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Das Internationale Festival der Filmhochschulen 2010 bietet ein breites Feld an Filmen sowie ein dichtes Programm. 44 Filme aus 26 Ländern. Wir waren unterwegs um uns einen Einblick in das diesjährige Festival zu verschaffen. Hier sind Gedanken zu den von uns gesehenen Filmen.
Re-Accionario
von Francesca de Luca Fernandez (DuocUC, Chile)Der Film dreht sich um politisch aktive Jugendliche in Chile. Sie wollen auf die Ungerechtigkeit aufmerksam machen und lehnen sich gegen die Reichen der Gesellschaft auf. Dabei werden gleich mehrere Freundschaften auf die Probe gestellt. Paloma möchte ihren Vater rächen und freundet sich deshalb mit Consuelo an, deren Vater Mitschuld ist an der Folter ihres Vaters. Gemeinsam mit Emilio und Benjamin entführt sie Lauras Vater um ihm eine Lektion zu erteilen. Aber auch die Freundschaft zwischen Emilio und Benjamin findet ein jähes Ende, als sich herausstellt, dass Benjamin aus einer reichen Familie stammt. Mit ihrem Film versucht Francesca de Luca Fernandez auf die Missstände und mangelnde Aufklärung über Chiles Vergangenheit aufmerksam zu machen. Eindringlich zeigt sie dabei den Fanatismus, mit dem die Jugendlichen ihre Ziele verfolgen, andererseits aber auch, dass man sich seine Familie nicht aussuchen kann und es um mehr geht, als die Abstammung. Re-Accionario ist ein bewegender Film, der ein Tabu-Thema behandelt. gesehen von Jana Schier Living by Seasons
von Sara Preradovic (FDU, Serbia)"Living by Seasons" ist ein Dokumentarfilm über die Saisonarbeit bei der Paprikaernte in Serbien. Er zeigt die Opfer, die insbesondere Mütter bringen, um ihre Kinder ernähren zu können. Für einen Hungerlohn stehen sie tagtäglich auf dem Feld, pflücken Paprika und sind trotzdem zufrieden. Sara Preradovic gelingt es, mit einem Blick für die Details, auf das Problem der Arbeitslosigkeit aufmerksam zu machen, ohne die Arbeiter und Arbeiterinnen perspektivlos oder resigniert wirken zu lassen. Sie nehmen ihr Schicksal hin, weil es keine andere Möglichkeit gibt und schöpfen ihre Kraft aus der vorbehaltlosen Liebe zu ihrer Familie. Zunächst erscheint somit auch die Arbeit auf dem Feld fröhlich und fast erstrebenswert. Preradovic erzeugt durch viele Nahaufnahmen von fröhlichen Gesischtern eine friedliche Stimmung. Erst zum Schluss werden die Namen der Arbeiter, ihre Lebensumstände und der Lohn für die Arbeit (60 Cent pro Stunde) gezeigt. Durch diese Widersprüchlichkeit regt der Film zum Nachdenken an, über Hoffnungslosigkeit und die Kunst, sie zu überwinden. gesehen von Jana Schier Daniel's Ashes
von Boris Kunz (HFF, Germany)Daniel ist mit 25 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seine Eltern möchten einen großen Leichenschmaus ausrichten, während seine Freundin Sophia seinen Wunsch durchsetzen möchte, seine Asche solle im Chiemsee verstreut werden. Davon kann sie die Eltern nicht überzeugen und muss nun einen anderen Weg finden, den Wunsch zu erfüllen. Vor der Trauerfeier stiehlt sie Daniels Asche aus der Urne. Nun beginnt ein Spießrutenlauf zwischen ihren eigenen Eltern, Daniels Eltern und der Polizei, die bei einer Verkehrskontrolle auf die Asche stößt. Doch zum Schluss erreicht sie ihr Ziel und kann Daniel seinen letzten Wunsch erfüllen. Boris Kunz gelingt es auf humorvolle Art und Weise die verschiedenen Konzepte der Trauer und des Abschiednehmens zu verdeutlichen. Auch die Wichtigkeit der Familie und deren Zusammenhalt in schweren Zeiten zeigt er eindringlich und berührend. Besonders der typisch bayerische Polizist stellt eine witzige Komponente dar und lässt den Film leicht und locker wirken. Auch das ist eine Art mit dem Thema Tod umzugehen, die Boris Kunz meisterhaft umsetzt. gesehen von Jana Schier For Madmen Only
