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YasminFilmstart: 26. Mai 2005
Bei der Berlinale 2004 wurde "Yasmin" mit dem "European John Templeton Film Award" ausgezeichnet, und das dürfte vermutlich daran liegen, dass sich der Film mutig mit einem Thema auseinandersetzt, das heutzutage die ganze Welt betrifft- und über das sich trotzdem schwer ohne Vorurteile reden lässt. Es geht um Yasmin, eine pakistanische Einwanderin der zweiten
Generation. Ihr inzwischen verwitweter Vater betreibt im pakistanischen
Viertel eine kleine Reparaturwerkstatt für Fernseher, ist Vorsteher der
Moschee und träumt sich in die Heimat. Die Jugend aber hat längst
westliche Werte für sich entdeckt. Yasmin wechselt heimlich den Schleier
gegen Jeans, bevor sie zu ihrer Arbeit als Behindertenbetreuerin fährt,
und ihr Bruder lebt als Kleindealer in den Tag hinein. Yasmin ist beliebt
bei den Kollegen (Mitarbeiterin des Monats) und den Nachbarn, für die sie
Behördengänge übernimmt. Um den Vater und dessen traditionellen
Familienvorstellungen nicht zu verletzen, hat sie ihren zurückgebliebenen
Cousin Faysal geheiratet, um diesem die englische Staatsbürgerschaft zu
ermöglichen. Die Ehe besteht jedoch nur auf dem Papier; Jasmin achtet
streng darauf, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Es scheint ein ganzer Drehbuchkurs gewesen zu sein, der diesen Stoff entwickelt hat. Und dementsprechend wirken leider manchmal auch die Charaktere- bewusst gestaltet, aber eben gestaltet. Da man offensichtlich vermeiden wollte, Klischees zu bedienen, sind die Figuren teilweise sehr pädagogisch gezeichnet. So ist es der Vater, der zwar auf traditionelle Familienwerte pocht, aber Zivilcourage gegen die Radikalen zeigt, oder der nicht gemeldete, aber harmlose Cousin, der von der Polizei willkürlich (aber leider mit Rechtsgrundlage) verhört wird. Hin und wieder wurden aber bemerkenswert schöne Szenen geschaffen: die eingebettete Liebesgeschichte zwischen Yasmin und ihrem Kollegen zum Beispiel wirkt absolut ungekünstelt und real. Man kann nachvollziehen, wie weh auch ein gut gemeintes, aber achtlos eingeworfenes Wort tun kann. Optisch wirkt der Film sehr trist, es ist ein trostloses, graues England, das präsentiert wird. Leider überträgt sich dieser depressive Eindruck etwas auf den Zuschauer, den ein äußert schlecht gefilmter Beinahe-Unfall mit Wackelkamera noch etwas verstärkt. "Yasmin" ist zweifellos ein ambitioniertes Projekt und hat sich ein "Prädikat wertvoll" redlich verdient. Ins Kino werden für diesen Film vermutlich dennoch nur eingefleischte Cineasten gehen. Die Wahrscheinlichkeit, "Yasmin" eines Tages bei einem Sender wie arte wieder zu begegnen, dürfte aber sehr hoch sein. Und wer die Chance dann nicht nutzt, bringt sich wirklich um ein anregendes, nachdenklich stimmendes Filmereignis. Gesehen von Johannes Prokop
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