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Das Gespräch auf der letzten Berlinale war sehr vielversprechend,- die Redakteurin will sich auf jeden Fall melden...

 

Wir sprechen uns...

Jeder in der Film,- und Medienbranche kennt das, diese freundlichen Zusammentreffen auf Empfängen, diese überaus positiven Telefongespräche oder auch diese netten Mails, die alle eines gemeinsam haben,- sie enden mit der Ankündigung (wir wollen an dieser Stelle das Wort "Versprechen" bewusst vermeiden, obwohl es sich oft genau so anfühlt), dass man das Gespräch, den Dialog, den Kontakt in allernächster Zukunft weiterführt. Man werde sich melden,- so die freundliche Ankündigung. Natürlich freut man sich darüber, das macht doch Hoffnung  und man wartet auf die angekündigte Fortsetzung, doch die eben lässt leider auf sich warten. Am Anfang denkt man noch, dass die oder der Andere einfach zuviel zu tun hat, nach einer Weile fragt man sich, ob es wohl unhöflich wäre, wenn man vielleicht selber mal nachfragt und nach spätestens ein paar Monaten hat man die Gewissheit, dass man auf diese Option besser nicht mehr warten sollte. Ist das noch Nachlässigkeit oder schon so etwas wie im privaten Bereich das "Ghosten"?

Wenn Redakteure, Regisseure, Produzenten und andere, Absagen erteilen, sind sie bei den Formulierungen wenig kreativ. Da ist die Filmbranche kaum anders als andere Branchen, das Nein-Sagen fällt nicht leicht, das Begründen noch viel schwerer und so sollen allerlei Formulierungen die eigenen Unfähigkeiten elegant überspielen. Man möchte höflich bleiben, das Gegenüber nicht entmutigen oder gar verletzen und so verwendet man sogenannte "weiche" oder verschleierte" Formulierungen. Und man weiß ja nie, ob die Person, die man mit einer Absage vielleicht brüskiert, nicht in zwei drei Jahren der nächste Shooting-Star am Regiehimmel ist.

Das ist nicht viel anders als bei Menschen, die man kaum kennt, die einen aber bei Parties oder Veranstaltungen überschwenglich begrüßen, ein paar nette Belanglosigkeiten von sich geben und sich damit verabschieden, dass man sich bei nächster Gelegenheit unbedingt in Ruhe auf einen Kaffee treffen müsse. Diese nächste Gelegenheit wird es nie geben...

Was man bei den flüchtigen Bekannten als ganz normal abtut, hat leider in Zusammenhang mit Filmen ein anderes Gewicht. Hier geht es um Arbeit, es geht um Aufträge, es geht nicht selten ums Überleben. Und es gibt ein ganz anderes Machtgefälle. Es gibt Leute, die Aufträge und damit Budgets vergeben und es gibt solche, die davon abhängig sind. Jene, die die Budgets vergeben, werden mit Sicherheit mit Vorschlägen und Bewerbungen zugeschüttet, während diejenigen, die sich um Aufträge und Zusagen bemühen, sich selbst sehr zentral ansehen.

Dieses Ungleichgewicht macht eine normale Kommunikation so schwierig, es schwingt in den Gesprächen, Mails und Telkos immer unbewusst mit und beeinflusst das Verhalten.

Noch irritierender wird das Ganze, wenn man seine letzten Filme und die Kritiken dazu geschickt hat und nie wieder etwas von dem oder der Empfänger*In hört. Da kann man sich vergleichsweise glücklich schätzen wenn man eine der folgenden Floskeln als Reaktion zu Lesen oder zu Hören bekommt.

 

