Fostex 2 2000

Rotating Head Digital Audio Tape Recorder von Fostex (PD2), über ein Jahrzehnt das Arbeitspferd an Filmsets

 

Digitale Pegelanzeige

Lange Jahre war der Originalton am Drehort gleichbedeutend mit einer analogen Nagra oder Stellavox, die man sich umhängte oder auf einem Caddy (Transportwägelchen) installierte. Seit die digitale Revolution verschiedene Formate und Geräte hervorgebracht hat gibt es eine Vielfalt an Möglichkeiten, Töne in hoher Qualität aufzuzeichnen. Im Filmbereich war DAT neben den Festplatten- und Speicherchip basierten Systemen eine der am stärksten verbreiteten digitalen Aufzeichnungsarten am Set. Inzwischen ist auch DAT abgelöst von filebasierten Systemen, die auf Festplatte, SSD oder Flashspeicherkarten aufzeichnen.

 

Revolution der Musikproduktion

Die wenigsten Consumer kamen in Berührung mit dem 1985 entwickelten und 1987 von Sony vorgestellten, handlichen und praktischen digitalen Format,- es waren die Profis die damit Musik, Filmton etc. aufnahmen. Das Format hat sich bei den Konsumenten nicht verbreitet,- eine Riesenerleichterung für die Musikindustrie, denn mit DAT wären erstmals verlustfreie illegale Kopien von Musik für die Verbreitung möglich gewesen. Der Plattenkonzern CBS versuchte sogar gerichtlich gegen die Verbreitung von DAT Rekordern vorzugehen. Sony kaufte CBS kurzerhand und die Klage hatte sich erledigt.

Dennoch waren es vor allem Independent Musiker die durch DAT mit geringen Kosten Masterbänder ihrer Eigenproduktionen herstellen und weitergeben konnten. Die Musiker mussten nicht mehr in teure Studios für das Mastering ihrer Musikaufnahmen gehen, wo der Tag gut und gerne 2000,- € kostete. Computer waren damals längst nicht so leistungsfähig, dass man mit ihnen sinnvoll Musik hätte mastern können. Das vereinfachte die Herstellung von CDs und Venyl entscheidend und demokratisierte die Musikproduktion weltweit.

Die DAT-Kassetten sind nur etwa halb so groß wie die bekannten Compakt-Cassetten der analogen Kassettenrekorder (Stereoanlage etc.). Von der Konstruktion erinnern sie ein wenig an Videokassetten. So wie bei diesen klappt auch bei der DAT, wenn sie im Gerät eingelegt werden: vorne eine Schutzklappe weg und das Band wird um die Kopftrommel geführt. Auf der Rückseite ist eine verschiebbare Löschsperre. Durch ihre sehr kleine Bauform wurde die Herstellung von extrem kompakten DAT-Rekordern möglich. Wer allerdings professionelle Features wie XLR-Ein- und Ausgänge sowie Timecode benötigte, der war schnell wieder bei Dimensionen wie sie die gute alte Nagra hatte.

 

DAT-Rekorder

Fostex D30 2 4000

Studiorecorder D30 - Deutlich sichtbar unterhalb des Kassettenschachts die kleine rotierende Kopftrommel für die Schrägspuraufzeichnung der digitalen Daten auf das Magnetband in der DAT-Kassette

 

DAT-Rekorder sind im Prinzip bandgestützte digitale Speicher. So wie ein Computer digitale Daten auf die Festplatte speichert, werden beim DAT-Rekorder digitale Daten auf ein kontinuierlich laufendes, dünnes Magnetband aufgenommen, ähnlich einem Streamer. Man konnte sie nur in einer Richtung verwenden, also nicht umdrehen, wie man es von der analogen Kompaktkassette her kannte.

Im Computerbereich wurden unter anderem auch DAT-Kassetten für Backups verwendet. Und da auch hier, wie bei der Videoaufzeichnung, eine große Datenmenge gespeichert wird, verwendet man, genau wie in einem Videorekorder, rotierende Köpfe für Aufnahme und Wiedergabe. Ursprünglich hieß das System deswegen auch R-DAT (Rotating Head Digital Audio Tape). Doch man sollte die Entscheidung, worauf man aufzeichnet, nicht allein von dem Argument „Verlustfreie Generationen (Kopien) bei der Tonbearbeitung“ abhängig machen. Im Gegensatz zur analogen Aufzeichnung, wo von Kopie zu Kopie die Qualität schlechter, das Rauschen höher wird, kann man bei digitaler Aufzeichnung verlustfrei kopieren.

