Kaum ein Begriff aus der Filmwelt wurde so oft gebraucht, wie das legendäre "Happy End" des amerikanischen Studiosystems. Filmenden sind so etwas wie ein Versprechen, welches durch das Filmgenre (Komödie, Liebesfilm, Tragödie, Melodrama) zu Beginn eines Filmes gegeben wird und welches die Zuschauer auch mehrheitlich erwarten.

 

Drehbuchpäpste postulieren, dass Filmhelden am Ende des Filmes ihre Heldenreise erfolgreich beenden, dass zu Beginn angelegte Bögen sich am Ende des Filmes schließen sollten. Das ist so ein wenig wie in den Märchen, die beginnen meistens mit "Es war einmal" und enden mit "Und wenn sie nicht gestorben sind..."

 

Letzte Bilder

Das ist der inhaltlich dramaturgische Ansatz. Doch wie sieht es konkret mit den Schlussbildern aus, also visuell gestalterisch und inhaltlich mit den letzten Einstellungen eines Filmes? Nicht selten arbeiten Filme hier mit der Idee der Annäherung und Entfernung, also dem Gedanken, dass der Film sich genau wie auch Menschen, die an einen Ort kommen, diesen und seine Menschen kennenlernen und nach einer gewissen Aufenthaltsdauer auch wieder verabschieden und entfernen. Oft wird das repräsentiert durch die Kamera. Sie zeigt den Ort des Geschehens zu Beginn aus der Distanz und nähert sich um sich Am Ende des Filmes wieder von diesem Ort zu entfernen.

 

Nicht selten war das auch relativ banal, man näherte sich einem Gebäude, in welchem sich die Hauptgeschichte abspielen würde und entfernte sich am Ende des Filmes wieder. Das können Super-Totalen sein, die über Totalen zu Halbtotalen werden und am Ende des Filmes in umgekehrter Reihenfolge. Oft sind es aber auch Kranfahrten, die innerhalb einer einzigen Einstellung diese Annäherung und Entfernung vollziehen.

 

Manche Filme beginnen und enden auch mit einem bildhaften Symbol, so wie Orson Welles dies einstmals bei Citizen Kane mit der Schneekugel und "Rosebud" vorgemacht hat. In Dr. Schiwago (Regie: David Lean, 1965) beginnt und endet die Romanverfilmung an einem riesigen Staudamm. Forest Gump ist ein mustergültiges Beispiel, wie Feder die Forrest am Anfang des Filmes findet und die ein Sinnbild wird dafür, wie Forrest sich durch die Irrungen und Gelegenheiten seines Lebens treiben lässt, fliegt am Ende des Filmes, viele Jahre später, wieder in den Himmel davon. Das ist fast schon etwas zu mustergültig, doch die Idee, einen Bogen über einen Film zu spannen, bewegt noch immer viele Filmemacher-innen.

 

Ganz gleich ob es ein auch visuell so eindeutig gespannter Bogen ist, oder eher ein Gedanke zu Ende des Filmes geschlossen wird, es tut einem Film stets gut, wenn die Schlusssequenz eine erzählerische, ja eine ikonographische Kraft hat. Schließlich ist das letzte Bild zumeist Jenes, welches die Zuschauer aus dem Kino mitnehmen. Ein Klassiker ist sicherlich John Fords "Der schwarze Falke" (The Searchers, 1956), in welchem das Innere des Farmgebäudes zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Filmes jeweils mit anderer Funktion und anderem Kontext aufgeladen wiederholt wird. Dazu gehört sicherlich jenes Ende in Francois Truffauts "Sie küssten und sie schlugen ihn", in welchem die junge Antoine Doinel aus dem Internat flüchtet und nach langem Rennen irgendwo am Meer ankommt, den Strand entlangläuft und die Naheinstellung seines Gesichts einfriert, ein ikonographisches Bild, weil so viel in diesem Gesichtsausdruck liegt. In "Housekeeping" (1987), einem eher weniger bekannten Film von Billy Forsyth gehen die Protagonistinnen am Ende des Filmes auf Bahnschienen in die Dunkelheit.

 

Auf Youtube finden sich zahlrieche Kompilationen ikonographischer Filmenden. Hier nur ein Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=fZyIHxY3by0

 

 

Eine trickreiche, freche Schlusssequenz erlaubte sich bereits Alfred Hitchcock in "North by Northwest" (1959), in welcher der irrtümlich für einen Agenten gehaltene Werbemann Thornhill eine junge Agentin von einem tiefen Abgrund direkt in sein Bett im Schlafwagenabteil zieht. Als sie sich umarmen und aufs Schlafwagenbett sinken, rast der Zug in einen dunklen Tunnel. Auf diese Weise konnte Hitchcock trotz rigider Zensur der 50er Jahre, ein anzügliches Ende verwirklichen.

 

Offene Enden

Offene Enden können sehr bewusst gesetzt sein und wie bei den obigen Beispielen, einem Film den perfekten Ausstieg geben. Doch das ist nicht immer so. Häufig wenn Filmemacher unentschlossen sind, nicht so recht wissen, wie ihr Film ausgehen soll, lassen sie ihre Protagonisten ins Nirgendwo gehen oder in der Landschaft stehen. Die Filmgeschichte ist voll von Enden, in denen Schauspieler eine Straße, ein Feld, einen Weg entlang gehen, bei Sonne, Im Regen, im Nebel, tagsüber, in der Nacht. Das kann man so machen, zugleich wirft es die Frage auf, wie erzählt man entschiedener, so dass es nur ein Ende geben kann und kein anderes?