Elmar Fischer

Elmar Fischer

 

Kurzbiographie

Elmar Fischer, Jahrgang 1968, Absolvent der Deutschen Journalistenschule, ist seit 1992 als Produzent, Autor und Regisseur für alle deutschen Fernsehsender tätig. Dieses Multitalent gründete 1995 die "hier&jetzt" Film- und Fernsehproduktion GmbH, für die er bis Juni 2000 als Geschäftsführer tätig war. Als Autor und Regisseur realisierte er Musikvideos, Kurzfilme, Werbespots, Tierdokumentationen und Unterhaltungssendungen. Nebenher verfasste er Reportagen, Glossen und Essays für das Jugendmagazin "jetzt" der Süddeutschenzeitung und die Seite 3 der Abendzeitung.

Wir trafen ihn auf dem Münchener Filmfest, wo er die Premiere seines Filmes "Fremder Freund" feierte und stellten ihm Fragen zu seinem Film und dazu, was er jungen Leuten empfehlen würde, die ins Filmbusiness einsteigen wollen.

 

Interview

Movie-College: Was haben Sie am 11.September gemacht, als der Anschlag auf das World Trade Center verübt wurde?

 

Elmar Fischer: Ich war in München, bin Straßenbahn gefahren und habe mich gewundert, dass irgendwie alles anders ist als sonst. Als ich nach Hause gekommen bin, saß meine Mutter, die gerade zu Besuch war, vor dem Fernsehen und sagte: "Guck mal, was da gerade passiert ist." Da habe ich mich mit ihr vor den Fernseher gesetzt und viel angesehen und den ganzen Tag mit Freunden und Bekannten telefoniert.

 

Movie-College: Was war ihr erster Eindruck, als Sie die Bilder gesehen haben?

 

Elmar Fischer: Verwirrung. Ich wusste nicht, was das jetzt ist.

 

Movie-College: Hatte das Einflüsse auf den Film? Also, hatten Sie zu dem Zeitpunkt Bilder oder Gedanken im Kopf, die Sie dann in den Film eingefügt haben?

 

Elmar Fischer: Den Film gab es ja damals noch nicht, auch die Idee nicht. Der erste Impuls, so etwas überhaupt filmisch verarbeiten zu können, ist erst Tage nach dem 11. September gekommen. Also habe ich in dem ersten Augenblick auch noch gar nicht an den Film gedacht, sondern war wie jeder andere auch, von der menschlichen Seite her total verwirrt.

 

Movie-College: Es ist dann auch nicht umgekehrt gewesen, dass Sie beim Filmemachen an Ihre eigene Situation zurück gedacht haben? War das reine Fiktion oder sind Sie auch von Ihren eigenen Erlebnissen ausgegangen?

 

Elmar Fischer: Nein, ich habe so etwas wie das, was jetzt im Film gezeigt wird, nicht erlebt. Ich habe nach dem 11. September mit einem Bekannten gesprochen. Er sei mit seinen Freunden - Palästinensern - vor dem Fernseher gesessen und die hätten sich dabei gefreut. Das war für mich der Ansatzpunkt. Wie konnte das sein, dass ein Mensch, den ich seit längerer Zeit kenne, so etwas fühlt und ich das nicht mitbekommen habe. Und aus diesem Gefühl, das die Verwirrung in mir noch vergrößert hat, habe ich angefangen mit dem Tobias Kniebe, meinem Co-Autor, das Drehbuch zu verfassen.

 

Movie-College: Sie haben ja bei der Diskussion gesagt, dass sie 45 Stunden Filmmaterial zusammen bekommen haben. Was war für Sie das eindrucksvollste Bild?

 

Elmar Fischer: DAS Bild, das für mich sinnbildlich für den Film stünde, gab es für mich nicht. Es gab bei mir viele Bilder, viele Szenen die mich gefesselt haben. Es gab dann Szenen, die wir geprobt haben, die schon in der Probe so schön waren, dass ich eine Gänsehaut bekommen habe und die dann auch im Film so toll wurden, dass sie mich gefesselt haben. So auch, die Liebesszene, die sich aus dem 11. September heraus entwickelt, wo unser Paar in dem Film Trost und Nähe auf dem Sofa vor dem Fernseher sucht. Das war schon sehr berührend. Auch wie wir das gedreht haben: Das waren nur die Beiden, nur die beiden Schauspieler im Set oder im wirklichen Wohnzimmer und wir haben uns alle zurückgezogen und der Kameramann war mit den Beiden allein. Ich hab das nur am Monitor verfolgen können, zwei Zimmer weiter. Das hatte sowas Ernsthaftes und Ehrliches, was mir sehr gefallen hat.

Elmar Fischer

Elmar Fischer im Gespräch mit dem Movie-College

 

Movie-College: Jetzt wurde Ihr Film ja auch hier auf dem Filmfest gezeigt. Gab es Überraschungen bei den Zuschauerreaktionen? Also Momente, wo Sie eigentlich gedacht hatten, so würde der Zuschauer niemals reagieren?

