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Die andere Seite des Lebens
„Die andere Seite des Lebens - zwei Brüder aus den Township“ von Stefanie Brockhaus & Andy Wolff (Deutschland, Südafrika 2009)
Zwei Brüder der gleichen Mutter aber unterschiedlicher Väter, Bongani und Lucky aus einem Township nahe Kapstadt, sind in U Haft weil sie einen Menschen getötet haben. Szenen im Gefängnis, die eine große Nähe des Filmteams belegen. Szenen in denen man diese jungen Gesichter beobachten, ihre Trauer über die Eingeschlossenheit und ihre Ahnung dass Mord wohl ein Vergehen ist, „das auch Gott nicht so gut findet“. Die Großmutter, eine ungemein in sich ruhende, starke Frau, hat ihre Rente eingesetzt um die Kaution für die beiden zu hinterlegen, sie kommen auf Kaution frei. Vorübergehend, bis zur Gerichtsverhandlung. Von nun an verfolgt der Film die Frage, wie das Gerichtsverfahren ausgehen wird und begleitet die beiden bei einem Beschneidungsritual in den Bergen, welches durch seine archaische Kraft zumindest optisch auch eine Art Reinigungscharakter hat. Die beiden Jungs bleiben längere Zeit in den Bergen in einem Zelt bei Wind und Wetter und werden zuletzt von den Ältesten insbesondere ihrem Großvater eingeschworen, nun als Männer keinen Unsinn mehr zu machen und sich Arbeit zu suchen. Zurück in den Slums, den Blechhütten, begreift man sogleich, dass die Wirkung des Rituals äußerst begrenzt bleibt und die Chancen, aus der Gewalt und Trostlosigkeit herauszukommen verschwindend gering sind. Besonders irritierend eine unverhoffte Szene in der einer der beiden Brüder mit einer Pistole herumspielt, sie einem Mädchen an den Kopf setzt und wie im schlechten Krimi ein Schussgeräusch imitiert. Bei aller Nähe, die der Film zu den Protagonisten herstellt, überrascht zugleich die Gleichgültigkeit mit der von ihnen Gewalt als Alltag akzeptiert wird. Beeindruckend, wie mutig sich die beiden Filmemacher als Weiße monatelang ins Township gewagt haben. Zum Teil starke Bilder aus dem Township, dem Gefängnis, aber auch der Berglandschaft sind begleitet von aufwändigem Sound-Design und Foley-Effekten. Das hätte vollauf genügt, die vordergründigen coolen Musikpassagen über Hubschrauberaufnahmen etc. des Townships versehen den Film mit Oberflächenreizen, derer es nicht bedurft hätte. Aus der Einbahnstraße der Beiden, die einem bereits zu Beginn des Filmes klar ist, finden sie auch gegen Ende des Filmes nicht hinaus. Fragen, was sich ändern kann, welche Entwicklung die Beiden machen und ob sie da irgendwie herauskommen, bleiben unbeantwortet. Nach all dem Verständnis, dass die Mörder noch halbe Kinder sind, endet der Film mit den brutalen Polizeifotos des Ermordeten und lassen den Zuschauer etwas ratlos zurück.
Gesehen von Mark Zaschka |
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