Anamorphot

 

Was hat es auf sich, mit den neuen Vorsätzen für Handys, die versprechen, Filmlook für die Handykamera zu ermöglichen? Kann man damit Kino-taugliche Filme drehen?

 

Inzwischen hat es ein paar Beispiele gegeben für Kinofilmdrehs mit Handys. Nein, das heißt nicht, dass jeder, der ein Handy besitzt, damit nur losrennen zu braucht, um einen Kinofilm zu machen. In den bekannteren Beispielen haben professionelle Filmteams und Schauspieler-innen mit millionenschweren Budgets ganz normale Kinofilmdrehs gemacht, bei denen lediglich die Profikameras gegen Smartphones ausgetauscht wurden.

Also so einfach mal mit dem Handy Kino drehen geht dann doch nicht. Aber zumindest kann man visuell ein wenig den Kinolook imitieren...

 

Vorgeschichte der Anamorphoten

Eigentlich stammen diese Optiken aus den analogen Zeiten des Films, doch heute sind sie plötzlich auch bei Handys heiß begehrt. Warum nur? Ursprünglich waren die Filmbilder in den Kinos und später im Fernsehen in 4:3, das lag vor allem an der Norm des 35mm Films, wie Thomas Edison und George Eastman sie Anfang des 20. Jahrhunderts festgelegt haben. Der sogenannte Silent Frame, der später, als der Ton zum Film hinzu kam, noch schmaler wurde.

Relativ bald schon bemerkten Filmemacher, dass breitere Formate eigentlich mehr dem Gesichtsfeld des Menschen entsprechen. Stummfilmregisseur Abel Gance etwa arbeitete mit mehreren Projektionen nebeneinander. Genau diesem Wunsch kam die Entwicklung von Anamorphoten entgegen, Objektive, die ein breites Bild so zusammenquetschen, dass es auf den 4:3 Film bzw. heute Kamerasensor passt. Dies tun sie übrigens linear und nur auf der horizontalen Achse. Also nicht radial, wie es ein Weitwinkelobjektiv tut und was zu tonnenartigen Verzerrungen führt.

Später beim Projizieren musste das Bild dann wieder in die Breite gedehnt werden. Man verwendete also vor dem Filmprojektor wiederum Anamorphoten, die das Bild in die umgekehrte Richtung wie bei der Aufnahme wieder entzerrten. Das Ergebnis sind optische Bildfehler wie spezielle breite Streifen an Lens-Flare, die wir im Kino lieben und irgendwie als schön empfinden. Entweder sind diese waagerechten Lichtstreifen in Blau oder in Orange und sie erinnern uns an große amerikanische Kinofilme.

 

Vorsatzlinsen

Inzwischen gibt es anamorphotische Vorsätze auch für Handys und ein paar wenige Filme, die mit solchen Linsen und Handys gedreht wurden. Der Film "Tangerine" beispielsweise wurde mit einem iPhone 5S und einem Anamorphoten von Moondog Labs (https://moondoglabs.com/) gedreht. Diese Linsen gibt es auch für das Pixel2 und auch vom Hersteller Moment (https://www.shopmoment.com/shop/anamorphic-lens). Sie werden entweder direkt auf das Handy aufgesteckt oder aber an einem speziellen Cage, der das Handy umschkießt, befestigt.

Mit Hilfe der Vorsatzlinsen kann man zusätzlich etwas mehr als 30% zusätzliche Bildbreite auf den Sensor kriegen. Das Bild muss dann aber zum Betrachten oder Weiterverarbeiten per Software entzerrt werden. Deshalb wird mit den Vorsatzlinsen auch jeweils eine App mitgeliefert, die für iOs oder Android den Job übernimmt. Da Handydisplays ohnehin bereits im Verhältnis breiter sind als 16:9 Videos, liegt die Sinnhaftigkeit der Vorsatzlinsen wohl eher im Erzeugen der bekannten Bildfehler.

Da der Sensor ja unverändert bleibt und lediglich das breitere Bild gestaucht wird, kommt es zu einem gewissen Schärfeverlust, der aber nicht allzu sehr auffällt. Auch kommt es an den äußersten Bildrändern zu leichten Unschärfen. Der Moment Vorsatz ist ab 120,- USD zu haben.