Am häufigsten an Drehorten waren portable DAT-Rekorder der Firma Fostex anzutreffen. Sie verfügen, ähnlich wie die Nagra über verschiedene XLR-Mikrofoneingänge, die man mischen kann, sind mechanisch robust aufgebaut, haben Phantomspeisung für die Mikros und Timecode für die Synchronisation.

Besonders im dokumentarischen Bereich wurden aber auch kleinere Varianten von Sony, Tascam, Aiwa oder JVC verwendet. Sie haben zwar keine professionellen XLR-Mikrofonanschlüsse und auch keine Mischmöglichkeit mehrerer Eingänge, haben aber dennoch vergleichbare hochwertige Aufnahmequalität. Mit entsprechenden Mikrofon- Kabeladaptern kann man auch auf diese Minigeräte problemlos Filmton aufzeichnen. Zwar fehlt den Winzlingen die Timecode-Aufzeichnung, aber wenn man eine Klappe schlägt, reicht der Gleichlauf (Quarzgenau) völlig aus. Sie sind weitaus billiger als die großen Geräte und damit eine echte Alternative für den Doku-Bereich.

DAT- Rekorder erzeugen bei jeder neuen Aufnahme eine sogenannte ID, eine durchnummerierte Kennung am Anfang jeder Aufnahme. Sie wird in einem Sub-Code Kanal mit auf dem Band aufgezeichnet. Diese erleichtert später beim Überspielen auf Perfo oder eine Workstation das Auffinden. Voraussetzung für dieses leichte Auffinden ist, dass der Tonmann in seinem Tonbericht auch neben die Einstellungsnummer die ID-Nummer mitnotiert.

Für die Aufbewahrung der bespielten DAT-Kassette gelten gewisse Regeln: keine direkte Sonneneinstrahlung, keine hohe Luftfeuchtigkeit, staubfrei halten, von Magnetfeldern fernhalten (Motoren, Trafos, Magneten, Lautsprecher etc.), liebevoll behandeln.

 

Formate, Spuren und Co

Fostex 2 2000

Location-DAT-Rekorder Fostex PD2

 

DAT-Geräte können nur zwei Spuren gleichzeitig aufzeichnen, damit bleibt die Verwendung auf Stereo beschränkt. Für den Location-Ton ist das aber in den meisten Fällen ausreichend, werden doch die O-Ton-Stimmen sogar nur in Mono aufgezeichnet. Was DAT im Vergleich zu manch anderen digitalen Aufzeichnungsverfahren interessant macht, ist die Tatsache, dass hier unkomprimiert alle Toninformationen aufgezeichnet werden. Bei Mini-Disc etwa sind die Signale die aufgenommen werden, schon deutlich komprimiert und verändert. Sehr praktisch sind die ID-Nummern, mit denen man bereits bei der Aufnahme für die Takes Nummern vergeben und diese dann beim Abspielen durch direkte Eingabe der Nummer schnell wiederfinden kann. Diverse Profigeräte von HHB, Fostex oder Stellavox können auch Timecode aufnehmen und auslesen.

Da die DAT-Rekorder einen internen Quarzgenerator besitzen, der die Samplerate taktet, kann man selbst einfache Geräte für die synchrone Filmaufnahme verwenden. Speziell bei Aufnahmen mit Steadicam, wo es nicht möglich ist, ein Mikrofonkabel an der Kamera zu verwenden, konnte ein separat auf DAT aufgezeichneter O-Ton die Lösung sein. Gebrauchte portable Geräte sind inzwischen zu günstigen Preisen erhältlich. Wer die damals hohen Preise für Festplatten-Rekorder scheute, fand im DAT eine sinnvolle digitale Alternative. Je nach Ausführung ist man bei Gebrauchtgeräten bereits ab 100,- Euro dabei. Allerdings darf man sich nichts vormachen,- DAT ist ein bandgestütztes Format in dem noch viel bewegliche Teile arbeiten, entsprechend anfälliger sind die Geräte. Dennoch waren in den Neunzigerjahren der PD2 und der PD4 von Fostex legendär an den Filmsets dieser Welt.

