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Exposé

Tasten einer Schreibmaschine

Vielen fällt es schwer, die Kerninformationen eines ganzen Filmes auf wenige Seiten zu komprimieren

 

Bevor eine Förderung, eine Fernsehredaktion oder ein Produzent möglicherweise Geld in die Entwicklung eines Drehbuchs investiert, ist es notwendig, ein Exposé abzuliefern, welches in wenigen Sätzen die Idee, das Besondere einer Geschichte erfasst und die Grundbausteine und Figuren möglichst interessant beschreibt. Förderungen verlangen übrigens über das Exposé hinaus meist eine ausgearbeitete Szene als Arbeitsprobe.

Solch ein Exposé kann 1-4 Seiten lang sein, und sollte ohne Anstrengung zu lesen sein. Die Entscheider wollen nicht viel Zeit investieren, sie bekommen täglich eine größere Menge Exposés auf den Schreibtisch.

 

Der Vorteil des Exposés

Man muss nicht zuviel Arbeit in das Projekt investieren, um einschätzen zu können, ob die Idee auf Interesse trifft. Der Nachteil: Man muss seine groben Handlungsbögen sehr früh festlegen. Es ist merkwürdig, manchen Autoren fällt es ganz leicht, einen lockeren Entwurf ihrer noch zu schreibenden Geschichte auf ein paar Seiten niederzuschreiben, und andere tun sich unendlich schwer damit, weil ihre Geschichte mit dem Entstehen des Drehbuchs erst entsteht. Diese Unterschiede sagen nichts über die Qualität eines späteren Drehbuchs, sie sind nur Resultat unterschiedlicher Arbeitsweisen am Drehbuch. Manche Autoren entwerfen erst das Ende ihres Buches, um sich dann mit den Fäden und Bögen der vorangegangenen Szenen zu beschäftigen.

Was gehört nun unbedingt in so ein Exposé hinein? Nun, prinzipiell ist es eine Art Inhaltsangabe, bereichert mit einigen filmspezifischen Eigenheiten. Naja, und interessant sollte sich die Geschichte auch anhören. Wenn man beim Schreiben die folgenden Fragen beantworten kann, sollte nicht mehr all zu viel schief gehen.

 

  • Wann und wo spielt die Handlung?
  • Wer sind die wichtigsten Charaktere?
  • Welches ist die Erzählposition (Perspektive, Point of View)?
  • Worin besteht der Konflikt zwischen den Charakteren?
  • Welche Entwicklung nimmt die Geschichte?
  • Worin besteht der Höhepunkt und wie endet der Film?

 

Die Fragen sollen natürlich nicht mechanisch in der vorgegebenen Reihenfolge abgearbeitet werden, sondern sich beim Lesen aus dem Exposé beantworten lassen.

 

Exposé im Auftrag

Wird ein Exposé im Auftrag geschrieben, so liegen die Honorare dafür zwischen 0 und ca. 2000 Euro, je nach Bekanntheitsgrad und Professionalität der Vertragspartner. Wird es nicht in Auftrag sondern in eigenem Risko geschrieben, sollte man es nicht blind durch die Medienwelt verschicken. Da ja die Elemente der Geschichte nur grob skizziert sind und durch minimale Änderungen bereits eine etwas andere Richtung erhalten können, ist nie auszuschließen, dass jemand einfach die Ideen stielt und umschreibt. Es gibt keinen wirklichen Schutz davor, erst ein veritables Drehbuch erlaubt präzisere Festlegungen und (vorausgesetzt man hat es geschützt) den Nachweis möglicher Urheberrechtsverletzungen.

 

Beispiel für ein Exposé

 

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Exposé zu einem abendfüllenden Spielfilm

 

Eine Handvoll Menschen in einer Großstadt von Heute. Unerwartet bekommen sie Besuch vom Schicksal. Sie sind wie verirrte Sterne am Nachthimmel. Sie wissen nichts voneinander, dennoch sind sie miteinander verbunden.
 

Einige Flüchtlinge des Bürgerkriegs im fernen Mittelasien, klettern im Morgennebel am Stadtrand aus einem verunglückten LKW. Mit ihnen klettert noch jemand aus dem Fahrzeug: Der Tod, in Gestalt eines verführerischen, charmanten älteren Herren, namens Meghal. Seinen ersten Job, den Fahrer des LKW aus dem Leben zu reißen, hat er soeben erfolgreich ausgeführt. Er hat eine ungeheure, Entfernungen und Grenzen überwindende, Wahrnehmung für das Sichtbare und das Verborgene, doch vor Irrtum ist er nicht gefeit.

