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One day in EuropeFilmstart: 7. April 2005
"One day in Europe", entstanden in Zusammenarbeit mit ARTE und ZDF/Das kleine Fernsehspiel, ist einer von den Filmen, die man sich durchaus begeistert anschaut und bei denen man gleich nach Schluss trotzdem irgendwie enttäuscht ist. Viermal Gepäckdiebstahl, die irgendwo in Europa stattfinden, und das während des Championsleague- Endspiels Galatasaray Istanbul gegen Deportivo La Coruna in Moskau. Das ist die thematische Vorgabe, die sich Hannes Stöhr gibt, um seine Geschichten rund um das Thema Europa zu erzählen. Und so entwickelt er vier Szenarien für Moskau, Istanbul, Santiago de Compostela und Berlin. Das Ergebnis ist eine Art "Lola rennt" für Europäer, da das gleiche Grundthema - Ausländer kommt nach Diebstahl in Kontakt mit der einheimischen Staatsgewalt - multikulturell variiert wird. In der ersten Geschichte freundet sich die ausgeraubte englische Geschäftsfrau Kate in Moskau mit der Rentnerin Elena an. Weiter geht die filmische Europareise nach Istanbul, wo Rokko, ein deutscher Rucksacktourist, mit einem vorgetäuschten Gepäckdiebstahl seine Urlaubsfinanzierung sicherstellen will. Als wenig hilfreich erweist sich hier ein schwäbelnder Taxifahrer- zumal die örtlichen Beamten Zweifel am Tathergang haben. Anschließend wird dem polnischen Pilgerer Gabor am Ziel seiner Reise die Digitalkamera mit allen Fotos, die er während seines langen Weges geschossen hat, gestohlen. Da der Platz videoüberwacht ist, lässt sich der Polizist Zeit mit den Ermittlungen, und man fühlt sich wieder einmal bestärkt, dass man der Technik nicht trauen kann. Der Film endet in Berlin: das abgebrannte französische Clownspaar Claude und Rachida versuchen sich ebenfalls an einem Versicherungsbetrug. Doch ist es in der deutschen Hauptstadt gar nicht so einfach, einen Platz zu finden, an dem man glaubwürdig überfallen wird... Zugegeben, einige nette Einfälle hat Hannes Stöhr in diesen Film
eingearbeitet. Die sprachlichen Missverständnisse etwa sind urkomisch,
und dass man andere auch ohne Sprache verstehen kann, wird ebenso
glaubwürdig gezeigt. Sehr schön ist außerdem die Idee, vor jeder
Episode einen ruhigen Blick über die jeweilige Stadt streifen zu lassen.
Da die Handlung der vier Geschichten jedoch nichts miteinander zu tun
haben, bleiben letztlich doch nur aneinandergereihte Kurzfilme, bei denen
die inhaltlichen Parallelen eher stören. So lassen sich die Polizisten in
jedem Land nicht aus der Ruhe bringen, außer vielleicht in Deutschland,
wo der Papierkram - Achtung Paragrafendschungel - noch im Polizeibus
erledigt wird. Etwas klischeehaft wirken auch die Charaktere. Die Russin
ist Rentnerin, der Pilger kommt selbstverständlich aus dem naiv
gläubigen Osteuropa und die Franzosen sind Clowns und Lebenskünstler. So
gewollt die Momentaufnahmen der Geschichten sind, ist es doch schade,
nahezu überhaupt nichts über den Hintergrund der Figuren zu erfahren.
Die Protagonisten bleiben einem fremd und wirken unwichtig- sobald zum
Beispiel die Moskauepisode vorbei ist, hat man Kate auch schon wieder
vergessen. Die Thematik des Diebstahls allein schafft es zudem nicht, die
einzelnen Geschichten zu einem homogenen Ganzen zu fügen. Auch über die
dramaturgische Funktion des Fußballspiels, das sich wie ein roter Faden
durch den Film zieht, lässt sich streiten. In Istanbul dürfen die Fans
mal kurz durchs Bild laufen und die Gefängniszelle bevölkern, in
Santiago schauen die Beamten das Spiel im Fernsehen an- eher ein Running
Gag als eine notwendige Komponente. Man wünscht sich, der erhebliche
organisatorische Aufwand, den die Crew mit dem Dreh in vier Ländern
gehabt hat, hätte sich mehr gelohnt. So kam nicht mehr heraus als schön
gefilmte Bilder mit einer Handlung, die letztlich trivial wirkt. Gesehen von Johannes Prokop |
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