Herbert, Albert und Karlmann vor Herberts Tätowierladen.
Daten
OT: Flammend
Herz
90 min. Dokumentation, Deutschland 2004
Regie/Buch: Oliver Ruts, Andrea Schuler, mit
Herbert Hoffmann, Albert Cornelissen, Karlmann Richter
Als ich den Kinosaal betrat, hatte ich keine Ahnung, wovon der Film
handelt, aber der Titel klang interessant und ich wollte mich überraschen
lassen - was dann auch der Fall war.
Flammend Herz ist eine Dokumentation über drei liebenswürdige,
vielleicht ein wenig schrullige Herren - Albert, Karlmann und Herbert -
gediegenen Alters (um die 90), über ihr Leben und ihre Beziehung
untereinander.
Eigentlich könnte man sagen, dass sie ganz normal sind, wie Rentner nun
so sind: einer liest die Bildzeitung, der andere isst Tabak anstatt ihn zu
rauen und ein wenig vergesslich sind sie alle drei. Wäre da nicht ihr
größtes Hobby - Tätowieren. Getreu dem Spruch "Ich bin so wie ich
bin, und werd auch immer so bleiben - ein Tätowierter" ist ihr
Körper voll von kleine Bildern und damit verbundenen Geschichten. Jedes
Stück ist eine Erinnerung, wie etwa an die Gefangenschaft nach dem Krieg
oder an eine Frau: "Ich liebe Frauen, Ich bin voll von Frauen, hier
eine, hier noch eine, ist das hier eine Frau?"
Der Film erzählt auch von ihrem Kampf am Anfang ihrer Leidenschaft, da
Tätowierungen damals noch nicht akzeptiert waren wie heute, und von 1960,
als Herbert einen der ersten Tätowierläden Deutschlands in Hamburg
eröffnete, durch den die drei zusammen fanden.
Seit vielen Jahren teilen sie so nicht nur eine Leidenschaft, sondern
auch ihr Leben, sicherlich auch mit kleineren und größeren
Streitigkeiten, aber das gehört nun einmal dazu.
Zwei von ihnen tätowieren auch selbst, einer heute noch. So werden jedes
Jahr neue teilweise absonderliche Wünsche in die Haut gepiekst. Einmal
hatte ein Mann ein Foto mitgebracht, von seinem Neffen, wie er zum
Schweizer Meister im Ski-Abfahrtslauf wurde. Dieser Moment ist heute auf
seiner Haut verewigt. Oder Frauen kommen mit Ihren Männern in das Studio,
damit endlich der Vorname von der Exfreundin auf dem Oberarm unter einem
anderen Tattoo verschwindet, möge es kosten, was es wolle.
In dem Film zeigen die drei Herren sich ohne scheu. Ständig sieht man
sie in Unterhosen und kann ihre zahlreichen Tattoos bewundern. Teilweise
erkennt man nur leider nicht mehr viel - zu alt sind die Tattoos, zu
zahlreich, und manchmal sieht es einfach aus wie Krepppapier, über dem
Tinte ausgelaufen ist.
Auch wenn die Kamera ab und zu etwas ruckelt, sind vor allem bei den
Aufnahmen der "Körperkunstwerke" wunderschöne Bilder
entstanden.
Der Film lief in der Reihe Perspektive Deutsche Kino auf der Berlinale
2004 und ich muss sagen mit solchen Filmen sieht die Perspektive für
deutsche Dokumentationen im Kino doch rosig aus.
Hätte ich gewusst worum es geht, wäre ich wahrscheinlich nicht gegangen.
Gut, dass es nicht so war.