Sein nächster Job ist, Ratze, einen vom Leben enttäuschten jungen Obdachlosen mit Hilfe der Melodie seiner Spieluhr, in den Tod zu locken. Durch eine Verwechslung heftet Meghal sich jedoch einem ganz anderen, keineswegs Lebensmüden an die Fersen: Lucas. Der arbeitet als Lichtgestalter und probiert, fasziniert vom Licht und dessen Anziehungskraft, immer neue Installationen aus.

Anna, seine ca. 30jährige neue Nachbarin ist Verkäuferin. Der jüngste Umzug ist nicht ihr erster in der letzten Zeit. Nach jeder Krise wechselt sie Arbeitsstelle oder Wohnung. Ihre erste Begegnung ist eher zufällig. Lucas soll Anna ein Geschenk ihrer Mutter überbringen und gerät dabei unverhofft in die Rolle des neuen Liebhabers. Mit dieser Behauptung nämlich gelingt es Anna, den Nachstellungen ihres letzten Freundes zu entkommen.

Lucas entgeht mehrfach nur knapp dem für ihn unsichtbaren Todesdrängen Meghals. Er bemüht sich um Anna und versucht, ihre Gefühle zu verstehen, doch ihre Bindungsangst drückt sich in abrupten Stimmungswechseln aus. Die Erinnerung an das plötzliche Verschwinden ihres Vaters vor vielen Jahren sitzt zu tief. Zwischen den Beiden beginnt eine zärtliche, wilde und unerbittliche Liebe mit ungewissem Ausgang.

Eines Abends wartet Annas Mutter, eine Trinkerin, vor der Tür der Tochter, weil sie ihre Schlüssel verloren hat. Eine Treppe tiefer versucht Meghal gerade wieder, das vermeintliche Ziel seines Auftrages, Lucas, mit Hilfe seiner Spieluhr zum Sterben zu bewegen.

Doch als sie nach langem Warten zuletzt geht, stürzt sie auf den Stufen im Dunkeln über Meghal. Es ist ihr furchtbar unangenehm, und sie möchte es wieder gut machen. So nimmt sie ihn kurz entschlossen mit in ihre Stammkneipe, wo sie ihre Kumpel Wolle und Ratze treffen, vom Leben Geschlagene, denen der Tod gerade soviel wert ist wie das Leben. Meghal erkennt Ratze nicht. Obwohl er kein Wort spricht, erweckt er ihr Vertrauen.

So leert Meghal viele Gläser, versinkt zunehmend in die dumpfe Trinkfreundschaft. Schließlich kommt ihm Annas Mutter, auf ihrer Suche nach Sinn und Zuwendung, näher und näher. Meghal vergißt immer mehr seine schicksalhaften Aufträge...

Für ihre Freundin Mona tut sie alles und schreckt auch nicht davor zurück, in fremde Wohnungen einzubrechen. Er begibt sich auf eine lange Suche nach ihr in der Großstadt. Nach einem unerwarteten Streit mit Wolle, bei dem beinahe Meghals Identität aufgeflogen wäre, wird Meghal aus der Trinkerclique ausgestoßen. Hilflos irrt er durch die Straßen der Stadt, bis sein Verstand langsam wieder die klaren Ziele seines Auftrages erfaßt.

Erst als er den ahnungslosen Lucas auf einem U-Bahnhof umzubringen sucht, klärt sich die Verwechslung auf, und Meghal erkennt in Ratze den jungen Mann vom Anfangsbild. Voll kindlichem Vertrauen folgt Ratze ihm. Lucas wirkt einsam. Selbst auf seiner Party kann er mit seinen Freunden nur wenig anfangen. Nur mit Umut, seinem Arbeitskollegen, tauscht er sich regelmäßig aus. Ihre sehr verschiedenen Charaktere zeigen auch ihre gegensätzliche Einstellung zu Frauen. Während Umut immer neue Affären hat, wagt sich Lucas nur langsam an jemanden heran. Dass Anna so wechselhaft ist, macht es nicht einfacher.

Irgendwann hört Anna damit auf, Lucas ständig von sich zu stoßen und gewinnt langsam Vertrauen. Für Meghal gibt es nichts mehr zu tun und er verschwindet, wie er gekommen ist, über einen holprigen Acker im Nebel

 

(Copyright: Mathias Allary)

 

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