damals 18 Jahre alt und wurde mit einem Schlag berühmt und da sie nicht wusste was sie mit dem ganzen Geld anfangen sollte, verschleuderte Sie es mit ihren Freunden im Namen der Lebensfreude und des Exzesses.
Francoise Sagan war eigenwillig, unangepasst und lebte intensiv. Sie amüsierte sich mit Männern und Frauen und genoss maßlos Drogen, Alkohol und Zigaretten. So wurden Chancen vergeudet oder auch durch Drogen vernebelt nicht wahrgenommen.
Nachdem die Autorin 2004 im Alter von 69 Jahren gestorben ist, erwacht das Interesse an der lebenshungrigen Frau erneut und Regisseurin Diane Kurys hat die Lebensgeschichte von Francoise Quoirez (Sagan war ihr Pseudonym) verfilmt. Francoise, fesselnd gespielt von Sylvie Testud, eröffnet den Film wie einen Wirbelsturm, so voller Leben steckt diese junge Frau. Man kann erahnen, dass Francoise raumeinnehmend gewesen sein muss. Frech verkündet sie jedem der sie zu Wort kommen lässt, dass sie ihre eigenen Regeln hat und nicht gewillt ist die Regeln der Gesellschaft anzunehmen. Bald lernt sie Freunde kennen, die ihre Lebensfreude teilen und wie sie sagt ihre „zufällige" Familie werden.
Nach einem Autounfall bei dem sie fast ums Leben gekommen wäre, zu einem Zeitpunkt wo ihr alle Wege offen standen, heiratet sie Guy Schöller. Die Ehe endet schnell und lässt Francoise erfahren was es bedeutet wenn die eigene Liebe nicht erwidert wird. Nun stürzt sie sich um so mehr in ein schrankenloses Leben und betäubt sich mit falschen Freunden und Freuden. Selbst die Zeugung ihres Sohnes dient dem Zweck die entstandene Leere zu füllen und ihrem Leben einen Sinn zu geben.
Regisseurin Diane Kurys idealisiert Francoise Sagan nicht. Sie zeigt sie als lebensfrohen, freidenkenden Menschen der aber auch zu Egoismus und Pflichtvergessenheit neigte. So wird das Portrait einer starken Frau gezeigt, die zerrissen zwischen Lebensdrang und Angst war.
Dieser französische Film ist lebensnah, die Besetzung der Charaktere hätte kaum besser sein können und die Dialoge sprühen vor Sarkasmus. Als Ich-Erzähler lässt uns die Figur von Francoise im Voice-Over rückblickend an ihren Lebensweisheiten teilnehmen. Leider schafft dieser Film es trotzdem nicht uns in Francoises Welt zu entführen. Francoise sagt, dass sie nicht schreibe, sondern beschreibe, und dies scheint auch bei dieser Verfilmung der Fall zu sein. Die Lebensfreude die in der ersten Filmhälfte dominiert kann den Zuschauer noch mitreißen, aber in der zweiten Hälfte gelingt es der Regisseurin auch in den traurigsten Szenen nicht das Publikum wirklich zu berühren.
Und nun zu einem Aspekt der selten besprochen wird: die Maske. Lange gab es nicht mehr so eine überzeugende Maske zu sehen. In keiner Lebensphase, der Film umfasst ca. 50 Jahre, wirkt einer der Charaktere geschminkt. Die Schauspieler zeigen geradewegs einen Mut zur Hässlichkeit der dem Film eine große Lebensnähe verleiht. Auch in diesem Zusammenhang muss die Hauptdarstellerin noch einmal hervorgehoben werden: eine wirklich mutige und einzigartige Darstellung von Sylvie Testud.
Fazit: eine interessante Filmbiografie mit tollen Schauspielern aber zu wenig Einfühlungsvermögen.
Gesehen von Mareike Dobewall
© 1999-2009
Movie-College
Allary Film,
TV & Media
Daten |
Boy 7 108 Min., Thriller, Deutschland 2015 REGIE: Özgür Yildirim DARSTELLER: David Kross, Emilia Schüle, Jens Harzer, Jörg Hartmann |
Regie: Özgür Yildirim
Kinostart: 20. August 2015
Inhalt
Vollkommen orientierungslos und offensichtlich ohne Erinnerung erwacht der 19-jährige Sam (David Kross) in einem U-Bahn-Tunnel und muss sich bereits nach wenigen Minuten mit der Tatsache auseinandersetzen, wegen Mordes von der Polizei gesucht zu werden. Durch eine Aneinanderreihung von Zufällen findet er schon bald sowohl ein Tagebuch, von dem er sich Aufklärung über seine Identität und seine aktuelle Situation erhofft, als auch eine Leidensgenossin: das punkig angehaucht rebellische Mädchen Lara (Emilia Schüle), das sich an genauso wenig erinnern kann wie Sam.
