Filmteam

Filmteams sind fragile Gebilde.

 

„Ich kann so nicht arbeiten!“

Unzulänglichkeiten können überall auftreten und lassen sich im Gespräch durch Veränderungen, Einsicht, Motivation, Vorbild, Disziplin und Teamgeist meistens abstellen. Ansprechpartner (siehe Konflikte) können idealerweise Aufnahme- und Produktionsleiter, aber auch Regieassistenten sein.

Davon aber soll hier nicht die Rede sein, sondern von Querulanten, Nörglern von Kritikastern, die Schwierigkeiten verursachen. Es gibt sie nämlich nicht nur am klassischen Arbeitsplatz, im Büro oder in Behörden, sondern auch am Filmset. Für so manchen sind Dreharbeiten schon zur persönlichen Hölle geworden. Produzenten, die unter seelischem Druck lebensgefährlich erkrankten, kamerapreisgekrönte Kameraleute, die nie wieder eine Kamera in die Hand nehmen wollten, Tonmeister, die jeden Abend zitternd und weinend nach Hause kamen, waren die Opfer. Was tun, wenn man als Produktionsfahrer mit dem achtsitzigen Kleinbus den arroganten Schauspieler vom Flughafen abholt und der sich weigert, „in diesen Viehtransporter“ einzusteigen?

 

Innerer Drehschluss

Filmteam Dreharbeiten

Holen Sie die Problememacher aus dem Schatten, machen Sie Konflikte öffentlich.

 

Innerhalb eines Teams finden sich neben denen, die ihre Arbeit engagiert ausüben, stets einige Mitarbeiter/-innen, die einfach „schwierig“ sind. Sie verursachen Probleme, dort wo keine sind, sind bemüht, andere ebenfalls mit ihrer Unzufriedenheit zu infizieren und kosten viel Zeit und letztlich Geld. Denn so ein Team, bestehend aus vielen Einzelpersonen ist eine fragile Konstruktion auf Zeit. Ganz schnell kann sich aus Unzufriedenheit Feindseligkeit entwickeln und die Dreharbeit zum Spießrutenlauf werden. Bei vielen Teammitgliedern führt das zum „inneren Drehschluss“, zu schlechter Arbeitsatmosphäre und Antriebslosigkeit.

Wenn die Stimmung erst einmal eisig ist, fehlt einfach die Motivation, die Energie ins Filmprojekt zu stecken. Sie finden Problememacher in allen Aufgabenbereichen. Selbst einige wenige Regisseure leben den Mythos der „ewigen Feindschaft zwischen Regie und Produktion“ mitten am Set aus.

Es hilft bei der Vermeidung oder Lösung solcher psychosozialer Konfliktsituationen durchaus, die verschiedenen Problem-Charaktere zu kennen. Vor allem sollten Sie herausfinden, worin das Grundproblem des Störers besteht, welche Ziele er verfolgt und ihm klar signalisieren, dass er bei Ihnen damit nicht landen kann. Sie sollten rechtzeitig erkennen, wann jemand Sie zum Opfer machen will, stets gelassen reagieren und sich niemals auf das Niveau der Problemperson begeben.

 

Das Who is Who der Problememacher

(Sorry, dass wir an dieser Stelle nicht "gendern", gemeint sind stets alle Geschlechter, M, W, D.)

Der Miesmacher

Er verbreitet im Team vor allem schlechte Laune. Das Catering ist drittklassig, die Arbeitszeiten zu lang, das Hotel für das Team unmöglich und das Drehbuch ohnehin Mist. Man sollte Erschwernis-Zuschlag wegen des schlechten Hotels verlangen. Oder das Essensgeld auszahlen lassen, und jeder kann sich selbst mittags was zu Essen kaufen. Zudem entdeckt er an jeder Ecke Unwägbarkeiten und Probleme, die man eigentlich kaum lösen kann. Auch die Anschlüsse von Szene zu Szene, die können ja gar nicht funktionieren. Dabei hätte man wirklich etwas besseres verdient. Er zieht die Kollegen mit in einen tiefen Abgrund der Unzufriedenheit. Es dauert gar nicht lange, und ein Zustand der Lähmung verlangsamt diverse Arbeitsabläufe am Set. Die Regieassistentin sieht plötzlich keinen Weg, das Pensum in die Drehzeit hineinzuzwängen.

 

Strategie

Sie haben es nicht mit konkreten Problemen, sondern mit einer Lebenshaltung zu tun. Deshalb sollten Sie den Nörgler in seinem Grundgefühl ernst nehmen, aber keinesfalls in seinem Dauerleid bestätigen. Lassen Sie es nicht an sich herankommen, bleiben Sie höflich, aber bestimmt.

 

Der Hinterlistige

Er/Sie steht nicht wirklich im Vordergrund. Das tun andere durch ihre Leistungen und natürlich missfällt ihm das. Deshalb werden Gerüchte, Andeutungen und Lügen gezielt eingesetzt, um andere aufzuwiegeln. Man hat schließlich üble Geschichten gehört, wie X sich bei der letzten Produktion verhalten hat. Und die Produktion habe ja die letzten zwei Filme in den Sand gesetzt. Man müsste die Gagen vielleicht im voraus verlangen. Es freut ihn, wenn es gelingt, in anderen Neid zu schüren. Verdienen die vom Produktionsstab tatsächlich höhere Gagen? Warum müssen Maske, Licht und Kostüm zu so früher Stunde am Drehort sein, während die anderen zwei Stunden länger ausschlafen können?

 

Er selbst ist heiter und gesprächig, hält sich ansonsten ganz im Hintergrund. Denn natürlich soll nach außen der Eindruck entstehen, er selbst habe mit dem Ärger gar nichts zu tun.

