Die Yusuf-Trilogie
In dieser Filmtrilogie bringt der türkische Regisseur Semih
Kaplanog(lu das Schicksal des Protagonisten Yusuf auf die
Leinwand. Dabei werden anhand dreier Ausschnitte - sie
entsprechen den einzelnen Filmen - entscheidende Wendepunkte im
Leben Yusufs geschildert. Die Reihenfolge der Filme ist dabei
umgekehrt chronologisch. Die Trilogie sei in diesem Review als
Ganzes betrachtet.
Yumurta - Ei
Im ersten Film, „Yumurta“, erfährt Yusuf, ein in
Istanbul ansässiger Dichter, vom Tod seiner Mutter und kehrt
zur Beerdigung in sein Heimatdorf zurück. Dort lernt er das
Mädchen Ayla kennen, die die letzten Jahre mit Yusufs Mutter
zusammengelebt hatte. Sie erzählt ihm, dass seine Mutter von
ihm als letzten Wunsch ein Tieropfer forderte. Pflichtbewusst
begibt sich Yusuf zusammen mit Ayla auf den Weg zur
Opferstätte.
Süt - Milch
In „Süt – Milch“ geht es um Yusuf als junger Mann.
Zusammen mit seiner verwitweten Mutter hält er sich mit dem
Verkauf von Milch auf dem Dorfmarkt über Wasser, während er
seine Freizeit mit Gedichteschreiben verbringt. Als seine Mutter
sich in den örtlichen Bahnhofsvorsteher verliebt und damit ein
zweiter Mann in ihr Leben tritt, wird Yusufs Gefühlswelt
durcheinandergeworfen. Dadurch verletzt, zieht Yusuf in
Erwägung, zum Militär zu gehen. Für die Musterung fährt er
in die Großstadt Izmir, wo er die ebenfalls literaturaffine
Semra kennenlernt. Yusuf wird jedoch ausgemustert und kehrt
wieder zurück in sein Heimatdorf.
Bal - Honig
Der dritte Film der Trilogie, der den Namen „Bal – Honig“
trägt, beschreibt Yusufs Leben als Kind in einem anatolischen
Bergdorf. In der Grundschule hat Yusuf aufgrund seiner Scheu
Probleme beim Vorlesen von Texten. Dass ihm das Rezitieren
gegenüber seinem Vater Yakub keine Probleme bereitet, zeugt von
der innigen Freundschaf, die die beiden miteinander verbindet.
Oft begleitet Yusuf seinen Vater Yakub in den Wald, wo dieser
Honig aus den Bienenwaben erntet. Doch als die Bienenschwärme
aus der Gegend fernbleiben, ist Yakub gezwungen, entlegenere
Regionen aufzusuchen. Doch eines Tages kommt er nicht zurück…
Warum die Trilogie auf Festivals erfolgreich lief und dabei
zahlreiche Preise einstreichen konnte, sieht man sehr schnell.
Die nordostanatolische Berglandschaft wird von einer selten
gesehenen Seite gezeigt. Jede Aufnahme ist sorgsam ausgewählt
und fast alle würden so als Bild aufs CD-Cover passen. Licht
und Farben erzeugen einen sehr ästhetischen Eindruck. Kurzum,
eine hervorragende Kameraarbeit. Zusammen mit dem Tonschnitt
ergibt diese eine unglaubliche atmosphärische Dichte, die einen
förmlich in die Landschaft mit hineinzieht. Bemerkenswert:
Regisseur Semih Kaplanog(lu entschied sich dafür, in allen drei
Filmen auf Musik und, weitesgehend, auch auf künstliche
Beleuchtung zu verzichten. Auf jeden Fall Eine mutige
Entscheidung.
Hervorzuheben ist die Leistung der Schauspieler, denen es in
nicht unerheblichem Maße gelingt, zur melancholischen Stimmung
beizutragen und zwar gleichsam in Yumurta, wie in Süt und Bal.
Besonders hervorheben muss man aber den achtjährigen
Bal-Hauptdarsteller Bora Altas,, der für sein Alter unglaublich
professionell und abgeklärt spielt.
Dennoch hinterlassen die Filme nicht nur einen rein positiven
Eindruck. Dies ist vor allem dem extrem langsamen Erzähltempo
geschuldet. Minutenlange Aufnahmen, die so für die Handlung
nicht wichtig sind, sollen zwar theoretisch für emotionale
Spitzen sorgen, in der Praxis unterbrechen sie den Erzählfluss
in erheblichem Maße und erzeugen unnötigen Leerlauf.
Wenngleich das langsame Tempo der atmosphärischen Gestaltung
gut tut, fällt der Zuschauer doch häufig in ein
erzählerisches Vakuum, das seiner eigenen Phantasie einiges an
Kreativarbeit abverlangt.
Alles in einem ist die Yusuf-Trilogie ein Werk mit den
Qualitäten eines Gemäldes. Die Bildgestaltung ist
hervorragend. Doch aufgrund seines niedrigen Erzähltempos, der
gefühlten Statik und der dadurch fast meditativen Anmut ist der
Film nicht Jedermanns Sache.
gesehen von Ferdinand Kainz
|