 

Vor- und Nachteile

Deshalb ist es wichtig, ein wenig über die Vor- und Nachteile von analoger Nagra und digitalem DAT zu wissen. Nie hat der digitale Ton beim DAT die akustische Dichte, Wärme und Tiefe des analogen Tons erreicht. Andererseits sind die späteren Bearbeitungs- und Verfremdungsmöglichkeiten des Tons auf der digitalen Ebene (Vertonung, Mischung) unvergleichlich besser als auf der analogen. Außerdem bot DAT ein vereinfachtes Arbeiten gegenüber analogen Tonbändern. Man musste nicht alle 20 Minuten Aufnahmezeit ein neues Band einlegen, die Aufnahmegeschwindigkeit war quarzstabil, es gab diverse Geräte mit eingebautem Timecode.

 

Foster 2000

Studiorekorder D30"

 

Nachteil: Die Übertragung der Daten erfolgt nur in Echtzeit, also viel langsamer als bei filebasierten Systemen. Man ist aber häufiger mit Akkuwechsel beschäftigt (DAT-Rekorder verbrauchen viel Energie, die Akkus halten nicht lang). Auf Luftfeuchtigkeit reagiert DAT sehr empfindlich, und bei Übersteuerung wird, wie bei allen digitalen Systemen, die Aufnahme vollständig unbrauchbar. Wie bei allen digitalen Geräten begegnet man diesem Umstand, indem man nicht so nahe an die 0dB-Marke der Pegelanzeige heran pegelt, sondern die Spitzen bei etwa -9 oder -12 dB einstellt. Verbessern könnte man dies, wenn bei DAT nicht mehr mit 16 Bit (Wordbreite), sondern mit 24 Bit aufgezeichnet würde, doch die Hersteller haben die Entwicklungsarbeit für dieses Format längst eingestellt. Neue Geräte sind schon seit vielen Jahren nicht mehr auf den Markt gekommen. Wer in diese digitalen Regionen vordringen möchte, muss mit Festplatten- oder Speicherkarten-Systemen arbeiten. Firmen wie Sound Devices, Aaton,Tascam, Fostex oder Zoom bieten aktuelle Alternativen, die zudem viel störungssicherer sind.

Feuchtigkeit oder sogenannter Kondensniederschlag auf der Kopftrommel kann das Gerät lahmlegen. Dies kann auftreten etwa wenn das Gerät einem plötzlichen Temperaturwechsel ausgesetzt wird (Sommer, Innen/Aussen, klimatisierte Räume etc.), wenn plötzlich eine Zimmerheizung aktiviert, oder eine Klimaanlage hochgefahren wird, oder wenn am Drehort hohe Luftfeutigkeit herrscht. (Tropen, Treibhäuser, Sümpfe, botanische Gärten etc.)

In der Regel schalten sich die DAT Geräte in solchen Fällen selber ab oder zeigen zumindest durch eine Displaywarnung (Wassertropfen-Symbol oder Ähnliches) die Situation an. 

Lösungen: Zunächst sollte man auf jeden Fall die Kassette aus dem Gerät entfernen. Es kann sein, dass man bis zu einer Stunde warten muss, bis sich das Gerät auf die geänderte Temperatursituation angepaßt hat. Ist die Luft grundsätzlich mit hoher Luftfeuchtigkeit angereichert, sollte man ein bandloses digitales Format (SD Karte) wählen.

 

Klangliches

Und auch wenn man rein theoretisch dies eigentlich nicht erkennen dürfte, es macht eben doch einen Unterschied aus, ob das Tonsignal in 48.000 winzige Stückchen in der Sekunde zerhackt (48 kHz) wird oder gleichmäßig, eben analog, wiedergegeben wird. Darüber hinaus erzeugen die Wandler und Prozessoren beim Umgang mit dem in Zahlenwerte umgesetzten Audiomaterial Rechenfehler (Rundungsfehler). Mechanisch sind die winzigen DAT-Kassetten natürlich auch etwas empfindlicher als die robusten Viertelzollbänder. Die analoge Aufzeichnung hat bestimmte Effekte auf das Tonsignal, die unserem Hörempfinden nahe kommen. Sie komprimiert das Signal ein wenig und glättet allzu spitze, scharfe Höhen. Besonders für einen starken Lautheitseindruck, etwa wenn jemand brüllt, Türen zuschlagen oder sonstigen Lärm sind die Bandsättigungseffekte und ein leichtes Verzerren bei analoger Aufzeichnung (Nagra/Stellavox) durchaus wichtig. Inzwischen haben diverse Festplatten- oder Speicherkarten-Geräte die DAT-Geräte abgelöst. File-basierte Recorder sind am Markt etabliert, unanfälliger als die mechanischen Laufwerke und preislich sogar günstiger.