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Chromat A1 2000

 

Verräterische Farbsäume

So gut wie jedem, der filmt oder fotografiert, ist diesem Phänomen schon begegnet - manche haben es hingenommen, andere haben sich den Kopf zerbrochen und Ursachenforschung betrieben: die chromatische Abberation.

Gemeint sind unschöne, oft violette aber auch rote, grüne und/oder blaue Farbsäume, die besonders an kontrastreichen Kanten, offener Blende und auch bei Unschärfe deutlich werden.

 

Bluebox, HD und Unschärfe

Bei modernen Keying-Verfahren können durch die chromatische Abberation gravierende Fehler gerade an den Objektkanten auftreten, die dann in mühsamer Detailarbeit in der Nachbearbeitung wieder auskorrigiert werden müssen. Insbesondere hochauflösende Aufnahmemedien wie HD, 4 K, 6 K und höher, fordern besonders hochwertige Optiken. Auch, wenn mit wenig Licht, also offener Blende, gedreht wird, treten diese Linsenfehler deutlicher zu Tage, blendet man dagegen ab, verschwinden die Fehler ab etwa Blende 5,6 und kleiner. Liegen stark kontrastierende Kanten gar in der Unschärfe, sind Farbsäume relativ häufig anzutreffen.

Grundsätzlich treten die Fehler in der Bildmitte weniger, zu den Rändern immer deutlich auf. Das hat etwas mit der Krümmung der Linsen zu tun.

 

Brechungsfragen

Ursache dafür ist ein Umstand, den wir aus der Lichtbrechung mit einem Prisma kennen. Er tritt überall dort auf, wo weißes Licht von einer Linse gebeugt wird. Die unterschiedlichen im weißen Licht enthaltenen Wellenlängen des sichtbaren Lichts werden unterschiedlich gebrochen und so nebeneinander abgebildet. Man spricht hier von einem unterschiedlichen Brechungsindex, das Licht hat unterschiedliche Brennpunkte und wird etwas aufgefächert. Kurze Wellen (blau oder violett) werden stärker gebeugt als mittelwellige grüne oder lange Wellen (rot).

 

Unterschiedliche Wellenlängen haben unterschiedliche Brennpunkte.

 

Verschiedene Farbanteile des Lichts besitzen minimal unterschiedliche Brennpunkte. Je nachdem, welche Farbanteile scharf gestellt sind, bilden die übrigen unscharfe Farbränder und damit eine unscharfe Abbildung auf dem Film oder dem Chip. Es gehört zu den Aufgaben der Objektivkonstrukteure, durch Kombination unterschiedlicher Linsen Konvex und Konkav sowie durch Verwendung unterschiedlicher Glassorten für rote und blaue Lichtanteile die gleiche Ablenkung zu erreichen, sodass die Strahlen im gleichen Brennpunkt zusammentreffen. Diese kombinierten Linsen nennt man Achromate.

Achromate können die chromatische Aberration lediglich für zwei Farbrichtungen auskorrigieren, für die anderen Farbanteile wird der Fehler bestenfalls reduziert. Aufwändigere Konstruktionen, die drei Farbfehler auskorrigieren, nennt man Trichchromat, bei mehr Farben spricht man auch von Polychromaten oder Superachromaten.

 

Konstruktion und Glassorten

Unterschiedliche Glassorten haben unterschiedliche Brechungszahlen. Die Verwendung von zum Teil seltenen Glassorten und eine aufwändige Linsenkonstruktion ist Voraussetzung für moderne Korrekturverfahren. Bikonvexlinsen können beispielsweise aus einem schwach farbzerlegenden Glas (Fluor-Kronglas N-BK7) bestehen und mit einer negativen Linse mit schwacher Brechkraft aus stark farbzerlegenden Glas (Bariumschwerflintglas F2) kombiniert sein. Einige dieser Glassorten sind deutlich schwerer als andere, auch die Kosten sind nicht unerheblich und verteuern solche Objektive zusätzlich.

 

chromat2 2000

Unschöne Farbsäume müssten nicht sein.

 

Nicht nur die Objektive sind schuld

Bei den früher üblichen und heute kaum mehr gebräuchlichen Drei-Chip-Videokameras konnte dieser Effekt nicht nur in den Objektiven, sondern auch im Strahlenteiler vor den drei Kamerachips entstehen. Der optische Block der Kameras konnte also eine weitere Ursache für Farbsäume darstellen, diese können sich auch mit denen, die das Objektiv verursacht, addieren. Filmkameras waren in dieser Hinsicht im Vorteil - beim Filmmaterial spielt es keine so große Rolle, ob die Lichtstrahlen gerade oder seitlich auftreffen. Moderne Filmoptiken, wie etwa die Master-Primes von Arri/Zeiss, sind zudem so hochwertig korrigiert, dass die chromatische Abberation praktisch eliminiert ist.

Auch wenn es die Hersteller von Videokameras und Videoobjektiven nicht so gerne zugeben wollen, aber die chromatische Abberation gehört mit zu den untrüglichen Indizien, an denen man häufig die Unterschiede zu auf Film gedrehten Produktionen erkennen kann. Auch bei Kameras der neuesten Generation kommt es vor, dass Zoomobjektive Verwendung finden, die nicht ausreichend korrigiert sind. Offensichtlich investieren manche Objektivhersteller nicht immer genügend Entwicklung in die kompakten semiprofessionellen Camcorder, um professionellen Ansprüchen zu genügen.

 

Objektive testen

chromat vergleich 2000

Fenster, links mit, rechts ohne chromatische Abberation

 

Ob Ihre eigenen Objektive eine unzureichende Korrektur dieses Abbildungsfehlers haben, können Sie nur durch Tests herausfinden.

 

Wichtige Voraussetzung für den Test:

 

- Ein stark kontrastierendes Motiv, etwa ein Fensterkreuz, wählen

- Schwarzweiße Objekte ohne Eigenfarbe wählen

- Mit offener Blende (größte Blendenöffnung = kleinster Zahlenwert)

- Längere Brennweite (Telebereich) einstellen

- Scharfgestellt sowie unscharf (in & out of focus) aufnehmen

 

Das Ergebnis auf einem hochwertigen Monitor oder großen TV-Bildschirm überprüfen. Beim Abblenden, also bei einer kleineren Blendenöffnung, und beim Scharfstellen müsste der Fehler sich wieder verringern.

 

Digitale Hilfe

Wenn man RAW dreht, sind die Möglichkeiten, die chromatische Aberration in der Postproduktion loszuwerden, recht gut. Insbesondere Mirrorless Kameras besitzen zusätzlich eine interne digitale Objektivkorrektur. Hierfür sind die notwendigen Fehlerinformationen in der Kamera-Firmware abgespeichert.In der Firmware sind natürlich nur begrenzt Objektivdaten abgespeichert. Oft gibt es aber bei den Herstellern zusätzliche (kostenpflichtige) Software, welche weitere Objektive,- auch ältere, in gewissen Grenzen auskorrigiert. Bei Sony etwa nennt sich diese Kamera App „Lens Compensation“.

Interessanterweise arbeitet die digitale Fehlerkorrektur bei einigen Mirrorless-Kameras auch beim Aufnehmen in RAW, obwol man eigentlich annehmen sollte, dass die Aufnahmen in RAW gänzlich unbeeinfluss bleiben sollten. Auf jeden Fall ist man heute den Abbildungsfehlern von Objektiven nicht mehr gänzlich schutzlos ausgeliefert und hat diverse Optionen, diesen entgegen zu wirken.

 

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