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Quellen des Lebens
Regie: Oskar Roehler Filmstart: 14. Februar 2013 Robert Freytag, der fiktive Erzähler, der den Zuschauer durch Oskar Roehlers dreistündiges Familienepos leitet, berichtet in "Quellen des Lebens" von Schicksalen aus drei Generationen seiner Familie. Angefangen bei der Lebensgeschichte seines Großvaters Erich Freytag, über den Werdegang seines Vaters Klaus Freytag, bis hin zu seiner eigenen Lebensgeschichte entfaltet sich somit eine gleichermaßen amüsante, wie auch berührende Familienchronik über die verschiedenen Epochen der deutschen Geschichte hinweg. Erich Freytag (Jürgen Vogel) kehrt 1949 als gebrochener Mann aus dem Krieg zu seiner Familie in der fränkischen Provinz zurück. Doch seine Erwartungen, mit offenen Armen von seiner Frau und den gemeinsamen drei Söhnen empfangen zu werden, werden bitter enttäuscht - niemand hatte mehr mit seiner Rückkehr gerechnet und in seiner Abwesenheit gründete seine Frau eine neue Lebensgemeinschaft mit seiner Schwester. Doch trotz der missglückten Heimkehr schafft es Erich, zusammen mit seinem ältesten Sohn Klaus (zunächst gespielt von Kostja Ullman, später von Moritz Bleibtreu), durch den Aufbau einer Gartenzwerg-Fabrik Teil des deutschen Wirtschaftswunders zu werden. Nach und nach rückt der Fokus der Erzählung nun auf Klaus Freytag, der in der Blüte seines Lebens Gisela Ellers (Lavinia Wilson), die Frau seiner Träume, kennen lernt. Doch das junge Glück währt nur kurz, denn Gisela überflügelt ihren Mann mit ihrem literarischen Talent und Erfolg, während dem jungen Klaus sein lang gehegter Traum vom Schriftsteller-Dasein verwehrt bleibt. Aus dieser unglücklichen und chaotischen Beziehung heraus entsteht der kleine Robert Freytag (zunächst gespielt von Ilyes Moutaoukkil, später von Leonard Scheicher), der die ganze Geschichte aus seiner Sicht erzählt. Bis in seine wilde Jugendzeit in den 70er Jahren begleitet ihn der Zuschauer auf seinem Weg ins Erwachsenenleben und wird dabei Zeuge von zerworfenen Familienbanden, erlebt traurige, aber auch lustige Momente - eben genau wie im wirklichen Leben. Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass es sich bei "Quellen des Lebens" um eine langatmige Familienchronik mit viel zu viel Überlänge handelt - aber man wird sehr positiv überrascht! Trotz der beachtlichen Dauer von ca. 3 Stunden bleibt Oskar Roehlers Film durchgehend spannend und interessant, zudem trifft er eine perfekte Mischung aus Dramatik, Komik und Dokumentation, wodurch es ihm gelingt, das Interesse der Zuschauer von Anfang bis Ende aufrecht zu erhalten. Auch die Besetzung der verschiedenen Charaktere überzeugt und die Figuren selbst sind beeindruckend detailreich und authentisch gezeichnet. Besonders gut aufbereitet ist zudem die individuelle Entwicklung jeder der drei Hauptfiguren über die Jahre hinweg, wodurch sich die Sympathien des Zuschauers für die einzelnen Figuren immer wieder verschieben. Einen wichtigen Beitrag zu der Glaubhaftigkeit der Geschichte leistet vor allem auch die hervorragende Arbeit der beteiligten Maskenbildner, die die natürliche Alterung der Figuren sehr glaubhaft umsetzen. Fazit: Selten wurden die Lebensgeschichten dreier Generationen so authentisch und mitreißend erzählt, wie in "Quellen des Lebens". Zudem schickt Regisseur Oskar Roehler die Zuschauer auf eine spannende Zeitreise durch die Jahrzehnte und verbindet gekonnt komische Elemente mit melancholischen Einschlägen. Eine sehr sehenswerte Familiengeschichte!
gesehen von Tabea Reimitz |
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