Übliche Floskeln

  • Das Projekt ist genial, passt aber gerade nicht zu unserer Zielgruppe... (Wir möchten dieses Projekt nicht machen)
  • Wir schätzen Ihr Angebot, aber es passt momentan nicht zu unserer aktuellen Planung... (Können nichts damit anfangen)
  • Es passt bei uns gerade nicht so rein, aber mit so einem tollen Stoff werden Sie sicher bei anderen Redaktionen offene Türen einrennen... (Man nennt das auch wegloben)
  • Vielen Dank für Ihr Angebot, aber momentan passt es nicht in unsere Sendeplanung. Falls sich das ändern sollte, melden wir uns bei Ihnen. (Sie werden nie mehr wieder etwas von uns hören)
  • Wir werden das Drehbuch sorgfältig prüfen und uns dann bei Ihnen melden...  (Hat uns trotz aller Sorgfalt, nicht so überzeugt)
  • Wir haben Ihren Projektvorschlag mit Interesse gelesen und werden ihn gewissenhaft prüfen... (Interesse ist keine Begeisterung)
  • Es wurde eine Vielzahl an Vorschlägen eingereicht und wir werden den stärksten Vorschlag auswählen... (Die Chancen stehen nicht allzu gut)
  • Das kann jetzt eine Weile dauern, aber wir werden uns melden... (Immerhin ehrlich, aber melden wird sich wahrscheinlich trotzdem niemand)
  • Wir würden gerne mit Ihnen zusammenarbeiten, wir müssen mal sehen, ob sich da etwas ergibt... (Aktuell kein Bedarf)
  • Wir werden lesen und melden uns dann... (Ich komme selbst nicht zum Lesen, vielleicht finde ich Jemand anderen, der dafür Zeit findet...)
  • Nach den Ferien müssen wir uns unbedingt auf einen Kaffee zusammensetzen... (Gemeint waren die Ferien in dreißig Jahren)
  • Wir ermutigen Sie, weiterhin an Ihren Drehbuchfähigkeiten zu arbeiten und uns gerne künftige Projekte vorzulegen  (Sie sollten unbedingt mehr über Drehbuchschreiben lernen)

Unsere Übersetzungen in den Klammern sind natürlich nicht immer zutreffend.

 

Verhaltensweisen

Auch wenn es schwer fällt, es bleibt einem nichts anderes übrig, als Geduld zu haben. Gerade in der Film,- und Medienbranche kommt es häufig zu Verzögerungen oder in unbestimmte Zukunft verschobenen Entscheidungen. Es kommt durchaus vor, dass die Floskeln nur verschleiern sollen, dass man selbst nicht so genau weiß, wie es weitergeht, weil Jemand Anderer entscheidet und diese Person meldet sich oft über lange Zeiträume nicht. Vielleicht ist die betreffende Person tatsächlich noch nicht dazu gekommen, sich wieder zu melden.

Wenn es sich nicht nur um eine lose Ankündigung, sich mal auf einen Kaffee zusammenzusetzen, sondern um ein konkretes Anliegen oder Projekt handelt, kann man durchaus nach einer gewissen Wartezeit auf angemessene Weise nachfragen. Das kann eine kurze Nachfolge-E-Mail oder -Nachricht sein, in der man höflich nach dem Stand der Dinge fragt und sein Interesse nochmals bekräftig. Dabei sollte man keinesfalls Vorwürfe erheben, weshalb man nichts mehr von der anderen Person gehört habe. Man sollte höflich bleiben und keinesfalls irgendeine Art von Druck aufbauen. Wie heißt es so schön, man sieht sich immer zweimal im Leben, vielleicht hat man mit der person ja auch bei einem anderen Projekt zu tun.

Das Ausbleiben einer Reaktion sollte einen eher dazu ermuntern, sich mit dem Projekt oder Anliegen vielleicht an alternative Kontakte zu wenden. Wenn man mehrere Möglichkeiten auslotet, fühlt man sich nicht so einer einzelnen Person oder Institution gegenüber ausgeliefert. Es gibt nie nur die eine einzige Möglichkeit, es gibt auch Alternativen. Vielleicht kann man bei der Präsentation oder dem Kontakt mit anderen Personen auch gleich seine Vorgehensweise, seine Materialien, Texte etc. überarbeiten und optimieren, also daraus lernen, dass man den nächsten Kontaktversuch besser gestaltet.

Absagen oder auch nicht ausgesprochene Absagen durch Ignoranz sind in der Filmbranche sehr häufig. Es gehört zur Professionalität dazu, mit diesen Absagen umgehen zu können, positiv eingestellt zu bleiben und an seine Projekte zu glauben. Nur dann kann man offen bleiben für Alternativen, kann die Geduld aufbringen, bis sich die eigenen Projekte verwirklichen lassen.

Zu guter Letzt sollte man auch nie völlig ausschließen, dass die betreffende Person sich vielleicht doch irgendwann meldet, manchmal sogar mit einer überraschenden Zusage,- so jedenfalls hat es der Autor dieses Artikels mehrmals erlebt.

 

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