 

Elmar Fischer: Ich hab mich gewundert, wie lustig viele Leute bei der ersten Vorstellung viele Situationen empfanden. Die waren natürlich witzig. Aus der Situation heraus entstanden lustige Reaktionen. Das hat mich gefreut, dass sie gelacht haben. Dass sie sich jetzt also nicht auf einen depressiven Film eingelassen hätten und gesagt haben: "Okay, das wird jetzt eine ganz traurige Thematik und wir müssen alle traurig bleiben." Sondern auch in diesem Grusel, den dieser Film vielleicht hat, viele Leute noch lachen können.

 

Movie-College: Liegt darin nicht auch die Stärke? Darin, dass man versucht, die einseitige Sicht nicht so herauf zu beschwören und den Film zwanghaft einzuordnen. Also, in dieser Mischung zwischen der Komik und den depressiven und schlimmen Ereignissen des 11. Septembers?

 

Elmar Fischer: Ja, klar. Das sollte, glaube ich, immer das Ziel sein. Nämlich, dass man mit den Emotionen spielt und die Emotionen in verschiedenen Richtungen erzeugen kann.

 

Movie-College: Finden Sie es nicht schade Filme zu machen, wo Sie doch die Zuschauerreaktionen größtenteils gar nicht mitbekommen? Also abgesehen von Filmfestspielen, wo Sie mal dabei sind.

 

Elmar Fischer: Ja, aber ich glaube, das ist doch bei jedem Regisseur, bei jedem Filmemacher so, dass er nicht nur bei Filmfesten in seinen Filmen sitzt. Also z.B. die Kollegin aus Berlin, die Conny Walter, die hat "Feuer und Flamme" als letzten großen Kinofilm gemacht und mir erzählt, dass sie sich heimlich immer wieder in die Vorstellungen schleicht, um zu sehen, wie die Leute reagieren. Sie bleibt sogar vor dem Kino stehen, um zu sehen, wie die Leute vorher auf das Plakat reagieren und wie sie darüber reden. Klar ist das so. Das Schöne ist ja, dass man als Filmemacher ja nicht so bekannt wie die Schauspieler ist. Das heisst, man kann den Leuten ins Gesicht schauen ohne auffällig zu werden und mitkriegen, wie sie auf die inszenierten Szenen reagieren und was sie dabei empfinden. Auf jeden Fall muss man das tun. Nicht nur beim Filmfest, sondern auch dann, wenn der Film im Kino läuft.

 

Movie-College: Was empfehlen Sie generell jungen Leuten, die ins Filmbusiness wollen, vor allem denen, die in ihre Fußstapfen treten und Regie führen wollen?

 

Elmar Fischer: Ja, es kommt darauf an, wer im Filmgeschäft was machen will. Also, wenn jemand Regie machen möchte, dann denk ich: Probieren, ausprobieren, machen. Dinge erleben und wissen, was man erzählen will und wenn man das weiß, dann es auch tun und nicht nur davon reden. Also das ist, finde ich, ganz, ganz wichtig. Ich hab mal diesen Dokumentarfilm von Francis Ford Coppola über „Apocalypse Now“ gesehen und da hat er gesagt: „In einigen Jahren wird es diese kleinen, digitalen Videokameras geben und damit kann dann jeder Filme drehen. Fern des Drucks, der mit viel Geld passiert und den das große Budget mit sich bringt. Und eines Tages wird ein kleiner Mozart der Filmgeschichte auftauchen und mit dieser kleinen Videokamera ein Meisterwerk drehen.“ Ich finde, das ist genau der Ansatz. Das sollten junge Menschen tun; diese kleinen Videokameras nehmen, ihre Freunde nehmen, die vielleicht ein bisschen Talent und Begabung haben und einfach ausprobieren. Dann sieht man ob's was ist und dann sehen auch die anderen, die, die das Geld haben, ob's was ist.

 

Movie-College: Halten Sie es eigentlich für notwendig eine Filmhochschule zu besuchen?

 

Elmar Fischer: Nein, ich halte es für nicht notwendig. Also, ich habe lange Fernsehen gemacht und habe dabei einiges gelernt, was die Technik angeht. Wichtig ist, dass man, wenn man fiktionale Sachen macht, lernt auch Schauspieler zu führen. Das lernt man vielleicht auch an den Filmhochschulen - ich weiß es nicht. Ich hab das versucht anders zu lernen und hoffe, dass ich dabei ein bisschen was mitbekommen habe.

 

Movie-College: Haben Sie Projekte in Planung, in der Schublade, über die Sie reden könnten?

 

Elmar Fischer: Ja, ich arbeite gerade an einer Literaturverfilmung eines deutschen Bestsellers. Da sind auch die Filmrechte schon geklärt. Es ist das Buch "Sommerhaus, später". Da sind wir gerade in der fünften Drehbuchfassung und das werden wir als nächstes angehen.

 

Movie-College: Vielen Dank für das Interview.