In mehreren langen Rückblenden, die in den Rahmen des Vorlesens der Tagebucheinträge gesetzt werden, wird nun Sams Geschichte erzählt: Als unbeliebter Durchschnittstyp versucht sich der hobbymäßige, jedoch sehr talentierte Hacker Freunde zu machen, indem er das Computersystem der Schule hackt und auf Wunsch Noten ändert oder Klausuren herunterlädt. Als er dabei erwischt wird, verurteilt man ihn zum Aufenthalt in einer Resozialisierungseinrichtung, die sich alsbald als eine Art luxuriöses Elite-Bootcamp für Jugendliche mit besonderen Fähigkeiten herausstellt, in dem Sams Hacker-Kenntnisse als besonderes Talent und nicht als Straftat gehandelt werden. In besagter Einrichtung lernt er schnell andere Jugendliche kennen: den sympathischen und unkomplizierten Kumpeltypen Louis (Ben Münchow), die intelligente und toughe Safira (Liv Lisa Fries) und schließlich die schon aus den Anfangsszenen bekannte Lara.
Wenn allein die Tatsache, dass zwei ehemalige Schüler sich nicht mehr an Ereignisse in jüngster Vergangenheit erinnern können, noch nicht misstrauisch genug gemacht haben, so wird relativ schnell angedeutet und schließlich auch aufgelöst, dass hinter der Einrichtung mehr steckt als eine freundliche Förderungsanstalt für talentierte Jugendliche mit nicht rein zufällig hochgradig kriminellem Potenzial.
Kritik
Boy 7 ist an vielen Stellen sehr vorhersehbar: Man braucht nicht viel detektivisches Talent, um herauszufinden, dass eine Einrichtung, die den ominösen Namen „Kooperation X“ trägt, etwas im Schilde führt. Ebenso wenig überraschend werden Momente der ersten Filmhälfte – Sams panische Angst vor Wasser oder das Singen des Songs „´74 – ´75“ - in der zweiten Hälfte wieder aufgegriffen, um das Gefühl einer vermeintlich intelligent verstrickten Story zu vermitteln.
Auch mit den Themen Liebe, Identität, Systemkritik und das Verhältnis von Mensch und Technik erfindet Özgür Yildirim, der Regisseur von Chiko (2008) und Blutzbrüdaz (2011), das Rad nicht neu. Viele Elemente hat man irgendwann schon einmal gesehen, sei es die verwackelte POV-Kamera, die Sams Verwirrung darstellen soll, oder die klassische Antagonistenfigur mit schmieriger Pomadenfrisur (Jens Harzer als Isaak).
Obwohl der „Dutch Angle“ - eine schiefe Kameraperspektive, die dem Betrachter einen desorientierten, unwirklichen Eindruck vermitteln soll -, in dem viele Szenen gedreht wurden, natürlich auch keine Erfindung von Yildirim ist, wirken die Bilder aber doch beeindruckend und unterstreichen den Actioncharakter des Films.
Sowohl David Kross als auch Emilia Schüle spielen ihre Rollen glaubhaft und verleihen ihren Figuren die nötige Tiefe, liefern aber auch kein Beispiel für überragende Schauspielkunst. Genial besetzt sind hier die Nebenrollen: Ben Münchow als Louis wirkt in der Rolle des coolen Zimmergenossen durch seinen lockeren Jugendslang sehr authentisch, schafft es aber ebenso, in einer expliziten Folterszene zu überzeugen. Auch Liv Lisa Fries stellt mit ihrer Darstellung der toughen Trainingspartnerin Safira erneut unter Beweis, dass sie nicht grundlos mehrfach für ihr Schauspieltalent ausgezeichnet worden ist (Max-Ophüls-Preis, Bayrischer Filmpreis, etc.).
Fazit: Alles in allem wird man über die komplette Filmzeit gut unterhalten. Boy 7 ist ein schönes deutsches Popcorn-Kino, was durch die Anlehnung an bekannte Hollywood-Motive zwar streckenweise vorhersehbar ist, dadurch aber nicht großartig an Entertainmentfaktor verliert. „Mindblowing“ ist der Streifen nicht, aber wer nicht mehr erwartet als einen unterhaltsamen Kinoabend, ist mit Boy 7 bestens bedient.
gesehen von Ida Marie Sassenberg