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Die Manga-Serie von Yukito Kishiro kommt mit einiger Verspätung als "Alita: Battle Angel" ins Kino und scheint das Uncanny Valley beinahe zu überwinden, das ist eine kleine Sensation. Schon vor Avatar hatte James Cameron erwogen, diesen Stoff zu verfilmen, sich dann aber doch für Avatar entschieden.

 

Während Cameron nur noch als Produzent fungiert, hat Robert Rodriguez später die Regie bei diesem animierten Cyber-Märchen übernommen. Insgesamt wurde an diesem Film nahezu zwei Jahrzehnte geplant und herumgedacht.

 

Bereits Ende 2017 geisterten erste Appetizer durch das Web und man war irritiert von den übergroßen Augen der Hauptfigur. Doch zugleich zeigt sich nun, dass die Animationstechnik inzwischen eine so hohe Qualität aufweist, dass man beinahe den Eindruck hat, lebendige Wesen vor sich zu sehen.

 

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Uncanny Valley

Hierbei handelt es sich um ein seltsames Phänomen, mit dem alle Animationskünstler zu tun haben. Im Verlauf der technischen Entwicklung wurden die Animationen nämlich immer feiner und realistischer.Animationskünstler gingen ursprünglich davon aus, dass die Zuschauer künstlich geschaffene Wesen umso besser akzeptieren würden, desto genauer und realistischer die Animation ausgearbeitet wäre.

 

Doch das seltsame war, dass je realistischer Computergenerierte Figuren wurden, desto mehr bemerkten wir die minimalen Unterschiede zum echten Menschen. Diese leichten Irritationen bewirkten in uns unbewusst eine Distanzierung, wenn nicht sogar Ablehnung. Es fühlt sich einfach irgendwie nicht richtig, irgendwie unangenehm an.

 

Der Begriff, den 1970 der japanische Robotiker Masahiro Mori geprägt hat, meint ein "unheimliches Tal", Uncanny Valley, in man man sich einfach unwohl fühlt. Man kennt diesen Begriff deshalb auch aus der Roboitik. Je mehr künstlich geschaffene Maschinen dem Menschen ähnlich sehen, desto weniger werden diese von Menschen akzeptiert. Forscher vermuten, dass bei den ablehnen Reaktionen des Menschen auf irgendwie falsche Wesen uralte Instinkte und Schutzmechanismen zum Tragen kommen.Die Vorsicht gegenüber Menschen, die irgendwie verändert oder krank aussehen, soll den Menschen vor Ansteckung oder auch Täuschung schützen.

 

Wegen dieses Phänomens haben die meisten Animationsstudios es vermieden, allzu realistische Menschendarstellungen zu wählen. Man denke nur an die diversen Pixar Kinohits. Sie haben Menschen lieber leicht stilisiert, das hat die Zuschauer weniger irritiert. Einige frühe computergenerierte Animationsfilme wie "Der Polarexpress" (2004) oder Disneys "Eine Weihnachtsgeschichte" (2009) machten dieses Phänomen schmerzlich sichtbar.

 

Die Entwicklungsschritte waren in den letzten Jahrzehnten gewaltig. Wenn man etwa die Charaktere von Tom Hanks in "Polar Express" vergleicht mit den Animationen in "Alita", so liegen dazwischen wirklich Quantensprünge.

 

Und es geht vielleicht doch...

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Nun also haben sich Cameron und sein Regisseur daran gewagt, einen Maschinenmenschen mit der Gestalt eines Mädchens zu versehen und diesem, trotz eines Maschinenkörpers (Cyborg) ein zartes, ja beinahe zerbrechliches Äußeres zu geben. Das hängt nicht zuletzt mit einer deutlichen Erhöhung der Motion-Capturing Punkte zusammen, die Gesichtszüge der animierten Figuren wurden viel präziser als je zuvor von realen Schauspielern (Rosa Salazar) aufgezeichnet. Selbst feinste Gesichtszüge, minimale Veränderungen der Mimik werden absolut präzise wiedergegeben.

 

Man spürt erstmals auch diese kleinen Ungenauigkeiten, diese individuellen Besonderheiten eines jeden Menschen,- nur mit dem kleinen Unterschied, dass diese von einer animierten Figur performed werden. Selbst die unterschiedliche Beweglichkeit ihrer verschiedenen Ersatzkörper wird sehr feinsinnig wiedergegeben. Und: Plötzlich gibt es sogar glaubwürdig Zärtlichkeit zwischen den animierten Figuren,- Berühren, Streicheln...

 

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In dem Film findet ein herzensguter kybernetischer Arzt (Christoph Waltz)  Alita in einem erbarmungswürdigen Zustand auf einem Schrottplatz. Er repariert und ersetzt fehlende Körperteile und nimmt sie wie eine Tochter bei sich auf. Die apokalyptische Welt in der er lebt (Iron City), ist voller Schrecken und Bedrohungen in den Straßen. So begibt sich Alita immer wieder in Gefahr und muss diverse Kämpfe überstehen. Natürlich sehen diese furchtbaren Zukunftswelten phantastisch aus und machen allein deshalb schon Vergnügen beim Anschauen. Das Animationsstudio Weta konnte sehr von der Erfahrung mit seinen früheren Projekten profitieren.

 

Über so manchen hölzernen Dialog kann man sicher diskutieren und sicherlich gibt es noch immer feine Unterschiede zum Echten, zum Realen zudem hilft die ohnehin artifizielle Cyborg-Scifi Welt, diese sehr gut zu überspielen. So gut sah Computeranimation bisher noch nie aus und man kann erahnen, wo sich Animation in einigen Jahren befinden könnte... Also unbedingt anschauen und staunen.

 

Bilder: Pressefotos Verleih