von Pawel Maslona (WRiTV, Poland)Der Film "For Madmen Only" zeichnet das Bild eines Ehepaares, das in ihrem geregelten Tagesablauf festhängt. Er geht Golf spielen, damit er sich nicht umbringen muss, sie steht ständig bereit um das Essen vorzubereiten und ihrem Mann jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Pawel Maslona zeigt in seinem Film eine fast ausweglose Situation. Beide Ehepartner sind in ihren Gewohnheiten gefangen und können sich nicht befreien. Mit klaren Bildern und langen Einstellungen gelingt es dem polnischen Regisseur beim Zuschauer ein beklemmendes Gefühl zu verursachen. Es fällt nicht schwer die Situation nachzuvollziehen, in der sich das Ehepaar befindet, und seine Unfähigkeit zu verstehen etwas zu verändern. Besonders die immer wiederkehrenden Bilder des Ehemannes beim Golfspielen sorgen für eine Situationskomik, die eben daraus resultiert, dass man sich in beide Ehepartner hineinversetzen und ihre Taten nachvollziehen kann. gesehen von Jana Schier Bob
von Jacob Frey und Harry Fast (FABW, Germany)"Bob" ist ein amüsanter, überraschender und gut gemachter Animationsfilm über einen Hamster auf der Jagd nach seiner großen Liebe. Ein Hamstermännchen trifft ein Hamsterweibchen. Er möchte zu ihr laufen, doch sie steigt in ihr Hamsterrad und rollt davon. Es beginnt eine Jagd einmal um die Welt. Doch am Ende ist alles anders, als es scheint... Jacob Frey und Harry Fast gelingt mit ihrem Animationsfilm ein amüsantes Abenteuer, das am Ende eine witzige Überraschung bereithält und somit für viele Lacher im Publikum sorgt. gesehen von Jana Schier
Preacher
von Daan van Baelen (HSL, Belgium)Der Film erzählt die Geschichte dreier religiöser Brüder, die völlig abgeschottet von der Zivilisation in einem Haus im Wald hausen. Eines Tages findet der jüngste von ihnen, der geistig behindert ist, eine verletzte und bewusstlose Frau im Wald. Er bringt sie nach Hause und versteckt sie zunächst vor seinen Brüdern. Doch sie kommen dahinter und eine Welle der Gewalt überrollt nun das Haus. Die Frau wird täglich vom Ältesten vergewaltigt und auch der jüngste Bruder wird misshandelt, sobald er auch nur versucht etwas gegen die Situation zu unternehmen. Daan van Baelen unterstützt die nüchternen, beklemmenden Bilder mit einem interessanten Bildaufbau. Häufig haben die Personen deutlich zu viel Bildraum über ihren Köpfen. Dieses Mittel soll die Allgegenwart von Gott verdeutlichen. "Preacher" ist ein extrem aufwühlender Film. Der Zuschauer möchte ständig eingreifen und den jüngsten Bruder zum Handeln bewegen. Er selber schafft es in keiner Situation, sich gegen die beiden anderen Brüder durchzusetzen. Insbesondere auch der ungewöhnliche Bildaufbau erzeugt eine beängstigende Atmosphäre und lässt den Zuschauer noch lange über den Film nachdenken. gesehen von Jana Schier Traffic Jam
von Anna Peris Lluch (ECAM, Spain)Laura und Oscar sind ein Paar. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause gerät Laura in einen Stau. Sie versucht Oscar zu erreichen, um ihm zu sagen, dass sie später kommt, erwischt allerdings nur den Anrufbeantworter. Sie ahnt nicht, dass Oscar einen Unfall hatte und damit der Auslöser des Staus ist. Der Zuschauer sieht die Welt mit Oscars Augen, der Kopfüber in dem Autowrack fest steckt und hört seine Gedanken. Laura allerdings kann man nur bei ihren Überlegungen sehen, nicht jedoch ihre Gedanken hören. "Traffic Jam" ist ein gut gemachter Film, der auf der einen Seite mit Witz und Charme Oscars Situation zeigt und auf der anderen Seite Laura, die hin und her gerissen ist zwischen ihren Gefühlen. Dadurch, dass er nur zwei Schauplätze hat, Laura in ihrem Auto und Oscar in dem Wrack, das man jedoch nicht sieht, baut der Film auf die Gedanken der beiden und nicht so sehr auf eine Handlung. Dadurch entsteht ein etwas anderer Beziehungsfilm, der von den Gefühlen der beiden Protagonisten lebt und nicht von der Darstellung ihres gemeinsamen Lebens. gesehen von Jana Schier
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