Filmschule | Aktuell | Community | Seminare | ||||||
|
< zurück zu den aktuellen Filmkritiken
Ondine - das Mädchen aus dem MeerKinostart: 21. Oktober 2010
"Es war einmal ein Fischer, der in seinen Netzen ein lebloses Mädchen fand…" An der rauen Küste von Cork begegnet Syracuse (Colin Farrell) bei seinem Fang die geheimnisvolle Fremde Ondine (Alicja Bachleda-Curus), die von anderen unbemerkt bleiben will und sich von nun an im idyllischen Haus an einer Bucht versteckt hält. Als Syracuses kleine Tochter Annie von den Ereignissen erfährt, geht sie dem Rätsel um Ondine auf den Grund und sieht in ihr alte irische Legenden über magische Meereskreaturen zum Leben erwachen. Laut dieser verbirgt sich hinter Ondine eine Selkie, ein Robbenwesen, das seinen Pelz abgestreift und an Land zu leben begonnen hat. So vermag Ondine durch ihren Gesang Meerestiere in Syracuses Netze zu locken und bald schon verschwimmen Wirklichkeit und Märchen zu einer kitschigen Geschichte über eine geheime Liebe, über Ängste und die Flucht aus dem düsteren Leben, über Traum und Realität. Als Ondine von den Dorfbewohnern entdeckt wird, kommen Gerüchte auf. Wenig später treibt sich ein Fremder herum, der Fragen stellt und sie schließlich aufspürt. Verdrängte Tatsachen um Ondines wahres Ich kommen ans Licht und schnell zerrinnt das schöne Märchen, doch am Ende wendet sich klischeegetreu alles zum Guten und wenn sie nicht gestorben sind, leben der neu aufgeblühte Fischersmann und seine betörende Traumfrau noch heute.
Es war einmal eine schöne Idee, die holprig und unpointiert erzählt in einem Wirrwarr aus Pseudotragik und allzu bemühter Tiefsinnigkeit mündete. Das Potenzial für echte Romantik, das der Plot zweifelsohne böte, bleibt verschenkt und die Beziehung zwischen Syracuse und seiner Robbenfrau ausgesprochen oberflächlich. Dies könnte unter anderem an der Fehlbesetzung der Ondine durch Bachleda-Curus liegen, die zwar sehr schöne (und engagiert in Szene gesetzte) Beine hat, aber viel mehr auch nicht und das hilflose "Mädchen aus dem Meer" schwach gespielt als stark wirkende Frau erscheinen lässt. Und auch wenn Colin Farrell eher überzeugt, kauft man Syracuse den von Schicksalsschlägen gezeichneten, bemitleidenswerten Ex-Alkoholiker nicht ganz ab. Genauso verhält es sich mit der unterschwelligen Bedrohung, die Ondines friedliches Dasein überschattet und den Zuschauer selbst dann wenig erschüttert, als der böse, böse Fremde auftaucht und die Gefahr sich zuspitzt. All die Unklarheiten um Ondine verwirren eher, als dass sie Spannung suggerieren und das irgendwie willkürlich eingesetzte, liebliche Gitarren- Gedudel hilft da auch nicht gerade weiter. Schade auch, dass der Film sich selten Zeit nimmt an den richtigen Stellen innezuhalten, sondern eilig durch eine Flut von dramatischen Momenten stolpert. Somit bleibt die bezweckte Magie der mysteriösen Zusammenhänge weitgehend unausgeschöpft. Schön hingegen die Landschaft der tristen Küsten, die eine wundervoll berauschende Stimmung herbeiführen, unterstützt noch durch die gelungen Bilder von Kamera-Poet Christopher Doyle ("In the Mood for Love", "2046"). Auch sehr nett: Schauspielneuling Alison Barry als kecke, kleine Annie.
Regisseur, Produzent und Autor Neil Jordan ist mit "Ondine" eine keineswegs schlechte Story gelungen, deren überhastete Umsetzung der Kraft des Drehbuchs bedauerlicherweise nicht gerecht wird. Das Mädchen aus dem Meer darf also gerne auf den tiefen Grund zurückkehren und dort weiter lasziv vor sich hin plantschen.
Gesehen von Celina Schmidt
|
|