 

Strategie

Da es ja die anderen sind, die laut schimpfen oder einfach nur spürbar unzufrieden werden, fällt es schwer, den Urheber auszumachen. Doch dessen Angriffe sind massiv und Sie müssen ihm unbedingt direkt mitteilen, dass Sie um diese wissen. Machen Sie ihm deutlich, dass Sie wissen, welches Spiel er treibt. Bleiben Sie sachlich und bitten Sie ihn um ein Gespräch zu den kritisierten Punkten.

 

Der Zweifler

Alles muss sehr genau überlegt sein, Improvisation ist ihm ein Gräuel. Bevor nicht jeder Aspekt wirklich durchdacht ist, geschieht erst einmal gar nichts. Und bevor man an den Erfolg glaubt, sollte man erst einmal möglichst viele Bedenken äußern. Jede Veränderung, jeder Vorschlag wird aus Prinzip erst einmal angegriffen. Wozu neue Ideen diskutieren, das könnte nur Probleme machen?

 

Strategie

Argumente helfen nichts und auch den Charakter werden Sie in der Drehzeit nicht verändern können. Am besten Sie setzen ihn irgendwo ein, wo es nicht auf Zeit ankommt. Und lassen Sie ihn in dem Gefühl, der einzig vernünftige Geist in dem ganzen Team zu sein.

 

Der Streitsüchtige

Einschüchterung ist für ihn ein Genuss. Deshalb strebt er Positionen innerhalb des Teams an, die ihm erlauben, andere einzuschüchtern. Regie, Produzent, Hauptdarsteller fallen einem da zunächst ein. Regisseure etwa, die Praktikanten zusammenbrüllen, weil diese vergessen haben, aus welcher Teekanne sie am Nachmittag ihren Rooibush-Tee zu trinken pflegt, zählen zu dieser Spezies. Zu denen, die ihm dienen und ihn unterstützen, ist er zuckersüß, alle anderen sollen was erleben, schließlich sind sie gegen ihn. Auch wenn man weiß, dass tiefsitzende Minderwertigkeitsgefühle dahinter stecken, ist der Umgang mit ihm extrem unangenehm. Man möchte möglichst weit weg sein, fürchtet den barschen Umgangston und Schikanen.

Strategie

Ja, zugegeben, auch Ihnen macht das Verhalten Angst. Die dürfen Sie aber nicht zeigen, auch nicht ihren Ärger über das unsinnige Verhalten. Es nützt gar nichts auf Kollisionskurs zu gehen. Halten Sie fest an ihrer Meinung und meiden Sie die Konfrontation. Beim nächsten Dreh werden Sie gewiss einen freundlicheren Ersatz für ihn finden.

 

Der Selbstgerechte

Er ist ein Profi, hat alles schon gemacht, in viel aufwändigeren Produktionen gearbeitet und durchschaut alle Fehler, die gemacht werden, längst. Eigentlich gebührt ihm die Führungsposition, aber man weiß ja, wie die aktuelle Produktionsleitung sich an ihren Job gemogelt hat. Wenn es nach ihm ginge, würde das alles besser laufen. Niemand ist so routiniert und fit wie er, über die inneren Verspannungen redet er nicht. Und die Fehler anderer fallen ihm sofort ins Auge, doch dafür hat er kein Verständnis, baut sie bestenfalls in seine bissigen Witze ein. Null Toleranz, nur keine Nachgiebigkeit. Auch im Benutzen anderer Teammitglieder, die ihn sogar bewundern, sowie im Gründen von Oppositionen. Vielleicht fällt ja auch jemand aus, macht schlapp, rausgemobbt. Dann springt er ein, als Rettungsengel quasi. Kritik kann er auf keinen Fall einstecken. Warum auch?

 

Strategie

Eine wirklich harte Nuss. Eine faire Auseinandersetzung ist praktisch unmöglich. Es hilft nicht, sich mit ihm anzufreunden, auch nicht, vor ihm Mauern zu errichten. Bleiben Sie sachlich und ruhig im Gespräch und zeigen Sie ihre Kompetenz und innere Stärke.

 

Der Tausendsassa

Ja, eigentlich hat er ja sonst als Kameramann gearbeitet, macht den Job hier als Beleuchter nur wegen der Kohle. Aber wenn er mit ansehen muss, was für einen Mist der Kameramann abliefert, kann ihm Angst und Bange werden. Zum Beispiel der Lichtaufbau der letzten Szene, das hätte man mit weniger Aufwand besser hingekriegt. So hat es doppelt so lang gedauert, und das ganze Team muss drunter leiden. Er ist eigentlich immer viel besser informiert und spricht auch gerne laut und im Vordergrund stehend darüber. Er muss geliebt werden und kompensiert Minderwertigkeitsgefühle durch Fachwissen.

 

Strategie

Lassen Sie sich nie auf Fachdiskussionen ein! Die sind sein Spezialgebiet, da können Sie nur verlieren. Zeigen Sie sich interessiert an seinen Meinungen, signalisieren Sie, dass sie ihn für kompetent halten. Zeigen Sie aber auch klar Ihr Vertrauen in die übrigen Teammitglieder, besonders jene, die er für inkompetent hält.

 

Fazit

Diese Hinweise sollen Ihnen helfen, Distanz zu gewinnen zu den kleinen und größeren Giftdosen, die von Problememachern im Team verteilt werden. Reagieren Sie stets frühzeitig, bevor schlechte Stimmungen sich hochschaukeln und machen Sie Konflikte öffentlich. Wenn Probleme vor dem ganzen Team besprochen werden, bleibt nicht viel Raum für Intrigen. Und seien Sie versichert, die Situationen, die Sie erleben, sind kein Einzelfall.