Für massive Rückgänge bei den Kinoeinnahmen machen Hollywood Studios vor allem eine Webseite mit Filmbewertungen verantwortlich... Rotten Tomatoes. Ein bizarrer Kleinkrieg hat sich da hochgeschaukelt.

Wenn Studios, die es gewohnt sind, viele Millionen Dollar an den Kinokassen zu verdienen, drastische Einbrüche hinnehmen müssen, werden sehr bald Schuldige gesucht. Ja, man hat auch Netflix, Amazon Prime etc. und sogar die mangelnde Qualität einiger Titel in die Reihe der möglichen Ursachen aufgenommen, doch eine Webseite ist besonders in den Fokus der Studios geraten. Rotten Tomatoes, eine Voting Seite die Kinofilme bewertet, soll Schuld sein an dem finanziellen Desaster.

 

Milliardenverluste

Angeblich haben die großen Kinoketten im Sommer 2017 ganze 4 Milliarden Dollar an Wert verloren, ein verheerendes Ergebnis. Die Studios beschuldigen die Webseite, mit ihrem Tomatometer, einer überschaubar einfachen Beurteilungsskala für Filme, das finanzielle Desaster herbeigeführt zu haben. Angesichts von über 13 Millionen Besuchern der Webseite pro Monat und Anzeigen ihrer Bewertungen in zahlreichen Medienseiten und auf Fernsehkanälen, ist deren meinungsbildender Einfluss nicht abzustreiten.

Viele andere Webseiten, sogar Kinokarten-Vorverkaufsseiten verweisen auf die Bewertungen von Rotten Tomatos. Bei diversen Filmstarts wurden die hohen Erwartungen der Studiobosse schlichtweg durch niedrige Berwertungen auf dem Tomatometer zerstört. Einige Filme, die fast 200 Millionen Dollar an Herstellungskosten hatten, holen an der Kinokasse gerade mal 40 Million Dollar zurück. Darunter auch "Baywatch" oder "König Arthur". Deshalb haben sie der Seite jetzt zumindest in der öffentlichen Diskussion den Krieg erklärt.

Natürlich ist es etwas anderes, ob eine ausführliche und erklärende Filmritik erscheint oder ob man all die Nuancen, die in einem solchen Text liegen, in eine simple Grafik übersetzt, die wenig Differenzierungen zulässt.

 

Geändertes Zuschauerverhalten

 

Früher sagte man, in Amerika gäbe es so viele Kinos, wenn da ein Film startet, haben ihn bereits am ersten Wochenende so viele Menschen gesehen, dass er bevor sich herumspräche, wie schlecht er wäre, bereits viele Millionen in den Kassen gelandet seien. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Die Seite gibt es zwar bereits seit 1998, doch früher haben die Bewertungen einen anderen Stellenwert gehabt. Heutzutage, wo Kaufentscheidungen viel stärker durch Kundenbewertungen beeinflusst werden, sind die Menschen es gewohnt, auch bei Kinotickets vorher Informationen einzuholen. Angeblich ziehen über 30 % aller amerikanischen Teenager Rotten Tomatoes zur Rate, bevor sie ein Kinoticket kaufen.

Der Seite wird vorgeworfen, dass die Bewertungen von etwa 3000 Personen weltweit, nicht nur von renommierten Kritikern sondern auch von unqualifizierten Bloggern vorgenommen werden, wodurch verzerrte Beurteilungen entstünden. Auch wird bei der Zusammensetzung der Kritiker hauptsächlich weiße männliche Personen beteiligt seien. Auch die Vereinfachung differenzierter Filmkritiken zu einem simplen Score-Balken wird der Seite vorgeworfen, was nachvolziehbar ist, schließlich sind dezidierte Kritiken weitaus genauer als ein Hop oder Top System.

Der Konflikt ist vielschichtiger als die Filmindustrie es darstellt, der Ruf nach besseren Filmen steht im Raum, ein Vorwurf den sich Hollywood angesichts nicht enden wollender Sequels und mutloser Variationen bekannte Erzählmuster einfach gefallen lassen muss. Und als wäre das nicht schon kompliziert genug kommt erschwerend hinzu, dass "Rotten Tomatos" sogar einigen Firmen aus der Film,- und Medienindustrie, die sich über sie beschweren, gehört.

 

Gegenmaßnahmen

So ist Fandango, der Besitzer von Rotten Tomatoes ein Teil von NBC Universal, zu denen auch Universal Pictures gehört und die wiederum eine Beteiligung an Warner Brothers haben. Auf jeden Fall versucht die Filmindustrie Wege aus der Misere zu finden. So hat beispielsweise Sony beim Filmstart von "The Emoji Movie" ein generelles Kritikenverbot erlassen und keinerlei Vorabpressevorführungen ermöglicht. Die Studios, welche die Webseite mit den Filmbewertungen eigentlich erst groß hat werden lassen, bekämpft nun ihr einstiges Marketingtool.