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Vincent
will Meer Kinostart: 22. April 2010
Der 27jährige Vincent (Florian David Fitz), dessen Mutter und
einzige Bezugsperson gerade gestorben ist, findet sich abgeschoben von
seinem Vater (Heino Ferch), ein Lokalpolitiker im Wahlkampf, in einer
psychiatrischen Klinik wieder. Ziel des Aufenthalts ist, dass ihm
beigebracht wird wie er trotz seines Tourette-Syndroms, welches ihn dazu
zwingt unkontrolliert motorischen und auch vokalen Ticks, wie zum
Beispiel Zuckungen des Kopfes oder der Schulter aber auch dem Ausrufen
von Schimpfwörtern, nachgeben zu müssen, ein möglichst normales Leben
führen kann. Sein Zimmergenosse Alexander (Johannes Allmayer), der an
einer Zwangsneurose leidet, behandelt Vincent wie einen Eindringling
wohingegen die magersüchtige Marie (Karoline Herfurth) seine Nähe
sucht. Kurze Zeit später findet sich Vincent in einem geklauten Auto,
dass eigentlich seiner behandelnden Ärztin Frau Dr. Rose (Katharina Müller-Elmau)
gehört, wieder, zusammen mit Marie, die die Schlüssel geklaut hat,
Zimmergenosse Alex, den sie kurzerhand zum Mitkommen zwingen, da er
droht die beiden zu verraten und einer kleinen Bonbondose, in welcher
sich die Asche seiner Mutter befindet. Das Ziel ist für Vincent klar.
Er will den letzten Wunsch seiner Mutter erfüllen und ihre Asche in dem
italienischen Ort San Vincente, in welchem seine Eltern in glücklichen
Tagen ihre Hochzeitsreise verlebten, ins Meer streuen. Natürlich bleibt
die Flucht der drei von Frau Dr. Rose nicht unbemerkt und als sich
aufgrund des gestohlenen Wagens auch noch die Polizei einschaltet steht
auch Vincents Vater, der durch den Vorfall um seinen Sieg beim Wahlkampf
bangt, auf der Matte. So beschließen die zwei den Ausreißern
hinterherzufahren, Frau Rose um die Sicherheit ihrer Patienten zu wahren
und Vincents Vater, um seinen Wahlkampf zu sichern. Es gelingt den
zweien tatsächlich die drei aufzuspüren. Vincent gibt seinem Vater,
der ihm schon zuvor deutlich gesagt hatte wie unfähig er sei, denn er
schaffe es ja nicht einmal allein bis zum Bäcker, nach und steigt in
dessen Auto. Doch plötzlich wird Vincent klar, dass er handeln muss, um
nicht zu dem Bild zu werden, dass sein Vater von ihm hat und so trickst
er mit Hilfe von Marie und Alexander seine Verfolger aus. So befinden
sich die drei wieder im Auto, im Gepäck ihre Krankheiten, auf ihren
Fersen Frau Dr. Rose und Vincents Vater und im Blick ein Abenteuer. Der Film erzählt auf einfühlsame Weise wie Vincent auf der Reise mit seinen neugewonnenen Freunden nicht nur seinem örtlichen Ziel, sondern auch dem Ziel eines jeden, nämlich sich selbst zu finden und ein eigenständiger Mensch, der eigene Entscheidungen trifft, zu werden, näher. So ist Vincents Antrieb nicht nur die Erfüllung des letzten Wunsches seiner Mutter, sondern auch sich selbst sowie seinem Vater zu beweisen, dass er auf eigenen Beinen stehen kann. Trotz der Tatsache, dass sich der Film aufgrund der Krankheiten mit ernsten Themen beschäftigt, schafft er es komische und lustige Passagen zu erhalten ohne die Leiden der Figuren dabei als lächerlich oder Mittel zur Belustigung erscheinen zu lassen. Darüber hinaus schafft es der Film dem Zuschauer ein Gefühl für seine Charaktere und die herrschenden Situationen zu geben. Dabei spielt auch das herrschende Wetter eine große Rolle, welches öfters als Spiegel der unterschwelligen oder auch eindeutigen Emotionen sowie anstelle von Worten eingesetzt wird. Auch im allgemein handelt es sich um keinen Film in dem jedes Gefühl totanalysiert wird, sondern man auch so versteht. Der Film glänzt auch nicht zuletzt durch seine Darsteller. Dabei verdankt man Florian David Fitz ein Tourette-Syndrom, das zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt wirkt, sondern auf charmante Weise so natürlich gezeigt wird, dass man Vincents Handicap im Laufe des Films gar nicht mehr wahrnimmt, sondern sich völlig daran gewöhnt hat. Johannes Allmayer macht als Zwangsneurotiker Alexander eine glänzende Figur, auf dessen Konto viele Schmunzler des Zuschauers gehen. Auch Karoline Herfurth überzeugt als Magersüchtige Marie mit ihren schauspielerischen Fähigkeiten. Schöne Szenen ergeben sich auch im Spiel zwischen Heino Ferch (Vincents Vater) und Katharina Müller-Elmau (Frau Dr. Rose) sowie zwischen Florian David Fitz und Heino Ferch in der Darstellung des Vater-Sohn-Konfliktes zwischen Vincent und seinem Vater. “Vincent will Meer“ ist somit ein gelungener Film, der es auf sensible und behutsame Weise und mit einer stimmigen Menge Humor verfeinert, schafft an sich heikle Themen in eine unterhaltsame Geschichte zu verpacken ohne dabei überzeichnet oder aufgesetzt zu wirken.
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