Filmschule | Aktuell | Community | Seminare | ||||||
|
Der Junge im gestreiften Pyjama
|
Daten |
---|
94 Min. USA/ Großbritannien 2008 Regie: Mark Herman, Drehbuch: Mark Herman, Musik: James Horner, Kamera: Benoit Delhomme, Schnitt: Michael Ellis, Kostüm: Nathalie Ward, Darsteller: Asa Butterfield, Jack Scanlon, Amber Beattie, David Thewlis, Vera Farmiga, Richard Johnson, Rupert Friend |
Ein Offizier muss dorthin gehen, wohin sein Vaterland ihn schickt. Dies lernt der achtjährige Bruno als er mit seiner Mutter und seiner großen Schwester seinem Vater, der als Nazioffizier in eine trostlose Gegend versetzt wird, folgen muss und alle seine Freunde hinter sich lässt.
Durch das Fenster in seinem Zimmer in dem neuen, tristen, einsamen Haus
sieht Bruno eine Gruppe von Menschen die er für Bauern auf einem
Bauernhof hält. Doch etwas erscheint ihm merkwürdig: die Bewohner tragen
immer gestreifte Pyjamas.
Bruno fühlt sich in seinem neuen Zuhause einsam und langweilt sich. Also
setzt er sich über das Verbot seiner Mutter hinweg, nicht in den Garten
hinter das Haus zu gehen und macht sich auf den Weg zu dem vermeintlichen
Bauernhof. Dort, hinter einem Zaun entdeckt er einen gleichaltrigen Jungen
mit dem für Bruno komisch klingenden Namen Shmuel. Die beiden Jungen
freunden sich an.
Auch als Bruno erfährt, dass Shmuel ein Jude ist und die beiden Jungs
nicht befreundet sein dürfen, geht er immer wieder zu dem
"Bauernhof" um mit seinem Freund zu reden und zu spielen.
Derweil ergeben viele Geschehnisse in dem neuen Zuhause Rätsel für Bruno
auf. Warum stinkt der Rauch der von dem Bauernhof kommt so? Warum verbannt
seine Schwester ihre Puppen? Wieso ist Pavel, die jüdische Küchenhilfe,
plötzlich verschwunden? Auch Brunos Mutter erfährt erst durch einen
bissigen Spruch von Leutnant Kotler, was tatsächlich in dem vermeintlichen
"Arbeitslager" passiert. Die Familie zerbricht
immer mehr.
Als Shmuels Vater verschwindet beschließt Bruno, der Forscher werden
möchte, seinem Freund bei der Suche nach seinem Vater zu helfen. Dieser
Entschluss hat jedoch tragische Folgen.
Die Diskriminierung der Juden aus der Sicht eines "arischen"
Jungen der nicht von der Naziideologie eingenommen ist und an die
Umstände mit einer starken Naivität herangeht, zeigt noch einmal ganz
deutlich wie willkürlich und absurd die "Gesetze" damals
entstanden sind. Bruno macht sich Gedanken zu dem was er sieht und er kann
die Ungleichheiten nicht verstehen.
Bruno ist genauso wie sein neuer Freund Shmuel unschuldig. Ihre Neugierde
führt sie zueinander. Das Einzige was Shmuel im Gegensatz zu Bruno
verbrochen hat ist, dass er Jude ist.
"Der Junge im gestreiften Pyjama" ist sehr sensibel und fern von
Klischees inszeniert. Es ist gerade die Menschlichkeit, die allen
Charakteren, so schreckliche Dinge sie auch tun, innewohnt, die einen bei
diesem Film verstört.
Die Geschichte wird durch eine Familie und zwei Jungen im Deutschland der
40er Jahre erzählt. Schon in diesem Mikrokosmos zeigen sich
unterschiedliche Perspektiven: Brunos Oma ist gegen den Faschismus, der
Opa steht hinter der Ideologie, der Vater führt die Gesetze aus, die
Mutter benimmt sich so wie es von ihr als Frau zu jener Zeit verlangt
wird, macht jedoch, nachdem sie von dem wahren Umfang der
Arbeit ihres Mannes erfährt, ihre Ansichten klar und versucht ihren Mann
von dem Unrecht zu überzeugen. Brunos Schwester verbannt ihre Puppen in
den Keller und behängt sich ihr Zimmer voll mit Postern der Hitlerjugend
und schwärmt für den jungen Leutnant Kotler der seinerseits einerseits
eine Grausamkeit ausstrahlt und andererseits den Verrat seines eigenen
Vaters nicht meldete und sich somit strafbar machte. Dann gibt es den
Juden Pavel, der bei Brunos Familie als Küchenhilfe arbeitet und bei dem
sich herausstellt, dass er früher Arzt war.
"Der Junge mit dem gestreiften Pyjama" hinterlässt tiefe Spuren
und lässt eine existentielle Traurigkeit zurück. Er weißt noch einmal darauf hin,
dass wir nicht vergessen dürfen, was damals geschah und dass wir nie
wieder zulassen dürfen, dass so etwas wie der Holocaust noch einmal
geschieht. Die Freundschaft der unschuldigen Kinder, die nicht wissen, was
vor sich geht und sich trotz Verboten für eine Freundschaft entschließen
zeigt, dass es möglich ist kulturelle und ethnische Unterschiede zu
überwinden.
Gesehen von Mareike Dobewall
|