Ton Angeln Oben 4000 

Akustische Wellen

Wie das Licht wird auch der Ton von Wänden und Objekten reflektiert. Da sich der Schall aber nur relativ langsam ausbreitet, entstehen durch Reflexionen Verzögerungen, Hall und Echo (siehe auch Tonphysik), die nicht immer erwünscht sind. Eine ganze Schaufensterfront, parallele Wände und auch die Raumdecke und der Boden können den Schall auf vielfache Weise reflektieren. Umso wichtiger ist es, möglichst dicht mit dem Richtmikrofon an die Münder der Protagonist*Innen zu kommen.

 

Direkter Ton und Reflexion

Der Direktton entstammt der Tonquelle, die wir im Bild auch sehen, z. B. einer Autotür oder dem Mund des Schauspielers. Reflexionen entstehen, weil der Schall sich in alle Richtungen ausbreitet und glatte, feste Flächen Schalldruckwellen zurückwerfen. Wir alle machen tagtäglich diese Erfahrungen, wie unsere eigene Stimme sich im gekachelten Bad, im Treppenhaus, im Aufzug, in der Eingangshalle der Bank, bei der Besichtigung einer leeren Wohnung etc. verändert. Glatte Flächen, Stein, Glas, Metall reflektieren aktiv.

Stoff, Polstermöbel oder etwa Kork schlucken den Schall und sind eher passiv. Wenn erst einmal viele Reflektionen (Hall, Echo) in der Aufnahme sind, lassen sich diese nachträglich praktisch nicht mehr entfernen. Genau deshalb ist es wichtig, die Stimmen der Schauspieler oder sonstige wichtige Tonsignale möglichst direkt aufzunehmen. Manchmal präparieren Tonleute den Aufnahmeraum mit schalldämmenden Materialien (Molton, Noppenschaumstoffplatten etc.), um den Grad an Reflexionen zu reduzieren.

 

Ton von unten geangelt

Manchmal, wenn das Bild es nicht anders zulässt, muss man von unten angeln. Unschöne Reflexionen von der Raumdecke sind bei Innendrehs die Folge

 

Der / die Tonassistent*In (Angler/Boommann) versucht deshalb, so nahe wie möglich an den Mund der Schauspieler*Innen zu gelangen, ohne, dass das Mikro im Bild zu sehen ist (Angeln). So bekommt man den Ton möglichst direkt (roter Pfeil); die Reflektionen haben einen geringen Anteil am Signal.

Wünscht man sich bewusst Hall, kann man das in der Mischung jederzeit nachträglich hinzufügen. Aufnahmen mit hohem Hallanteil (hallig) kann man technisch dagegen nicht trocken (ohne Hall) rechnen.

In diesem Kontext sollte auch das immer wieder auftauchende Wort des Hallradius kurz erwähnt werden: Diese Angabe bezeichnet, in welchen Abstand zur Tonquelle (in einem spezifischen Raum) die Anteil der Direkttons genauso hoch (laut) ist, wie der Anteil des indirekten/reflektierten Tons. Keine Frage, dass man dort mit dem Mikrofon bereits viel zu weit weg ist, denn Sprache versteht man hier nur noch schlecht. Kann man trotzdem auch mit Tricks (Mike versteckt „im Bild“) nicht näher an die Tonquelle, so helfen Richtmikros (siehe auch: Richtcharakteristik).

 

Frequenzanteile

Wenn wir  Schauspieler*Innen dicht vor uns haben, so hören wir von seiner Stimme in der Regel tiefe Frequenzanteile relativ laut, denn sein Brustkorb, der Resonanzboden des Menschen quasi, befindet sich unmittelbar vor uns. Wenn die selben Schauspieler*Innen sich weiter von uns entfernt befindet, so hören wir die unteren Frequenzen kaum mehr, die Stimme wirkt schwächer. Auch dies belegt, wie wichtig es ist, möglichst nah mit dem Richtmikrofon an die Sprechenden zu gelangen.